Jan 302011
 

29012011301.jpg Dieser wohlgemeinte Ratschlag Friedrich Nietzsches schoss mir heute in den Sinn, als ich an Potsdams Neuem Markt erstmals das neu hergerichtete Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte mit seinem sprechend-fragmentübersäten Innenhof besah. Was für ein herrlicher Sonnenschein! Kalte, klare, frostige, gleichsam nachgemeißelte Formen sind dort angeordnet, als wären es aufgebahrte Säulen. Über den Stolz hatte ich so manches im Einstein Forum erfahren. Und jetzt lagen die einst so stolzen, geriffelten Säulen da, fast niedergebeugt, und doch irgendwie noch durchleuchtet von einstiger Wucht. Zu wuchtig, zu stolz, um stehen zu bleiben?

Der Neue Markt in Potsdam hinterließ heute in mir einen der stärksten bildnerischen Eindrücke seit langem.  In der Regionalbahn zurück nach Berlin las ich in der Süddeutschen Zeitung Gustav Seibts Rezension der Arbeit von Katharina Mommsen über die Beziehung zwischen Schiller und Goethe. „War es Männerliebe?“

Mommsen hat sich wohl verstiegen mit ihrem Ansatz, Goethe und Schiller hätten eine im Kern homosexuelle Beziehung vertuscht und verdeckt.

Die Liebes-Diskurse des 18. Jahrhunderts kannten keine scharfe Scheidung zwischen Freundschaft und Liebe, standen nicht unter dem Bann der Prüderie, die später kam. Gerade so strotzend dem Weib zuneigende Männer wie Goethe und Schiller brauchten sich gar nicht dagegen zu wehren, einem Mann Zuneigung und wohl auch gar Liebe zu gestehen. Schön das Wort Goethes: „Gegen große Vorzüge eines anderen gibt es kein Rettungsmittel als die Liebe“. Dem entspricht Schillers Spruch:

„Dem Vortrefflichen gegenüber gibt es keine Freiheit als die Liebe.“

 Posted by at 00:55

Sorry, the comment form is closed at this time.