Feb 092011
 

Ein ganz grundlegender Unterschied zwischen den türkischen und den arabischen Organisationen  ist der unterschiedliche Rang, der Werten wie der Nation oder der Verwandtschaft beigemessen wird.

Für arabische Länder scheint nicht die Nation, also etwa „Tunesien“, „Ägypten“ usw. und noch weniger das Konstrukt einer „arabischen Nation“ vorrangig zu sein, sondern die Zugehörigkeit zu weitgespannten verwandtschaftlichen Netzwerken. Die Familie, die Sippe, der Clan sind weit wichtiger als der Staat! Darauf weist heute Boualem Sansal auf S. 2 der WELT hin:

Essay: Das Problem heißt Islam – Nachrichten Print – DIE WELT – Debatte -WELT ONLINE
Die andere Lesart der aktuellen Bewegung ist, dass sie nur eine neue Episode darstellt in den Kämpfen der Clans an der Spitze des Staates. In den arabischen Ländern ist die Macht eine illegitime. Jeden Tag muss – je nach Agenda – ein neues Gleichgewicht gefunden werden zwischen den verschiedenen Clans. Meistens ist eine Einigung schnell gefunden, man teilt sich problemlos den Gewinn. Aber manchmal muss lange verhandelt werden, manchmal greift man zu den Waffen, und die effizienteste Waffe ist das Volk.

Auch im Ausland bedeutet dies: Die familialen Netzwerke sind für Araber wichtiger als der Staat. Der Staat wird als Objekt der Ausnutzung gesehen.  So beklagen Polizisten immer wieder, sie würden an der Dienstausübung in teilarabisierten Straßenzügen Weddings oder Neuköllns gehindert. Warum ist dies so? Nun, die arabischen Clans versuchen einfach ihr Territorium zu erweitern. Der deutsche Staat ist geduldet, ja sogar willkommen, solange er durch fürsorgliche Zahlungen seinen Beitrag zur Herrschaftssicherung familiärer Netzwerke leistet und diesen Herrschaftsanspruch der Clans nicht durch lästige Parkstrafzettel oder ähnliche Zumutungen in Frage stellt. So entstehen letztlich die berühmten und von manchen Politikern wie etwa unserem Bürgermeister Schulz verteidigten arabischen Parallelgesellschaften. Die arabischen Clans versuchen unablässig ihren Einflussbereich zu erweitern.

Anders bei den türkischen Organisationen! Diese zielen nicht auf Erweiterung eines familialen, sondern eines nationalen Netzwerks. Die Zugehörigkeit zur türkischen Nation soll auch im Ausland gefestigt und behauptet werden. Ein Extremfall dafür ist Zypern, wo über Jahrzehnte hinweg eine Art türkische Quasi-Staatlichkeit aufgebaut wurde, die letztlich zur Abspaltung, zur Schaffung eines neuen türkischen Staates geführt hat.

Der türkische Staat erweitert also durch seine Auslandsorganisationen auch in Deutschland den Einfluss der ewigen türkischen Nation auch jenseits seines Territoriums, während arabische Sippen darum bemüht sind, den Einflussbereich ihrer Familie zu vergrößern, und sich recht wenig um Staatszugehörigkeit scheren.

Was wäre die Alternative zum türkischen Nationalismus und zum arabischen Familialismus?

Ich meine, als dritte Alternative sollte man „Personalismus“ nennen. Im Personalismus ist die Person, also der einzelne Mensch, der Träger aller wesentlichen Rechte und Freiheiten. Weder die Nation noch die Sippe, sondern der einzelne Mensch, die Person, ist die entscheidende Größe! Von der Person, von der unverletzlichen Würde und Einzigartigkeit jedes Menschen rühren die größeren, die übergeordneten und dennoch nachrangigen Größen wie etwa die Familie, der Staat oder die Nation her.

Die Person ist vorrangig mit Rechten und Pflichten ausgestattet, der Staat dient letztlich dem Schutz und der Pflege dieser Rechte und Pflichten der Person.

In genau diesem Sinne bekenne ich mich leidenschaftlich zum „Personalismus“ – wie etwa auch das deutsche Grundgesetz dies unvergleichlich klar in Artikel 1 tut:

 

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

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