Feb 092010
 

Die ganze Republik redet sich in klirrender Kälte die Köpfe heiß, ob der Staat zur Erlangung hinterzogener Steuern Hehlerware aufkaufen darf. Da mag ein Blick in die druckfrische RadZeit Nr. 1/2010 für Nachdenklichkeit sorgen. Ein Radfahrer aus dem Berliner Bezirk Tiergarten, Hans-Christian S., berichtet darin, dass sein gestohlenes Rad auf einem Flohmarkt am Moritzplatz wiedergefunden wurde. „Wir wollten dem Händler keinen Schaden zufügen und haben es für 15 Euro gekauft.“

Das bedeutet: Der rechtmäßige Eigner hat sein gestohlenes Eigentum aus dem Besitz des Hehlers zurückgekauft.

„Es ist besser, Unrecht zu leiden, als Unrecht zu tun“, so sprach Sokrates in seiner Apologie, so sprach auch mein Opa, nachdem die ganze Familie von einem Tag auf den anderen in Schlesien von Haus und Hof vertrieben worden war. Diese Worte kamen mir in den Sinn, als ich das Interview mit Hans-Christian S. in der neuen Radzeit las.

Mir wurden auch schon mehrere Räder gestohlen. Ich sage dann trotz allen Ärgers: „Mögen die gestohlenen Räder den neuen Eigner zu einem gerechteren und glücklicheren Menschen machen.“ Und ich erstatte Anzeige. Und ich habe meine beiden neuesten Fahrräder mittlerweile versichert. Ein gutes, sicheres und bequemes Fahrrad hat seinen Preis!

 Posted by at 15:59

  4 Responses to “Hehlerware aufkaufen?”

  1. Ich habe hier Steuerhinterzieher natürlich genauso wenig verteidigt, wie diejenigen, die unrechtmäßig gewonnene Informationen zu Morden die Morde verteidigen. In Krisenzeiten ist es natürlich besonders wichtig, daß alle ihren Beitrag leisten, d.h. Transferempfänger sollten sehen, wie sie diese reduzieren und nicht etwa optimieren können und Steuerzahler ihren fairen Beitrag zur Leistungsfähigkeit des Staates leisten, sonst käme es zu ungerechtfertigten Wettbewerbsverzerrungen. Und natürlich muß der Staat dafür Sorge tragen, ein System zu schaffen, in dem beides möglichst effizient funktioniert.

  2. Aber der massive Druck auf die Steuersünder, den finde ich gut. Wir brauchen eine Debatte über Steuerehrlichkeit.

  3. Juristisch gesehen scheint es nicht Hehlerware zu sein, da es sich um Daten handelt, die ja gleichzeitig beim rechtmäßigen Eigentümer bleiben. Das ist bei Fahrrädern anders. Da kann ich mir leider am Fahrradstand keine Kopie ziehen. Dennoch halte ich das vorgehen für falsch, so wie Du bereits zitierst. Erstens dürfte die Bundesregierung sogar Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten. Denn die von den Finanzministerien gezahlten Gelder müßten ja versteuert werden – ich glaube aber kaum, daß der Verkäufer das tut und zweitens erinnere ich mich an eine Diskussion, ob man Stasiakten verwenden kann, um Morde aufzudecken und damals hieß es nein. (das war in den Neunzigern). Und in Potsdam läuft ein gewisser SPD-Politiker nach allem, was ich weiß nur deswegen auf freiem Fuß herum, weil die Tonbandaufnahmen, als seine Bestechung vereinbart wurde, nicht verwendet werden durften (die schicke Wohnung, die ihm die bestechende Bank schenken wollte, konnte ich mir später einmal ansehen). Wenn meine Informationen richtig sind und es aufgrund der Daten zu Verurteilungen käme, dann hieße das, daß Steuerhinterziehung ein größeres Vergehen wäre als Mord und Korruption. Hier kann ich nicht d’accord gehen. Die Maßstäbe sollten gewahrt bleiben.

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