Sep 302009
 

Muslime dürfen auch in der Schule beten – Berliner Zeitung
Schulleiterin Brigitte Burchardt sagte am Dienstag, sie fühle sich mit den gesellschaftlichen Problemen an ihrer Schule allein gelassen.

Das ist der beste Satz berlinweit, den ich zu der ganzen Chose gehört und gelesen habe!

Diesen Satz entnehme ich der umfänglichen Berichterstattung über das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts, das dem Schüler Yunus M. erlaubt, sein Mittagsgebet an der Schule zu verrichten. Viel Falsches, viel Schiefes ist gesagt worden, sowohl über den Islam wie auch das Christentum.  So schreibt etwa Innensenator Körting heute im Tagesspiegel: „Das Kopftuch ist zugleich Symbol der fehlenden Gleichberechtigung der Frau.“ Falsch, Herr Körting. Wie kommen Sie zu so einem Urteil? Es gibt viele emanzipierte, akademisch gebildete muslimische Frauen, die das Kopftuch auch als Zeichen ihrer Unabhängigkeit von Bevormundung tragen. Es gibt viele russisch-orthodoxe Frauen, die beim Kirchgang das Kopftuch als Zeichen der Befreiung von der totalitären Ideologie des Kommunismus tragen. Auch in Berlin, soweit es Sie interessiert.

Aber hören wir Herrn Körting weiter: „So sind wir alle empört, wenn Papst Benedikt sich zur Verhütung und Abtreibung aus katholischer Sicht äußert.“ Alle – außer einem, nämlich mir, Herr Körting! Ich bin nicht empört. Empörung ist keine angemessene Reaktion auf das, was der Chef der mit 1,2 Mrd. Mitgliedern weltweit größten und weltweit ältesten heute bestehenden Organisation sagt.

Es herrscht eine große Blindheit im Umgang mit dem Islam und dem Christentum vor. Die Äußerungen des Herrn Körting sind mir ein weiterer Beleg dafür.

Meine Meinung zu diesem Streit: Jede Schule kann oder besser: soll einen Raum der Stille und der Besinnung einrichten. Dort können Schüler sich sammeln, sie können zu sich kommen, sie können beten. Der Raum soll religiös und weltanschaulich nicht gebunden sein. Es herrschen darin folgende Gebote: Keine Mediennutzung, keine Gespräche, kein Internet, kein Gameboy, kein MP3-Player. Keine Spiele, keine Provokationen und keine Empörungen. Nur dies: Stille – und Besinnung. Manche nennen dies Gebet.  Andere sagen: Ein stummes Gespräch mit einem Abwesenden. Mit einem, den es nicht gibt. Nun, so sei es! Das täte allen Schülern gut. In einem solchen Raum könnte Yunus M. sein Gebet verrichten. In Anwesenheit anderer, in Anwesenheit eines verkannt-unbekannten Anderen – oder auch allein.

Zur Besprechung all dieser ungelöster Fragen fordere ich dringend eine Berliner Konferenz der Religionen – jetzt oder möglichst bald. Es soll nicht nur um den Islam gehen, sondern auch um eine mögliche Zusammenarbeit der Religionen im öffentlichen Raum. Das Vorbild dafür sollte die von Innenminister Schäuble einberufene Islamkonferenz sein – nur alles eine Nummer kleiner, nämlich auf Bezirks- oder auf Landesebene angesiedelt. Den drei großen orientalischen Offenbarungsreligionen – also Judentum, Christentum und Islam – kommt dabei eine gewichtige Rolle zu. Man wird diese Religionen sicherlich nicht so schnell los, wie manche sich das wünschen.

 Posted by at 17:31

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