Nov 252008
 

Eine gute Initiative startet in der BZ heute der bekennende Rad- und PKW-Fahrer Gunnar Schupelius. Statt immer nur zu schimpfen und sich zu ärgern, wie das wir anderen tun. Herr Schupelius scheint also den Pfad des „Gerechten Zorns“ sachte sachte zu verlassen – hin zum Pfad des „Freundlichen Handschlags.“ Löblich, so sei es! Er verlangt Rücksicht und Partnerschaft. Dabei wendet er sich gleichermaßen an Autofahrer wie an Radfahrer:

Autofahrer und Radfahrer ärgern sich im Berliner Straßenverkehr, jeder über den anderen, täglich, tausendfach, bis zur Weißglut. Die Situationen, in denen sie sich ärgern, sind meistens unspektakulär und immer die gleichen. Und immer glauben beide Seiten, von der jeweils anderen in ihrem guten Recht verletzt worden zu sein. Dabei könnten wir uns den Stress miteinander ganz einfach sparen: Wenn nämlich beide, Auto- und Radfahrer, jeweils nur drei Regeln des guten Benehmens einhalten würden, dann wäre der ganze Ärger schon längst verflogen.

Noch etwas ist gut: Er verknappt seine Hinweise, fasst einige wenige Einsichten in kurzen Geboten zusammen. Das endlose Debattieren „Wer hat recht?“  bringt uns in der Tat nicht weiter. Selbstverständlich mag man gegen das eine oder andere „Schupelius-Gebot“ Einwände erheben, so etwa gegen seine Aufforderung an Radfahrer, immer möglichst weit rechts zu fahren. Das würde nämlich voraussetzen, dass die Autofahrer genug Abstand halten und einen nicht ständig noch weiter nach rechts abdrängen, bis man am nächsten Bordstein oder PKW landet.

Aber der Grundansatz, dass alle Verkehrsteilnehmer sich mindestens an einige wenige Grundgebote halten sollen, ist schlechterdings nicht von der Hand zu weisen. Damit fährt Schupelius richtig.

Lesen wir die heutige BZ:

Und so sehen die drei Regeln des guten Benehmens für Autofahrer aus:

Regel Nummer eins: Achten Sie beim Rechtsabbiegen frühzeitig und ganz konsequent auf den Radfahrer. Es ist seine Urangst, von einem rechts abbiegenden Fahrzeug verletzt zu werden. Da er nicht in der Mitte der Straße fahren darf, muss er irgendwie rechts an Ihnen vorbeikommen. Machen Sie ihm diese Vorbeifahrt so angenehm wie möglich.

Regel Nummer zwei: Fahren Sie nie zu dicht an einem Radler vorbei. Das macht ihm Angst und löst Stress und Aggressionen aus. Oft passen Auto und Fahrrad nicht aneinander vorbei. Bleiben Sie hinter dem Rad, bis sich eine Überholmöglichkeit bietet, auch wenn das etwas Zeit kostet. Bedrängen Sie den Radler nicht. Denken Sie daran, dass Sie vielleicht 100 oder 200 PS zur Verfügung haben, Radfahrer aber nicht einmal ein halbes. Sie können eben nicht schneller fahren.

Regel Nummer drei: Öffnen Sie die Fahrertür sehr vorsichtig. Der Radfahrer muss zwischen parkenden und fahrenden Autos fahren. Das ist nicht sehr angenehm. Die aufspringende Tür eines geparkten Autos kann für den Radler lebensgefährlich werden, weil er nicht ausweichen kann.

So sehen die drei Regeln des guten Benehmens für Radfahrer aus:

Regel Nummer eins: Fahren Sie nie bei Rot. Dieser schwere Verstoß gegen die Verkehrsregeln ist unter vielen Radlern zur Gewohnheit geworden. Wer bei roter Ampel fährt, stresst und verunsichert die Autofahrer ganz erheblich. Er macht sie außerdem wütend, weil sie Angst haben, einen Radler zu überfahren, und weil sie selber bei Rot halten müssen. Das verlangen sie dann auch von den anderen Verkehrsteilnehmern.

Regel Nummer zwei: Fahren Sie möglichst ganz rechts. Ermöglichen Sie es dem Autofahrer immer, Sie zu überholen. Er hat es eilig und fährt doppelt so schnell wie Sie. Wenn Sie zu weit in der Mitte der Fahrbahn fahren, dann wirkt das provozierend und ist oft der Anfang eines erbitterten Streits.

Regel Nummer drei: Nehmen Sie Rücksicht auf abbiegende Autos. Unter den Autofahrern gibt es nur wenige Rowdys, die meisten wollen die Radfahrer respektieren. Es kommt aber auch bei den routiniertesten Fahrern vor, dass sie ein Rad im toten Winkel übersehen. Das passiert ungewollt, ist aber gefährlich, und darauf müssen Sie vorbereitet sein.

Ich meine: Schupelius trifft den richtigen Ton. Seine Aufforderung, Rücksicht und Partnerschaft an die Stelle von Rechtsverletzungen und Grobheit zu setzen, ist goldrichtig. Weiter so – beschreiten oder befahren wir doch gleich alle miteinander den goldenen Pfad des „Freundlichen Handschlags“!

Berlin-Knigge – Radfahrer gegen Autofahrer – BZ-Berlin.de

 Posted by at 11:15

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