Mai 232009
 

Die Wahl des Bundespräsidenten verfolge ich im Radio. Besonders genau höre ich auf seine erste Ansprache nach der Wiederwahl hin. Hier kommt ein Ausschnitt:

 Schwarz-Gelb und die Köhler-Kür: Wahlkampf mit der Nummer 1 – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
„[…] Bewahren, was wertvoll ist, verändern was notwendig ist – dabei möchte ich helfen. Wissen Sie, je älter ich werde, desto neugieriger werde ich. Ich freue mich auf die kommenden fünf Jahre und ich verspreche Ihnen, liebe Landsleute, ich werde weiter mein Bestes geben. Und Dir, Eva, möchte ich Danke sagen. Jede Stunde ist ein Geschenk mit Dir. […]“

Wie oft sprachen wir in diesem Blog von Vätern und Söhnen! Der ungelöste Konflikt zwischen Vätern und Söhnen brach am 2. Juni 1967 mit rasender Gewalt aus, geschürt und überlagert durch den feindlichen Gegensatz zwischen Ost und West. Die Kugel des Kurras legte die Lunte an diesen schwelenden Konflikt.

Und so frage ich mich: Welche Gefühle bewegen mich heute? Ich habe fast mein ganzes Leben in der Bundesrepublik Deutschland verbracht. Als ich geboren wurde, da war die Bundesrepublik eben 10 Jahre geworden. Als ich mit wachen Sinnen die Politik zu verfolgen begann, kam die sozialliberale Koalition ins Amt. Von den 60 Jahren der Bundesrepublik habe ich also volle 40 Jahre bewusst miterlebt, miterlitten und nach meinen bescheidenen Möglichkeiten in meinem winzigen Umfeld mitgetragen. Ich bin ein Kind dieser Republik. Aber ich überblicke auch zwei Drittel der Geschichte dieses so wunderbar gelingenden Staatswesens. Ich fühle mich also am heutigen Tag besonders dankbar, dass ich dazugehören durfte und auch weiter dazugehören werde.

Wie sieht sich Horst Köhler ausweislich seiner Antrittsrede? Dazu lohnt es sich, genau hinzuhören und zu lesen, wie er sich ausdrückt.  Er spricht davon, dass er „dankbar“ sei, dass er „neugierig“ sei. Köhler legt ein Versprechen ab: „Ich werde weiter mein Bestes geben.“ Wer spricht so? Ein Kind spricht so. Köhler, der höchste Repräsentant dieses Staates, beugt sein Haupt vor einer Wirklichkeit, vor einer Aufgabe, die ihm zukommt, die er allein nicht schaffen kann. Hier tritt ein Diener, nicht ein Herrscher sein Amt erneut an. Das – erlaubt mir dieses Geständnis – finde ich großartig!

Ich empfehle euch, diese Rede, die ich für eine seiner ergreifendsten, seiner besten, seiner in jedem einzelnen Wort treffendsten überhaupt halte, noch einmal genau durchzulesen. Ich gelange zu dem Schluss: Hier spricht ein Kind dieser Republik so wie wir alle. Der Bundespräsident stellt sich bescheiden und doch ermutigend in den Dienst seiner Aufgabe, die größer ist, als er allein sie bewältigen könnte. Er trifft dabei den richtigen Ton: wach, ermunternd, Zutrauen schenkend.

Mir fällt dazu ein Wort aus einem uralten Buch ein: Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz! Wie der Sohn Davids (1 Kö 3,9), so erbittet auch Horst Köhler, dieser Sohn unseres demokratischen Vaterlandes, Unterstützung. Er bittet um – Demut und Hilfe. Und wer als ein solcher Knecht, als ein solches Kind bittet, der ist in meinen Augen groß, der ist ein Vorbild für alle. Der stiftet wahrhaft Vertrauen und Versöhnung.

 Posted by at 22:01

Sorry, the comment form is closed at this time.