Modell Friedrichshain-Kreuzberg: Gestaltungsspielraum Null

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Mai 212010
 

„Ich vertrete den Elitebezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Meine Meinung ist: Wir müssen fragen, was der Staat noch leisten kann. Ich stelle euch diese Frage: Müssen wir Aufgaben, die heute ohne weiteres dem Staat zugeschrieben werden, wieder zurückgeben an den einzelnen, an die Familien, an die unteren Ebenen? Ich fordere:

Nimm Hack und Spaten, hacke selber!“

So meine kurze, mit einem abgewandelten Mephisto-Zitat angereicherte Wortmeldung beim schon erwähnten Treffen der Berliner Union in der gastfreundlichen Klingelhöferstraße 8, Berlin-Tiergarten, dem Sitz der Bundespartei. Datum: 05.05.2010. Erwarteter Deckungsbeitrag Deutschlands zur Euro-Rettung damals: 41 Milliarden Euro. Auf dem Podium: Die gesamte Führung der Berliner Union. Thomas Heilmann antwortete mir direkt – im zustimmenden Sinne: „Wir müssen klarmachen, dass der einzelne es besser kann.“

Wieso Elitebezirk? Einfach: Wir sind Bildungsbezirk. Wir haben unter allen Bezirken im Durchschnitt die höchsten Bildungsabschlüsse, die meisten Akademiker, wir sind der jüngste Bezirk, wir haben das Quartier mit dem höchsten Ausländeranteil Berlins (Fanny-Hensel-Kiez, bei mir um die Ecke), und wir liegen verlässlich seit vielen Jahren unter den drei Bezirken mit dem niedrigsten Haushaltseinkommen und der höchsten Sozialhilfeempfängerquote.

Alle Entscheidungen zum Löwenanteil  des Bezirkshaushaltes sind alternativlos, da gesetzlich vorgeschrieben. Die Verfügungsmasse wird dann gerne noch für freiwillige Mietbeihilfen, „Benachteiligten“-Initiativen oder Umzugsbeihilfen draufgesattelt. Gute Einsicht in diese Lage durch Wolfgang Bosbach gestern: „Wenn sich die Entscheidungen häufen, die als alternativlos dargestellt werden, schrumpft der Gestaltungsspielraum auf Null“.

Und wir sind pleite. Trotz eines Haushalts von 560 Millionen – alles „Zuweisungen“.

Der Bezirk steht unter der Bewirtschaftung des Landes Berlins.

Die Haushaltsmittel des Bezirks sind zu 92% festgelegt. Das meiste wandert sofort in die Taschen der einzelnen Zuweisungsempfänger.

Und genau aus diesem Grunde ist Friedrichshain-Kreuzberg ein Modellbezirk: Die gigantische Verschuldung, auf die unsere öffentliche Haushalte zutreiben, lässt sich wunderbar bei uns im Vorzeigebezirk studieren. Denn: Wir werden immer wieder rausgehauen durch das großzügige Bundesland Berlin. Das Bundesland Berlin wird immer wieder rausgehauen durch die großzügige Bundesrepublik Deutschland. Etwa die Hälfte unseres Berliner Landeshaushaltes stammt aus den gut gefüllten Taschen der anderen Bundesländer und der Bundesrepublik Deutschland.

Deutsche! Schaut auf diesen Bezirk! Schaut auf diese Stadt!  Und erkennt – was auf euch zukommen wird! Wer wird die Bundesrepublik Deutschland dereinst raushauen?

Hier noch der nachgereichte Beleg für das Wolfgang-Bosbach-Zitat:

Bafög-Blockade  SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
In allen Fraktionen des Bundestags regt sich Unmut wegen der Rettungspakete, die als Gesetze im Eilverfahren verabschiedet werden. „Wenn sich die Entscheidungen häufen, die als alternativlos dargestellt werden, schrumpft der Gestaltungsspielraum auf Null“, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), dem „Focus“.

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