Jan 112011
 

Ein recht aufschlussreicher Hörfunkbericht über die Rosa-Luxemburg-Konferenz lässt sich heute noch nachhören. Sehr unterhaltsam, sehr erbaulich!

Besonders beeindruckend:  Die laut gebrüllten Drohungen der Antifa-Saalschutzstaffeln: „Wir … kriegen … euch … alle … wir .. kriegen … euch .. alle …“

Die Drohungen richten sich gegen einige Demonstranten von der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS). Sie hatten sich erdreistet, an der Urania ein Transparent mit „Kommunismus  = 100 Millionen Tote“ zu entrollen.

Sofort stürzten sich Antifa-Sturmabteilungen mit Fußtritten und Faustschlägen auf die Gegendemonstranten. Das ist die berühmte „Antifa“, ein Berliner Zuchtgewächs.

Übrigens: Rosa Luxemburg setzte sich stets für die Freiheit der Andersdenkenden ein! Sie beklagte etwa, dass der russische Staat massiv gegen die Katholiken, Protestanten und Altgläubigen vorgehe und allein das Bündnis mit der orthodoxen Kirche pflege.

Außerdem war sie der Meinung, die ersten Christen seien – so wörtlich – leidenschaftliche Kommunisten gewesen, da sie privaten Reichtum abgelehnt hätten und alles der Gemeinde anvertraut hätten. Kommunismus wäre also im Grunde nichts anderes als ein politisiertes Christentum. Man lese doch ihren Aufsatz „Kirche und Sozialismus“ aus dem Jahr 1905!

Hierzu meine ich: Der Gemeindegedanke ist in der Tat zentral für das Christentum. Die Reichen sollen die Armen in der Gemeinde mittragen, sollen abgeben, so dass jeder einigermaßen würdig leben kann. Ganz entscheidend aber war: Der Reiche gab nicht aufgrund staatlichen Befehls seine Habe ab, sondern weil er es so wollte. Freiwilliges Abgeben, ja freiwillige Armut – das war und ist das Ideal für wichtige Strömungen im Christentum!

Niemand wurde gezwungen, Mitglied einer christlichen Gemeinde zu werden. Die frühen Christen, überhaupt das Christentum setzen kein messianisches Vertrauen in die Staatlichkeit, wie das die Sozialisten tun. Das Vertrauen der frühen Christen – und ich meine des Christentums überhaupt – galt und gilt dem vorbildlichen Menschen Jesus, galt und gilt überhaupt jedem Menschen in seiner Freiheit ja und nein zu sagen.

Das Christentum ist abgrundtief skeptisch gegenüber allen Heils- und Glücksversprechungen des Staates.

Der politische Kommunismus hingegen hat dieses Vertrauen in die Freiheit des Menschen nicht. Der politische Kommunismus ist absolut staatsgläubig – bis zum Erbrechen, bis zum Es-geht-nicht-mehr. Die kommunistischen Parteien haben überall und zu jeder Zeit, sobald sie an die alleinige Macht gelangt waren, vollständig auf die Zwangsmittel des Staates gesetzt.

Ob es bei der Durchsetzung des Kommunismus nun 70, 80, 90 oder 100 Millionen Tote „im Namen und zugunsten der kommunistischen Revolution“ gab, sei dahingestellt.

Die zentralen empirischen Analysen und messianischen Lehren des Marxismus halte ich für falsch.  Von der durch Marx, Engels und Luxemburg versprochenen Überwindung des Staates konnte und kann beispielsweise nirgendwo auch nur ansatzweise die Rede sein. Weder in den Staaten des demokratischen Sozialismus (etwa DDR oder UdSSR) noch in den skandinavischen Monarchien, noch in den autoritären Dynastien arabischer Prägung, noch auch in der freiheitlichen Demokratie (etwa EU oder USA) gab oder gibt es Anzeichen einer Abschaffung des Staates.

Entscheidend ist, dass weltweit alle real existierenden sozialistischen Staaten unter der Herrschaft der Kommunisten mit Terror, mit Unrecht, mit Gewalt ein staatliches Herrschaftssystem errichtet haben.

Ganz im Gegensatz dazu zeichnet sich die parlamentarische, rechtsstaatliche Demokratie dadurch aus, dass sie auf der Zustimmung der Mehrheit des Volkes ruht. Die parlamentarische, rechtsstaatliche Demokratie kommt mit einem Mindestmaß an staatlichem Zwang aus. Dass etwa Inge Viett weiterhin offen und öffentlich wie in den 70er und 80er Jahren in der Urania zu Straftaten aufforden konnte, werte ich als Beleg für die außerordentlich weitgefassten Grenzen der Meinungsfreiheit in der parlamentarischen Demokratie. In der DDR oder der UdSSR, in Nordkorea oder Kuba, aber auch in Algerien, Tunesien oder Syrien wäre sie mit ihrem offenen Aufruf zum gewalttätigen Gesetzesbruch nicht einmal ans Mikrophon gelassen worden. Und wenn sie doch einige ihrer Dreistigkeiten vom Stapel gelassen hätte,  wäre sie von der anwesenden Staatspolizei sofort verhaftet worden. Und wäre von den Kommunisten ab ins Lager verfrachtet worden.

Fazit: Die gebrüllten Rufe „Wie kriegen euch alle“ der Antifa-Sturmabteilungen lassen nichts Gutes hoffen. Das sind offenkundig schon die Sturmtruppen der angestrebten neuen Revolution.

Das ist eine Welt! Das ist die junge Welt! Möge sie niemals kommen.

Den Völkern hat diese kommunistische Suppe nicht geschmeckt. Soll man sie jetzt noch einmal anrühren?

Leseempfehlung:

Rosa Luxemburg: Internationalismus und Klassenkampf. Die polnischen Schriften. Herausgegeben und eingeleitet von Jürgen Hentze. Luchterhand Verlag, Neuwied und Berlin 1971, hierin: „Kirche und Sozialismus“, Seite 44-77, insbesondere S. 47

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