Dez 192009
 

19122009001.jpg … so fasse ich die ersten Fahrtberichte mit dem neuen Produkt der vsf-Fahrradmanufaktur zusammen, das ich gestern bei einem der Fachhändler in der Bergmannstraße kaufte. So wie Peter Schlemihl einfach in sein Seckel griff, um weitere Golddukaten hervorzuziehen, so genügt ein lässiger Tritt in die Pedale, um das VSF T300 auch auf holprigem Grund mühelos voranzutreiben. Die Ausbeute jedes einzelnen Kilojoule an eingesetzter Muskelenergie übertrifft alles, was ich bisher im Bereich Stadträder ausprobieren durfte. Ein wichtiges Signal zum Thema Klimaschutz nach dem Scheitern der Kopenhagener Konferenz!

Bei dem gestern und heute herrschenden starken Frost hielt das VSF T300 jederzeit sicher die Spur, auch auf eisigem Grund und starkem Splittbelag. Das Drehmoment entfaltete sich gerade im unteren Drehzahlbereich mit überzeugender Gleichmäßigkeit, das Umschalten erfolgt ohne Ruckeln und Holpern. Den Volllastbereich konnten wir gestern und heute nicht austesten, da zu viele schleichende Motorfahrzeuge ein rasches Vorwärtskommen behinderten.

Die Anmutung des Rades wurde in ersten Stellungnahmen aus der designkundigen Damenwelt als „edel, klassisches Understatement, bestens geeignet für Anlässe auch auf hoher und höchster Ebene“ bezeichnet. Motto: „Man zeigt, was man sich leisten könnte, aber man lässt es nicht heraushängen.“ Das VSF T300 8 Gg SH FL ebony DIA RH 62 empfiehlt sich durch strenge, reduktionistische Linienführung für den coolen Kreuzberger Oberschichtler, dem der BMW Z3 und der Saab turbo billiger Kokolores für testosterongeplagte Jungmänner sind, der aber andererseits dem Zeitgeist, der heute in Gestalt unregelmäßiger, wuchtiger Rahmenarchitektur daherkommt, keinen modischen Tribut zollen möchte.

Die mitgelieferte Dokumentation in der edlen schwarzen Mappe enthält eine hinreichend ausführliche, 32-seitige Bedienungsanleitung, technische Unterlagen sowie ein Service-Scheckheft. Die Wartungsintervalle sind mit „alle 2000 km bzw. einmal jährlich im Winter“ recht großzügig. Für einen hohen Wiederverkaufswert – etwa am Berliner Mauerpark – leistet ein sorgfältig geführtes Service-Scheckheft mit dem lückenlosen Nachweis aller Wartungsarbeiten sicher beste Dienste.

Ärgerlich stieß dem Neubesitzer des VSF T300  jedoch folgender Satz auf S. 12 der Bedienungsanleitung auf: „Laut Straßenverkehrsordnung sind Sie verpflichtet, Radwege zu benutzen, sofern sich diese in einem zumutbaren Zustand befinden.“ Ein offenbar unausrottbares Vorurteil, das leider immer wieder zu unschönen Szenen zwischen motorisierten Dränglern und radfahrenden Klimaschützern führt! Seit 1997 besteht keine allgemeine Radwegebenutzungspflicht mehr. In Berlin etwa sind die allermeisten Radwege nicht mehr benutzungspflichtig.

Die Beratung beim Fachhändler war fachlich einwandfrei, freundlich, die Servicequalität überzeugte in vollem Umfang. Da mir gestern zwischen 2 Terminen nur wenig Zeit blieb, gab letztlich das hohe Maß an subjektiv empfundenem Vertrauen sowie das positive Votum meiner persönlichen Beraterin den Ausschlag bei meiner raschen Kaufentscheidung.

Besonders gut finde ich: Der gesamte Kaufvorgang ähnelt dem Kauf eines anderen „langlebigen, hochwertigen Gebrauchsgutes“, wie etwa eines Autos. Dinge wie das „Service-Scheckheft“ oder das mitgelieferte Dokumententäschchen erinnern mich an die Kauferfahrungen beim Kauf eines neuen PKW. Und gerade in diese Kauferfahrung gilt es auch in der Fahrradbranche vorzustoßen.

Der Radfahrer ist ein Fahrzeug-Kunde wie jeder andere. Er möchte zunehmend ein Produkt mit hoher Wertigkeit, nachhaltigem Marktwert und hohem Image-Faktor. Vertrauen, Zuverlässigkeit und persönliche Beratung werden bei Wahl und Anschaffung des neuen Fahrzeugs in Zukunft eine immer größere Rolle spielen.

Unser Foto zeigt das VSF T300 8 Gg SH ebony DIA RH 62 heute sicher angeschlossen an einen der berühmten „Kreuzberger Bügel“ vor dem Rathaus Kreuzberg in der Yorckstraße. Der erste Großeinkauf konnte problemlos bewältigt werden.

Seriennummer: PK 112849

Schloss: Bügelschloss Abus Granit Futura 64/180HB300 TexKF

Temperatur: -10 Grad.

Kartoffeln: Speisekartoffeln festkochend, von NP Ecke Großbeerenstraße , 5kg

Tragetasche: Modell IKEA, hochreißfest

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 Posted by at 22:07

  3 Responses to “Maximale Kraftausbeute und edles Understatement …”

  1. Ich danke Dir für den Zuspruch. Allerdings war es weniger Sucht, sondern Notwendigkeit, und meine Frau Ira sagte mir: Gräme dich nicht lange vergebens, sondern überlagere den Schmerz mit Freude.“ Recht hat sie.

  2. Radfahren macht süchtig! Ohne Fahrrad hält es ein echter Radler nicht lange aus. Und ich freue mich für Dich, dass der schmerzhafte Verlust des alten Rades doch so schnell kompensiert werden konnte.

  3. Gratuliere!
    Und viel Glück!

    Hat’s auch was gekostet, das edle Stück?
    Ok ok, ist ein Geheimnis.

    Was das Absperren betrifft: In München hat bisher mein Simpelbilligschloss genügt. 10 Euro, und das Ding bloß mal durch die Speichen gezogen.
    Auch daran merkt man mal wieder, dass in Berlin das Pflaster heißer ist als in München.
    Es ist gut für den Blogger, wenn was los ist. Vorausgesetzt er hat gute Nerven und kann auch mal einen Schlag wegstecken.

    „Kreuzberger Oberschichtler“ – das ist gut!

    „genügt ein lässiger Tritt in die Pedale, um das VSF T300 auch auf holprigem Grund mühelos voranzutreiben“ – das macht mich ein wenig neidisch.

    Zum Neidabbau dieser dreifache Trost:
    1. Es tut mir ja gut, wenn ich ordentlich in die Pedale treten muss und dabei schwitze und schnaufe. Ich hab Übergewicht.
    2. Außerdem ist das Kämpfen um ein bisschen Tempo gut zur Frustkompensation nach dem Kopenhagener Fiasko.
    3. Im übrigen ist die Reaktionszeit im Alter reduziert und damit ein mäßigeres Tempo angeraten.
    Ergo: Mein langsames 200-Euro-Radl ist schon ok. Und nur mittel-attraktiv für halb-professionelle Fahrradschloss-Säger.

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