Aug 272010
 

Sarrazin treibt die Kaste der Berufspolitiker, der er selbst angehört, gehörig vor sich her.  Wenn jetzt bereits öffentlich erste vorsichtige Zustimmung von türkischen und arabischen Migranten aus unserem Bezirk zuteil wird, wird vollends offenbar, was Sarrazin bezweckt: eine schonungslose Selbstanklage, eine unerbittliche Analyse der kollektiven Fehlsteuerungen, für die nicht nur er und seine Partei, sondern alle Parteien Mitverantwortung tragen.

Noch einmal: Wenn Politiker Sarrazin jetzt in Grund und Boden rammen (ich muss es so nennen), begehen sie eine Art Sündenbockritual. Ein politischer Fehler ersten Ranges!

Furat Mohammad und Günay Imre aus Friedrichshain-Kreuzberg schreiben:

Strafanzeigen gegen Sarrazin? Nicht in unserem Namen! Denn wir sind nur so „dumm“, wie Ihr uns werden lasst. @ FREIE WÄHLER Berlin – FW Berlin
Alle bisherigen Parteien hofierten und hofieren bestimmte Zuwanderer-Gruppen, weil sie sich neue Wählerschichten davon versprachen und noch versprechen. Wir haben genug von diesen Versuchen der Vereinnahmung von Zuwanderern zu dem alleinigen Zweck des Machterhalts der Parteien. Denn mit der ach so fürsorglichen Vereinnahmung der Interessen z.B. der Russlanddeutschen durch die CDU und insbesondere der Türken durch Rot-Grün ist noch in jedem Falle die Verharmlosung der Integrationsprobleme der jeweils patronisierten Gruppen einhergegangen. Die Auseinandersetzung mit den Integrationsdefiziten der jeweils unter die Fittiche genommenen Minderheiten wurde in den jeweiligen Parteien nachgerade verboten. Die Strafanzeige gegen Sarrazin liegt genau in dieser machtpolitischen Parteien-Tradition.

Dass die harten, manchmal polemischen, aber offensichtlich immer ehrlichen Aussagen von Sarrazin zum Bildungsstand im Übrigen so viele Schlagzeilen wert sind, wirft eher ein beklemmendes Licht auf den Stand der weitgehend unterdrückten Debatte in Deutschland.

Leute wie Sarrazin durch Strafanzeigen mundtot machen zu wollen, schafft eine Atmosphäre der Angst vor der freien Meinungsäußerung, die durch Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert und von den Parteien und den Medien politisch sogar gefordert ist. Tatsächlich aber wird der Überbringer der schlechten Nachricht in den Medien und in der parteipolitischen Auseinandersetzung tendenziös dargestellt. Bei der übrigen Bevölkerung stellt sich dann der Eindruck ein, dass man eher den lästigen Mahner ausschalten möchte, statt die Lösung der Probleme anzugehen.

Mit Realitätsverweigerung und -ausblendung ist nichts erreicht.

 Posted by at 15:33

  One Response to “Danke, Furat! Danke, Günay!”

  1. Jetzt berichtet die Presse (ich sage nicht wo, um das Problem nicht zu verschärfen), dass eine der Anzeigeerstatterinnen täglich mit Schmähbotschaften verfolgt wird. Das ist der ganz falsche Weg gewesen, die seit September vergangenen Jahres mit dem bei Lettre International erschienenen Interview eröffnete Diskussion zu verweigern. Denn diese Debattenverweigerung (oder eben die Unfähigkeit, Reformangebote zu entwickeln) hat Sarrazin ja erst die Möglichkeit gegeben, „nachzulegen“. Zuwanderungsdebatte now, und den Provokateur Sarrazin (bestraft oder auch nicht) bitte schleunigst in den Ruhestand! Es sind der Provokationen genug gewechselt, machen wir uns an die Arbeit!

Sorry, the comment form is closed at this time.