Apr 272008
 

23_nisan_27042008.jpg Der Volksentscheid zur Offenhaltung des Flughafens Tempelhof hat sein Ziel verfehlt. Wie erwartet hat sich zwar die Mehrheit derer, die zur Wahl gingen, für den weiteren Flugbetrieb in Tempelhof ausgesprochen. Das Erreichen des Quorums war aber von Anfang an die Messlatte für den Erfolg. Und mit 21,7% Prozent Ja-Stimmen von allen Stimmberechtigten bei nur 36,1% Wahlbeteiligung hat das Votum die von der Landesverfassung geforderte Anzahl von 25% Zustimmung klar verfehlt. Es ist aus vielen Wahlen bekannt, dass die Nichtwähler häufig zuhause bleiben, weil sie mit der Position der üblicherweise bevorzugten Partei nicht übereinstimmen oder aus verschiedenen Gründen nicht mobilisiert werden können. Dies galt etwa für die letzten Landtagswahlen in Hessen.

Es stünde den Initiatoren des Volksentscheides zu Tempelhof nun gut an, ihre Niederlage offen einzugestehen.

Trotz allem staunte ich noch einmal: Der Staatsrechtler Prof. Pestalozza erläuterte in der rbb-Wahlsendung, es hätte diesen Volkentscheid gar nicht geben dürfen, da er nur einen Verwaltungsakt betraf, nicht aber, wie in der Berliner Landesverfassung vorgesehen, eine Sache, in der das Berliner Abgeordnetenhaus zuständig ist. Ein Blick in Art. 62 der Berliner Verfassung zeigt: Der Mann hat recht. Die Verfassung des Landes Berlin legt nämlich fest (Hervorhebung durch dieses Blog):

Artikel 62

(1) Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben, soweit das Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz hat. Sie können darüber hinaus darauf gerichtet werden, im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses zu Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen, sonstige Beschlüsse zu fassen. Sie sind innerhalb einer Wahlperiode zu einem Thema nur einmal zulässig.

Die Schließung war als Verwaltungsakt durch den Senat, nicht durch das Abgeordnetenhaus angeordnet worden. Wir hatten recht, als wir diesen „Volksentscheid“ bereits gestern in Anführungsstriche setzten. Aber dieses „Nachkarteln“ erübrigt sich jetzt. Die Tempelhof-Retter haben ihr Potential im Wahlvolk überschätzt, sie sollten ein Einsehen haben und nun den geordneten Rückzug antreten.

Ihr fragt, wie ich abgestimmt habe? Nun, ich bin grundsätzlich für die Politik der Mitte, für eine Politik, die Mehrheiten sucht und findet, und ich habe so abgestimmt wie 60,5% der abstimmenden Bürger meines Wohnbezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Mit Fug und Recht kann ich also weiterhin behaupten: Ich setze mich für eine Politik der Mitte in unserem Ost-West-Bezirk ein.

Wichtig ist es jetzt, dass Berlin ein neues Kapitel aufschlägt, sich endlich mit den wirklich wichtigen Problemen dieser Stadt auseinandersetzt: Wirtschaft, Finanzen, Bildung, Integration, nachhaltige Entwicklung in Umwelt- und Verkehrspolitik. Hierfür brauchen wir Konzepte. Imageträchtige Symbole wie den Flughafen Tempelhof haben wir genug, und wir sollten sie auch weiterhin pflegen, wie es der Denkmalschutz gebietet.

Deshalb habe ich heute auf dem Internationalen Kinderfest zum 23. Nisan am Brandenburger Tor per Unterschrift meine Unterstützung für den Antrag zum Volksbegehren „Kitakinder + Bildung von Anfang an = Gewinn für Berlin“ bekundet. Anders als bei der heutigen Tempelhof-Meinungsumfrage geht es hier um einen echten Gesetzgebungsvorgang, also im eigentlichen Sinne um einen Volksentscheid. Initiator ist der Landeselternausschuss Berliner Kindertagesstätten (LEAK). Deren Büro ist gleich um die Ecke. Würde gerne mal mit den Leuten plaudern! Unser Foto zeigt ein Bild vom Kinderfest, das heute fast alles bot, was das konsumfreudige Kinderherz wünscht und mit harten Euros zu bezahlen bereit ist. Ich fand aber auch Gelegenheit, mit Unterstützern des Kita-Volksbegehrens zu sprechen und ein paar Anträge mitzunehmen, die ich an andere Berliner weiterreichen werde.

 Posted by at 21:53

  3 Responses to “„Volksentscheid“ gescheitert – Themenwechsel dringend angesagt”

  1. Holger, im nachhinein sieht es so verblüffenderweise so aus, als hätte der Berliner Senat damit seine Position stärken wollen. Als hätte der Regierende Bürgermeister Wowereit beweisen wollen: „Sehr her, gegen mich geht hier gar nichts. Ich kann mir sogar schwere Patzer erlauben und gewinne trotzdem.“ Die Süddeutsche Zietung kommentiert heute auf S. 4: „König von Berlin. Der Ausgang des Bürgerentscheids zum Flughafen Tempelhof ist ein Triumph für Klaus Wowereit.“ Das war’s dann wohl. Das ist Ball paradox, passend zu Berlin!

  2. Achmed, ich verstehe dich. Meinst du, die ICAT hätte das Pferd anders auzäumen sollen?

  3. Ich verstehe den ganzen Rummel um den Volksentscheid nicht. Vorallem frage ich mich wozu er überhaupt veranstaltet wurde, wenn das Ergebnis für den Senat nicht bindend ist.

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