Mrz 082009
 

Heinrich Heine und die Frauen – das war das Thema, dem am Freitag ein ganzer Salon bei Marie-Luise gewidmet war.  Ort: In der Rosa-Luxemburg-Straße zu Berlin, ausgerechnet!

Die Sängerin Irina Potapenko trug, begleitet durch Uwe Streibel, fünf Lieder Heines in der Vertonung durch Robert Schumann vor. Großartig! Schumann schafft es, den tändelnden Texten Heines einen Gegen-Wortlaut anzuhängen. Dadurch werden sie schwer, bitter, widerständiger als sie es sind. Besonders das herrliche „Ich grolle nicht“ steht mir jetzt noch in Ohr und  Gedächtnis.

Ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht,
Ewig verlornes Lieb! ich grolle nicht.
Wie du auch strahlst in Diamantenpracht,
Es fällt kein Strahl in deines Herzens Nacht.

Das weiß ich längst. Ich sah dich ja im Traum,
Und sah die Nacht in deines Herzens Raum,
Und sah die Schlang, die dir am Herzen frißt, –
Ich sah, mein Lieb, wie sehr du elend bist.

Schumann komponiert das Lied im Grunde über das eine Wörtchen „nicht“. In den Oktavschlägen der linken Hand, hervorgehoben im subito forte, wird das „nicht“ aufgehoben, ins Gegenteil verkehrt. Es ist, als hörte man: „Aber ja, ich grolle“ doch so sehr! Selten ward Freuds Einsicht, dass das Unbewusste kein „Nein“ kennt, so sinnfällig bewahrheitet wie in dieser Vertonung Schumanns. Und welche Wende steckt in diesem Wort elend!

Bei den Damen kam Heine erneut sehr gut an. Keine empörte sich, dass Heine die Frauen etwa nur benutzt habe als Muse, Stichwortgeberinnen – oder Vorwände, um unglücklich zu sein. Anderes hörte ich allerdings danach im Salon-Geplauder. Ein aufmerksam lauschender Iraker äußerte sich kritisch gegenüber Heine: „Er hat Frauen geschlagen. Deswegen mag ich ihn nicht.“ Mehrere der anwesenden Frauen verteidigten Heine mit dem Bedenken, dass auch er von Frauen geschlagen worden sei. Es müsse Waffengleichheit herrschen, diese sei auch einem gebildeten Manne wie Heinrich Heine unbedingt zuzubilligen.

Mir fiel die Rolle zu, Gedichte, Briefe und Prosatexte von Heinrich Heine vorzutragen. Dieser Aufgabe entledigte ich mich mit der mir eigenen Zungenfertigkeit. Im Wechsel dazu erklangen Musik, eine geraffte Erzählung der Heine’schen Frauenbeziehungen, deren es etliche gab – und Ausschnitte aus den allerlei Fehden und Bittgängen, die der deutsch-jüdische Dichter durchgefochten.

Madame Potapenko erklärte sich auch bereit, vor dem Auftritt mit mir zu posieren, was mich sehr gefreut hat. Das Portrait seht ihr oben.

Als Vorklang auf den heutigen Frauentag nahm ich aus der Küche in der Rosa-Luxemburg-Straße den bildlich-eindrücklichen Aufruf mit: „Auch du hältst die Küche sauber, Genosse!“

Was ich mir zur Verpflichtung nahm. Mindestens heute.

 Posted by at 22:15

Sorry, the comment form is closed at this time.