Feb 222010
 

„Ich erziehe mich selbst – und zwar ein Leben lang“, das ist ein Satz, den ich – so münchhausenhaft er klingen mag –  gerne unterschreibe. Der gute Bayerische Löwe hat mir das als gestern als Kommentar unter den Beitrag „Des globbiDr net, Cem“ vom 20.2.2010 gesetzt.

Wir haben jetzt soeben den Bogen „Selbsteinschätzung“ aus der Grundschule bekommen. Es ist etwas Spannendes: Die Schüler sollen selbst angeben, welche Noten sie sich geben würden. An erster Stelle steht: „Ich komme pünktlich zur Schule“.

Die Schule ruft mit dieser Selbsteinschätzung die Schüler direkt zur Verantwortung für sich selbst, für den Tisch, für das eigene Arbeitsmaterial. Dann gibt es die berühmten „Dienste“ – Tafeldienst etwa. Sehr gut! Solche kleinen Zuständigkeiten wecken und schärfen den Sinn für das Miteinander.

Daneben muss – so meine ich – natürlich auch auf uns Eltern eingewirkt werden.

„Ich erziehe mich selbst“ – das trifft in der Tat meine Meinung. Ab dem Alter von etwa 17 Jahren, also kurz vor Erreichen der gesetzlichen Volljährigkeit, sollte jeder in Deutschland aufwachsende Mensch so weit sein. Am Anfang, bei den Neugeborenen, steht die fast völlige Abhängigkeit von der Umgebung. FAST völlig, weil bereits das Ungeborene und das Neugeborene im Wechselspiel mit der Mutter bzw. den Bezugspersonen unbewusst seine Umgebung mitgestaltet.

Von Jahr zu Jahr nimmt die Abhängigkeit ab. Die Selbstverantwortung nimmt zu.

Bereits im Alter von 6 Jahren SOLLTEN Kinder so weit sein, dass sie das pünktliche Erscheinen zur Schule als Pflicht erkennen. Im Alter von 7 Jahren SOLLTEN sie das Erledigen der Hausaufgaben als ihre Pflicht erkannt haben.

Im Alter von 16 Jahren SOLLTE jede deutsche Bürgerin und jeder deutsche Bürger, egal ob Araberin oder Türke oder Deutscher, das Erlernen eines Berufes, das Erwerben des Lebensunterhaltes als ihre oder seine Pflicht erkannt haben. Wir sind in Kreuzberg meilenweit davon entfernt. „Ich werd eh Hartzer, dann hab ich alles was ich brauch!“ „Ich gehöre von Geburt  einer benachteiligten Minderheit an. Ich schaffe das nie und nimmer. Der Staat muss mich stützen!“

So singt es und klingt es in unserem Kreuzberger Ländle hier.

Das von den Lobbyvertretern eingeimpfte Bewusstsein, einer benachteiligten Minderheit anzugehören, die aber tatsächlich in manchen Stadtquartieren Kreuzbergs, Neuköllns und Weddings (oder Hasenbergls?) längst die deutliche, noch wachsende Mehrheit darstellt, wirkt geradezu lähmend!

Sobald jemand Mutter und Vater wird, SOLLTE sie oder er die umfassende Verantwortung für die Kinder als seine Pflicht erkannt haben.

Ich habe nichts dagegen, wenn dieser Sinn für Selbsterziehung und Verantwortung den Kindern durch die Eltern und durch die Schule, durch Pfarrer und Imame „eingeimpft“ wird. Im Gegenteil!

Diesen Sinn, diese machtvolle innere Instanz – die brauchen wir. Diese Instanz ist das Ich, das Selbst – oder auch das Gewissen. Wir brauchen das starke Selbst. Wir müssen die Kinder in genau diesem Sinne stärken.

O guter bayrischer Löwe, ein bisschen Münchhausen schadet nicht. Man kann sich auch am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen.

Oder, wie es ein bekannter Psychotherapeut ausdrückt: „Nimm dein Bett, steh auf und geh!“ Irgendwann ist Schluss mit der Bemutterung und Bevaterung durch den Staat.

Dann musst du die Freiheit erkennen aufzubrechen, wohin du willst.

So wünsche ich mir das. Und genau so dürften das die Lehrer an unserer Schule sehen.

Der Schritt in die Selbständigkeit muss jeden Tag neu gegangen werden. Jeden Tag, ein Leben lang.

 Posted by at 10:36

  One Response to “„Ich erziehe mich selbst“ – Münchhausen lässt grüßen!”

  1. „O guter bayrischer Löwe, ein bisschen Münchhausen schadet nicht. Man kann sich auch am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen.
    Oder, wie es ein bekannter Psychotherapeut ausdrückt: “Nimm dein Bett, steh auf und geh!” Irgendwann ist Schluss mit der Bemutterung und Bevaterung durch den Staat.
    Dann musst du die Freiheit erkennen aufzubrechen, wohin du willst.“

    Ja Ja Ja.
    Ich bin mit jeder Faser meines Lebens der Meinung, dass das FÜR MICH gilt. Ich sehe mich selbst so – und erlaube mir kein Jammern und kein Abschieben der Verantwortung, wenn ich nicht genau das mache, Herr Hampel.

    Und nochmal Ja Ja Ja.
    Ich bin leidenschaftlich wie Sie überzeugt, dass alle das so halten sollten.

    Aber Nein Nein Nein.
    Was machen wir denn, wenn wir soziale Gruppen finden, in denen dieses konstruktive Verhältnis zu sich selbst und zum Leben irgendwie nicht existiert?
    – Belasse ich es dann beim Predigen? Haue ich auf meine stolze Brust und sage: „Schaut mich an! Ich mache es so, und mein Erfolg gibt mir recht!“
    – Lasse ich diejenigen, die scheitern, im Stich? Vielleicht noch mit der abfälligen Bemerkung, die seien doch selber schuld?
    – Beschränke ich mich auf privat-persönliches Samaritertum, auf Hilfe, die ich hier und da selber leisten kann?

    Da diese drei Reaktionen mir von meiner sozialen Natur her nicht möglich sind, wähle ich eine vierte, die grün-sozialistische Option:
    Ich schau mal, was sich GESELLSCHAFTLICH tun lässt, damit destruktive Haltungen entweder gar nicht entstehen, oder aufgefangen werden, gemildert werden, umgepolt werden, isoliert werden, geheilt werden, …

    Da haben Sie schon recht, wenn Sie fragen: Funktioniert es denn so, wie wir es zur Zeit machen?
    In Berlin jedenfalls nicht richtig. Das hab ich – dank Ihnen! – schon kapiert.

    Aber mein Instinkt führt mich immer zu gesellschaftlichen Lösungsansätzen zurück.
    Ich glaub nicht
    an den Appell und nicht
    an die Drohung und Ausgrenzung und nicht
    an die Einzelfallhilfe oder das eigene leuchtende Beispiel. (Obwohl die beiden letzteren schon auch etwas Gutes haben, das zum richtigen Verhalten gehört.)

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