Jul 232009
 

19072009020.jpg„Aber wenn Vorschläge irgendwann Realität werden, wie sie neulich Herr Lindner von der FDP gemacht hat, dass man die Hartz-IV-Empfänger um 30 Prozent ihres sehr bescheidenen Lebensunterhalts beraubt, dann wird es schwierig.“

Ein herrliches Beispiel klassischer Klientelpolitik lieferte der Berliner Innensenator  Körting mit dem im vorigen Beitrag auszugsweise zitierten Interview. Zugleich ein typisches Beispiel für die Verdrehung von Aussagen und Tatsachen, wie sie offenbar zum politischen Tagesgeschäft in der Berliner Landespolitik gehört. Der arme Herr Lindner hatte nur gefordert, man solle solchen Hilfeempfängern, die eine zumutbare Arbeit ablehnten, die Bezüge um 30% kürzen. Ein Teil der Hilfe, nämlich 30%, sollte bei möglicher und zumutbarer Arbeit als Entgelt für erbrachte Leistung gezahlt werden. Na und, was ist so schlimm daran?

Lindner löste mit seinem harmlosen Vorschlag einen Sturm der Entrüstung aus. Nur einige wenige etwas Hellsichtigere – wie etwa eine der 5 vortrefflichen Kandidatinnen in unserem hochbegehrten Wahlkreis 84, nämlich Halina Wawzyniak – erkannten, dass Herr Lindner nichts anderes gefordert hatte, als was ohnehin bereits jetzt im „SGB II“ steht, wie die Fachleute sagen, also im Sozialgesetzbuch II steht.

Lindner hatte also nur die Anwendung geltenden Rechts gefordert. Dafür wird er jetzt abgestraft.  Auch Innensenator Körting spricht von „Raub“. In anderen Worten: Wer die Anwendung geltenden Rechts fordert, ist ein Räuberhauptmann. Böser Herr Lindner!

Freunde, Blogger: DAS ist doch eine Räuberpistole.  DAS ist doch ein so grottiges Niveau der Argumentation, dass man sich wundert, wieso etwas Derartiges aus dem Munde eines Politikers zu vernehmen ist, der ein hohes öffentliches Amt bekleidet. Versteht Ihr das? ICH verstehe es! Nämlich, so erkläre ich mir das: In einer Stadt wie Berlin, deren Haushalt zu etwa 50% (jawohl: etwa 50%!) aus Zuwendungen des Bundes und anderer Bundesländer besteht, muss man die Empfängermentalität hegen und pflegen. Es darf nicht sein, dass die Menschen auf den ansteckenden Gedanken kommen, man könnte ja auch mit eigenen Händen etwas verdienen. Denn dieses Virus könnte sich fortpflanzen: Wenn Menschen von eigener Händer Arbeit leben … dann könnte dies ja auch für ganze Städte oder Bundesländer gelten. Dann könnte man ja auch in anderen Bundesländern auf die Idee kommen, von den Berlinern mehr eigene Anstrengungen zu verlangen. Und jemand, der eigene Anstrengungen von den bisherigen Hilfeempfängern verlangt, der wird wohl kaum von dieser seiner Klientel gewählt werden. Also bleibt alles beim Alten. Und die Berliner Schuldenuhr tickt und tickt … Wir sind noch gar nicht bei 60 Milliarden Verschuldung des Bundeslandes Berlin, wie der Steuerzahlerbund voreilig vermeldet hatte. Nein, nein, das war eine Falschmeldung. Erst im Laufe des Sommers werden wir die 60-Milliarden-Latte erneut reißen. Und alles bleibt gut. Man wird weiter von Armut und Raub sprechen.

Nun legt euch ruhig schlafen!

Unser Foto zeigt die Skulptur „Gesicht zeigen“ von Mattheuer im Leipziger Museum der Bildenden Künste.

 Posted by at 21:23

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