Jul 122008
 

Wolf Biermann will wieder nach Berlin ziehen. Es ist eine gute Nachricht, die die Berliner Zeitung heute auf S. 21 bringt. Warum? Wie kaum ein Zweiter passt Biermann hierher. Er hat immer wieder bewiesen, dass er sich keinen Pfifferling um das schert, was andere ihm weismachen wollen. Er ist einer jener witzigen, unerschrockenen Ost-West-Querköpfe, deren unser Land wenige hat und mehr braucht. In welchen Berliner Bezirk passt er am besten? Hier muss die Antwort glasklar ausfallen. Es gibt nur einen einzigen echten Ost-West-Querschnittsbezirk in Berlin. Es ist Friedrichshain-Kreuzberg.

Leider haben Biermann und seine Frau Pamela ihre Suche auf die nicht so geeigneten Bezirke konzentriert:

„Am liebsten wäre mir ein Haus, bei dem vorne die Elbe und hinten die Spree vorbeifließt.“ Bislang haben die Biermanns in Charlottenburg, Wilmersdorf und Mitte ein solches Haus gesucht. Schmargendorf wäre auch nicht schlecht, findet Frau Biermann.

Aber das ist noch nicht alles. Wir haben in einigen Regionen in Kreuzberg schon jetzt soviele Migranten wie andere große Städte sie erst in 30 oder 40 Jahren haben werden. Der PKW-Bestand je tausend Einwohner liegt schon jetzt weit unter dem Bundesdurchschnitt. Die Weichen für eine sanftere, nachhaltige Mobilität werden also jetzt gestellt. Eine neue bürgerliche Mitte mit vielen Akademikern, vielen Kindern hat sich zu den alteingesessenen Türken und Arabern und den waschechten Urberlinern gesellt. Noch leben diese Gruppen irgendwie nebeneinander her. Aber wir kommen zunehmend miteinander ins Gespräch. Großstadt gelingt gemeinsam. Sie kann Heimat sein. Dafür stehen Künstler wie Biermann. Er hat immer wieder Berliner Symbole besungen, vom preußischen Adler bis zur Berliner Mauer. Er ist in diesem Sinne ein Dichter, der Heimat schafft. Nirgendwo passt er besser hin als nach Friedrichshain-Kreuzberg.

Aber nicht nur die Bezirke, die Berliner Parteien werden sich jetzt natürlich auch die Finger ablecken nach diesem so politisch denkenden Ehrenbürger der Stadt Berlin. So ein Mann zieht natürlich. Leider hat er es sich auf seine bekannt unverblümte Art mit einigen Parteien schon verdorben. Schade, oder: macht nichts. Es gibt ja noch andere. Es lohnt sich, in der heutigen Berliner Zeitung nachzulesen, was er für drahtharfige Töne gegenüber den ehemaligen Parteien der Arbeiterbewegung gefunden hat. 2001 schrieb er zur SPD-PDS-Koalition:

„Aus meiner Sicht ist der eigentliche Skandal dabei: Die bankrotten sozialdemokratischen Apparatschiks halten den Erben der DDR-Nomenklatura den Steigbügel, weil sie selber um jeden Preis Hoppe-Hoppe-Reiter spielen wollen. In welcher irrationalen Not sind also solche Parteierotiker, dass sie bei ihrem perversen Machtspiel sich mit totalitären Verwesern ins Koalitionsbett legen müssen, also mit SED- und MfS-Kadern, die das kaum getrocknete Blut ihrer Opfer noch am Ärmel haben.“

Also, verehrter Wolf Biermann: Ziehen Sie doch bitte nach Friedrichshain-Kreuzberg. Wir haben ein herrlich grünes Bezirksamt, herrlich grüne Häuser am Wasser in Stralau. Ein echtes Paradies uff Erden. Sie können die rot-rote Koalition vergessen. Der Bezirk braucht Sie.

Wohnung gesucht – Berliner Zeitung

 Posted by at 12:50

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