Dez 242011
 

καὶ εἶπεν αὐτοῖς ὁ ἄγγελος· Μὴ φοβεῖσθε· – Und der Bote sagte ihnen: Habt keine Angst (Lukas 2,10).

Dieses gestern aufgenommene Bild zeigt ein paar elektrische Lichter in der Dunkelheit, einen Hinweis auf einen Storchenparkplatz und einen Pfeil, der den Weg zur Brandmeldezentrale weist. Wir sehen: Für Geburten gibt es heute Krankenhäuser mit gut ausgeschilderten Storchenparkplätzen, das Risiko der Feuersbrünste ist gemindert durch Warnmelder, echte Dunkelheit gibt es nicht, da Strom und Licht überall vorhanden sind. Wir dürfen sogar das allgegenwärtige Handy einmal abschalten. Wir könnten uns zu Weihnachten alle entspannen und locker chillen.

Wie haben wir es doch so herrlich weit gebracht in den letzten Jahrzehnten!

Mein aus Ägypten stammender Freund, der die Ereignisse des letzten Jahres am Tahrir-Platz miterlebt hat,  sagt es mir schroff und klar ins Gesicht: „Zu diesem Weihnachten bleiben zwei Zimmer dunkel: meins und das von Jesus.“ Ein großartiges, ein geradezu herzbezwingendes Wort: es führt die Nähe zu Jesus vor Augen. Denn wie sonst könnte Hamed etwas über Jesu dunkles Zimmer sagen?  Und zugleich zeigt diese Aussage die absolute Ferne von Jesus, die schlichte Wahrheit: „Ich kann nichts mit eurem Weihnachtsfest und eurem Jesus-Gebimmel anfangen. Bleibt mir damit vom Leibe!“ Ich muss sagen, ich mag all diese Menschen, die den Weihnachtsrummel in voller Überzeugung oder gar angewidert ablehnen.

Doch meine ich, dass man durchaus hinter die Glitzer- und Rummelfassade hineinleuchten kann. Nicht alles ist schon ein abgekartetes Spiel, nicht alles ist schön aufgeräumt und glühweinselig. Es gibt Zweifel und Unsicherheiten auch im bestausgeschilderten Parkplatz.

Liest man etwa die Beschlüsse des Europäischen Rates vom 09.12.2011 genauer durch, so wird man erkennen, dass sie von mannigfachen Ängsten getrieben sind: Angst vor dem Auseinanderbrechen der Währung, Angst vor dem Staatsbankrott, Angst vor dem Bedeutungsverlust und der Verarmung Europas. Die Staats- und Regierungschefs haben offenkundig den Überblick über das komplizierte Gefüge der Staatsfinanzen verloren. Sie weisen in ihrem Abschlussdokument ausdrücklich die zentral regulierte Währungs- und Wirtschaftspolitik als das entscheidende Fundament der europäischen Integration aus. Gedeih und Verderb der Europäischen Union hingen also am Geld. Politik bestünde also  darin, Geldwerte zu sichern, bestünde darin, den höchsten Wert für sich und seine Schäflein herauszuholen.

Nicht zufällig erschüttern immer wieder und gerade auch  in den letzten Wochen Geschichten über den falschen oder leichtfertigen Umgang mit dem Geld die Glaubwürdigkeit einzelner Politiker und auch der Politik insgesamt. Politik wird am Umgang mit Geld gemessen, das Geld und die Geld-Gerüchte liefern das Maß für den Wert der Politik.  Mit starrem Blick aufs Geld steigen und fallen die Kurse der Politiker.

Ist Geld alles?

„Fürchtet euch nicht!“ Die Geburt Jesu ereignete sich nach der ausmalenden Schilderung des Lukas  in notdürftigsten Umständen als erlebte Freude unter den Armen und Angstgeplagten des Altertums, den Hirten, die des Nachts ihre Herden hüteten. Für Jesus stand kein Storchenparkplatz bereit. Er wurde vorerst in einen Futtertrog abgelegt, und der Raum, in dem er geboren wurde, war wohl eine Ein-Raum-Wohnung, in der mehrere Menschen und allerlei Vieh den Platz teilen mussten.

Eine Brandmelde-Zentrale gab es nicht: die Hirten, die von einer Licht- und Feuererscheinung in Panik versetzt wurden, konnten keine Notruftaste drücken. Ihnen blieb nichts anderes als dem Wort des Boten zu vertrauen: „Jetzt geratet nicht in Panik. Fürchtet euch nicht.“ Und diese Botschaft wirkte. Das gesprochene Wort war für die Hirten stärker als die begreifliche Angst vor dem Unerwarteten.

In einem Kinderlied heißt es: „Die redlichen Hirten knien betend davor?“ Wieso redliche Hirten? Redlichkeit, das kommt von Rede, dem Reden vertrauen, sein Reden vertrauenswürdig machen. Redlichkeit ist das, was wir von den Hirten lernen können.

Sollen wir vertrauen? Heißt es nicht zu recht: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? Ich erwidere: Vertrauen in das redliche Wort ist nicht alles. Aber ohne Vertrauen in die redliche Kraft des Wortes ist alles nichts. Wenn wir dem grundsätzlich nicht mehr vertrauen können, was andere uns sagen, können wir uns alle Staaten und alle Staatenbündnisse oder Bundesstaaten und alle Europäischen und sonstigen Unionen gleich abschminken. Dann nützen auch Rettungsschirme und automatische Kontrollen nichts mehr.

Hat uns materiell unvergleichlich reicheren Europäern des 21. Jahrhunderts die Angst- und Armutsgeschichte des Lukas mit den redlichen Hirten heute noch etwas zu sagen?

Ich meine: ja! Der Evangelist Lukas rahmt die Geburtsgeschichte Jesu in einen staatspolitischen Rahmen höchster Stufe. Eine steuerliche Erfassung der Vermögenswerte aller Bürger war der Anlass der Wanderung von Maria und Josef. Der regierende Kaiser hatte offenkundig – wie die Regierenden in unserer Zeit – den nötigen Überblick über Soll und Haben verloren. In diese Ausnahmesituation fällt die Geburt Jesu. Spannend! Wie verhält sich der Erzähler Lukas zu den drängenden finanzpolitischen Fragen seiner Zeit? Welches Ergebnis brachte die Steuerschätzung? Wir erfahren es nicht.

Es ist enttäuschend: Die großen weltpolitischen Fragen werden ausgeblendet. Statt auf den Kaiser und seine großen Nöte richtet der Erzähler seinen Blick auf das Kleinste, Jämmerlichste, Ärmste und Unscheinbare.

Die Weihnachtsgeschichte spielt in einer Zeit größter Unsicherheit, größter finanzieller Risiken. Aber sie schlägt doch einen deutlich anderen Ton an als den Ton des großen und des kleinen Geldes, der heute unsere Medien und oft auch unser Denken beherrscht. Ich finde, die Weihnachtsgeschichte ist eine unterirdisch wühlende, wenn auch sanftmütige Kritik an der Anbetung des Geldes und der Macht.  Sie bereitet die Umwertung aller Werte vor, welche der Einbruch des Christentums für die damalige Welt und später für ganz Europa bedeutete.

Johannes, der vierte Evangelist, angeblich der Mann des Wortes, legt allergrößten Wert darauf, das Wirken Jesu in Jerusalem mit einer beispiellosen, ja gewaltsamen Tat beginnen zu lassen: mit dem Hinauswurf der Händler und Banker aus dem Tempel, der nicht nur religiöses Zentrum, sondern auch wirtschafts- und finanzpolitische Zentrale war. „Setzt euer Vertrauen nicht ins Geld, sondern in geistig-geistliche Werte!“  So deute ich diese Geschichte.

Die Geschichte von der Geburt Jesu  kann uns klarmachen, worin ein Sinn-Kern der Geschichte Europas besteht. Fürchtet euch nicht, habt keine Angst. Das sind wohltuende Worte in diesen wie wahnsinnig durcheinanderflatternden, viel zu aufgeregten Zeiten!

Wenn man sich heute, im Jahr 2011, in einen Zug setzt und von Moskau nach Lissabon fährt, wird man mehrere Zeitzonen durchmessen und Schlafwagenschaffner in 12 verschiedenen Sprachen Tee anbieten hören. Findet man Zeit auszusteigen und innezuhalten, wird man in allen Städten – ob nun in Moskau, Kiew, Warschau, Wien, Genf, Madrid oder Lissabon – chromstarrende Banken und Paläste finden, prachtvolle Schlösser und tuckernde Omnibusse. Aber man wird auch in allen diesen Städten Kirchen finden. Diese Gebäude sind gebaute Wahrzeichen,  die letztlich auf jene unscheinbare Geschichte in einer gedrängt vollen Einraumwohnung zurückgehen und auf jene Geschichten vom Vertrauen in das Wort verweisen: Fürchtet euch nicht. Diese Geschichte ist eine jener Geschichten, die Europa zusammenhalten könnten, wenn wir bereit wären, auf sie zu hören und einen Augenblick das Handy abzuschalten und innezuhalten.

Ich wünsche uns allen diese Fähigkeit, hinzuhören, Kraft zu schöpfen aus dem einigenden, dem redlichen Wort: Fürchtet euch nicht. Sicher: die weltpolitischen Fragen und Nöte sind nicht gelöst. Hunger, Tod und Krankheit, Krieg und Naturgewalten lauern.

Aber seien wir ehrlich: es geht uns in der Europäischen Union noch oder auf absehbare Zeit unvergleichlich gut. Kein neugeborenes Kind, so ersehnt wie sie alle sind, braucht heute in einem Futtertrog abgelegt zu werden. Der Storchenwagenparkplatz steht doch jederzeit bereit. Nahezu alle Menschen in der Europäischen Union sind dank Rechtsstaat, Demokratie und Marktwirtschaft von Not und Armut befreit. Wir könnten uns eigentlich freuen und versuchen, möglichst viele Menschen außerhalb unserer 27-Länder-Wohlstandsinsel zu ähnlichen demokratisch-rechtsstaatlichen Verhältnissen zu führen, wie wir sie genießen.

Warum haben wir nicht mehr Glauben, mehr Zuversicht? Ich vermute, es hat damit zu tun, dass wir der Angst noch zu viel Platz einräumen. Angst lähmt. Angst um des Geldes willen ist die lähmendste Angst. Für diese Angst besteht kein echter Grund. Denn Angst ängstet sich zuletzt um sich selbst.

Zu Weihnachten bietet sich uns nun die große Chance, diese Grundlosigkeit der Angst zu durchbrechen. Wir werden die Ängste nicht los, ebenso wenig wie wir unsere Not und unsere realen Schulden schnell loswerden. Aber wir dürfen erkennen, dass es etwas Größeres, etwa anderes als die Angst gibt: Vertrauen in das Wort, Vertrauen in den Nächsten, Hoffnung auf unsere Veränderbarkeit, Hoffnung, dass die Wanderung zu einem sinnvollen Ziel findet.

Wir setzen also der kalten Faust der Angst unser unerschütterliches Vertrauen in die Kraft des befreienden Wortes, in die Tüchtigkeit der europäischen Bürger, in den unverwüstlichen Friedenswunsch der Völker entgegen.

Das Glockengeläute, das man in Moskau, Kiew, Wien, Madrid oder Lissabon hören kann, ist nicht das lärmende Jesusgebimmel, vor dem mein ägyptischer Freund vom Tahrir-Platz sich zu recht scheut. Es ist ein Zeichen für das andere der Angst, ein Weck- und Merkzeichen der Freude. Das Glockengeläute sagt:  „Freut euch vorläufig, mindestens solange diese Glocke läutet. Lasst sie hineinläuten ins dunkle Zimmer.

Mit einer Wendung, die ich einem ergreifenden Choral im Weihnachtsoratorium Johann Sebastian Bachs entnehme, rufe ich Euch und Ihnen  zu:

„Seid froh dieweil!“

 Posted by at 01:10

Ist Berlin besonders von Armut betroffen?

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Dez 212011
 

191220111476.jpg

Wohlfahrtsverband: Berlin besonders von Armut betroffen – Berlin – Tagesspiegel
Buntes, lustiges Foto im Tagesspiegel: eine der wenigen Tausend Obdachlosen unserer Stadt, mit Einkaufswagen und allen Habseligkeiten. Aber das sind ja nicht nicht die definitorisch-statistischen Armen und Armutsgefährdeten, von denen es etwa 600.000 in unserer Stadt gibt. Echte, wirkliche Arme gibt es in Berlin höchstens einige Tausend. Alles andere ist gut gepolsterte Staatsabhängigkeit. Den Menschen, die als arm geführt werden, geht es materiell gut, sie führen ein materiell weitgehend sorgenfreies Leben, haben Wohnung, Essen, Kleidung, elektronische Unterhaltung, Heizung, die Kinder haben kostenlose Schulbildung, und alle haben medizinische Versorgung. Viele Arbeitslose haben darüber hinaus noch Arbeit. Noch einmal: „MIR FEHLT NICHTS!“, das höre ich straßauf, straßab bei uns im „Armutsviertel“ Kreuzberg.
Bilanz: Alles löchrig, was die wohlbestallten Armutsvormünder so verbraten. Die staatlich besoldeten Armutsvormünder und Armutsforscher leben gut von ihren Jeremiaden, und zwar üppig und reich.

Foto: Ein frisch gesprühtes Graffito im bunten Kreuzberg-West, Obentrautstraße. Mit Hammer und Sichel gegen die Massenverarmung und das Massenelend!

 Posted by at 17:38

Вас ждет ряд неприятных сюрпризов, oder: Eine Migrantenmutter packt aus (2)

 Gute Grundschulen, Integration durch Kultur?, Sprachenvielfalt  Kommentare deaktiviert für Вас ждет ряд неприятных сюрпризов, oder: Eine Migrantenmutter packt aus (2)
Dez 192011
 

16022010002.jpgКонтрольные работы.Контрольные работы бывают крайне редко и
служат не для проверки знаний по отдельным темам,как это было в наших
школах.Это,в основном,какие-то тесты,спускаемые „сверху“раз в
полугодие,где в одних школах проверяют одно,в других другое.В одной
школе почему-то тест только по математике,в другой по всем предметым,в
третьей по немецкому языку и т.д.Везде пункты,нет оценок.Иногда
результаты просто сравниваются со среднестатистическими по никому
неведомым критериям.
Дисциплина и ориентация на успех.
В Российской школе худших учеников пытались подтянуть к лучшим.Здесь
наоборот!Невероятно,но факт!Ребенок быстро выполнил задание и решил еще
пять лишних примеров.Его ругают,и говорят,чтобы в другой раз он так
делать не смел!Много слышала подобных историй от разных мам из разных
школ.На родительском собрании по случаю начала первого учебного года
меня отчитали за то,что я испортила жизнь своему ребенку,который давно
умеет читать и писть на двух языках,т.к. ему теперь будет скучно в школе.
Часто распущенность в поведении приравнивается к свободе
самовыражения,которую ни в коем случае нельзя ущемлять.До сих пор стоят
перед глазами полосатые носки одной девицы,которая в присутствии учителя
и директора школы,отвечала урок,положив ноги на парту!И никто ей не
сделал замечание!Школа гордилась своей особой свободой
самовыражения,т.к.называлась Школой Монтессори,хотя по сути ею далеко не
являлась,но это отдельная тема.
И последний гвоздь в гроб немецкого среднего образования попытались
забить неизвестные (нам!)чиновники,которые в виде эксперимента (над
нашими детьми!)ввели объединение с первого по третий и с четвертого по
шестй класс в одном классе.Подобные примеры были известны в деревнях
18-19 века,где была одна школа в какой-нибудь избе и такое малое
количество учащихся,что их нельзя было разделить на классы,как в
рассказе Толстого „Филиппок“.И напрасно отчаявшиеся родители писали
письма и ходили на демонстрации.Никто с ними не считался,систему ввели
во всех школах Берлина,обосновав это тем,что дети более старшего
возраста будут обучать младших.А что будет делать учитель в это время?И
кто будет учить старших детей?К счастью,через два года это отменили,как
обязательное нововведение,и школы,которые особо бурно
протестовали,смогли вернуться к старой системе.Только кто вернет детям
два года жизни в наиболее оптимальном для обучения возрасте?Не ввести ли
уголовную ответственность за подобные подвиги?Но,к
сожалению,преступления против культуры преступлениями не считаются!За
кражу вещей предусмотрено наказание,за кражу лет и образования Вам не
принесут никаких извинений.Это называется „просто не повезло“.
Самое страшное.Все вышеизложенное собираются вводить и уже почти
ввели в России,вместе с так наз.ЕГ.Храню статью из газеты Frankfurter
allgemeine Zeitung о реформе в русской школе под названием „Школа для
зомби“ от 21 января 2011 года.Они только забыли приписать в конце этой
статьи,что их собственная школа такой является уже давно!!!И что плоды
уничтожения культуры вцелом мы уже давно пожинаем здесь!От этого нам так
страшно,что теперь волна всеобшей дебилизации докатилась до России!
Но это тоже отдельная тема.
О школе имени Ломоносова.Минус только один – она платная.Но иначе
не выжить!Плюсов масса.Преподавание ведется на двух языках,причем всех
предметов!И этим она выгодно отличается даже от т.наз.Europa-Schule,где
одни предметы всегда на немецком,а другие всегда на
русском.Непонятно,как дети должны переводить сравнительно сложные
понятия с одного языка на другой,если они выучили материал только на
одном языке.С этим они столкнутся при переходе в гимназию.В нашей школе
немецкая и русская программы соотнесены друг с другом и идут
параллельно.Русская литература и остальные предметы изучаются по
учебникам и программе русской средней школы.В программу включены
произведения классической литературы.Есть учебники,программы и домашние
задания,контрольные работы и оценки.Конечно есть и фронтальные занятия
по всем предметам на обоих языках.При том,что в нашей школе существует
строгая дисциплина и организованность,атмосфера удивительно теплая и
доброжелвательная.Помимо русского и немецкого большое внимание уделено
изучению английского языка.Есть множество кружков и группа продленного
дня,где с детьми занимаются опытные и доброжелательные
воспитатели.Педагоги отличаются высоким профессионализмом,любовью к
своему делу и к детям.
Приходите в нашу школу!

18 декабря 2011г.

Irina Potapenko

 Posted by at 23:47
Dez 192011
 

Immer wieder erstaunt es mich zu sehen, dass in der Berliner Schulpolitik sehr viel über die Migranten gesprochen wird, aber zu wenig mit ihnen.  Was wollen die Väter und Mütter, die aus Italien, Türkei, Syrien oder Russland nach Deutschland zuwandern, für ihre Kinder? Was erwarten sie von der deutschen Schule? Was sind sie selbst bereit zu leisten? Ich suche jede Möglichkeit, mit den Eltern selbst zu sprechen und freue mich über jedes offene Wort. Soeben erreicht dieses Blog aus der Tastatur einer russischen, in Berlin lebenden Zuwandrerin, der Mutter eines Grundschülers, eine erfahrungsgesättigte Analyse des deutschen oder besser Berliner Schulwesens.  Die Verfasserin kennt zahlreiche Berliner Schulen und Kitas, leistet seit einigen Jahren Theater- und Musikarbeit an Kitas und Grundschulen. Sie jammert also nicht rum, sondern macht sehr viel.

Irina Potapenko räumt mir das Recht ein, diese Rede einer russischen Mutter an die Eltern mit Migrationshintergund unverändert abzudrucken. Eine knappe Zusammenfassung der von mir gehörten Rede habe ich übrigens bereits am 26.11.2011 in diesem Blog unter dem Titel Warum-will keiner Berlins größtes Problem in die Hand nehmen eingestellt.

Eine deutsche Übersetzung der nachfolgenden Rede ist in Bearbeitung. Meine eigene knappe Antwortrede auf Irina Potapenko werde ich demnächst ebenfalls hier in diesem Blog zur Diskussion stellen.

Уважаемые родители!

Если Вам еще не приходилось сталкиваться с немецкой системой начального и среднего образования,мужайтесь!Вас ждет яд неприятных сюрпризов.Речь пойдет не о каких-то отдельных исключениях,а об общих тенденциях современной немецкой школы.Вам придется обучать детей не благодаря школе,а вопреки,т.к. вместе с самим бразованием отменены семь основополагающих моментов,на которых и держалось классическое образование.

Это:1)Программы,2)фронтальные
занятия,3)Учебники,4)Оценки,5)Домашние задания,6)Контрольные
работы,7)Дисциплина и ориентация на успех.
Теперь конкретно и по пунктам.Программы.В разных школах проходят совершенно разные темы в совершенно разных последовательностях.Педагоги самостоятельно выбирают материал и последовательность его зложения.Многие критиковали „программное единство“ советских школ,когда
начав учиться в Москве,ученик мог продолжить свое обучение в любом ругом городе прямо с той же страницы того же учебника из-за единой для сех школ программы.Оказалось,что это имело большой смысл.Любой педагог ог проследить как усвоен материал,на какие отдельные моменты нужно
обратить внимание,что необходимо повторить,с чем ученик справился.Здесь, ерейдя из одной школы в другую,невозможно составить никакого понятия о
том,какие темы пройдены,а какие нет,т.к. просто неизвестно, чем с детьми анимался предыдущий педагог.Часто темы излагаются сумбурно.Особо важные моменты не прорабатываются,не закрепляются.Пример из собственного
опыта.Ребенок приносит из школы тетрадь,которая называется „Мои части ечи“,где сразу собраны все подряд части речи.Если хочешь разобраться –
смотри и читай сам.Вскоре после этого на листочке получаем следующее адание :“Напиши,как здесь:
прохладный – холодный – ледяной.“Я спрашиваю:“Вы проходили равнительные степени прилагательных?“- „Нет.А что такое рилагательные?“При этом в тетрадке с частями речи прилагательные,конечно есть,просто изучать их ребенок должен,по всей вероятности сам.Еще один пример „новаторского“отношения к преподаванию немецкого
языка был приподнесен моей знакомой в средней школе,которая считается учшей в их районе.Там дети до третьего класса пишут слова так,как
слышат.Они потом,якобы сами научатся правильно
писать!Спрашивается:откуда?И где гаранития?
Фронтальные занятия.Объяснение педагогом материала у доски,когда весь класс проходит одну и ту же тему, встречается крайне редко.Обычно раздаются листочки с заданиями и все сидят за партами и выполняют их, кто как может.Одна моя
знакомая,чьи дети посещают школу в Панкове,решила в течение трех недель оприсутствовать на занятиях,чтобы выяснить,почему дети за два года очти ничему не научились.Ей удалось подсчитать,что время фронтальных
занятий по немецкому языку составляет примерно 15 минут в неделю.Точно ак же было и в нашей предыдущей школе.Удивительно,что при потрясающем
богатстве немецкой литературы, из программы просто изъяты произведения лассиков!Вместо Айхендорфа и Гете изучаются неизвестно кем составленные римитивные по содержанию тексты о пиратах и индейцах,или шедевры“,вроде „Анна и Петер в овощном отделе супермаркета“.
Учебники.
В школах постоянно раздаются листочки с заданиями.В лучшем случае существуют рабочие тетради по некоторым предметам.Учебников же,как аковых,нет!Я решила выяснить почему.Сначала мне сказали,что у школы нет
денег!В Германии,в Берлине,у школы,где есть настоящий концертный зал с роялем,кружок керамики с керамической печью,собственный автобус с шофером,который возит детей в бассейн,куча самых разных спонсоров,разные ружки и многое другое,нет денег на самое необходимое,на учебники! Я
предложила собрать деньги с родителей и сделать копии,что будет стоить остаточно дешево.Тогда мне сказали,что учебники у них в школе не приняты и все.Без дальнейших объяснений и обоснований.

Оценки.
С покон веков во всех школах существовали оценки.Знаете ли Вы,что они,оказывается,унижают учащихся?!Никогда не унижали,а теперь стали нижать!Ребенок может внезапно выяснить,что он плохой ученик, и асстроиться,еще чего доброго!А так не сравниваешь себя ни с кем,не знаешь хорошо ты учишься,или плохо,зато спокоен!Ни тебе унижений,ни
критериев учебы!Все равны,и двоечники и отличники!Не надо стремиться лучшить успеваемость,да и родители спокойны,понятия не имеют ,как ты чишься.
Домашние задания.
Домашние задания практически не задавались.Дневник был всегда бсолютно пустой.За три недели две-три записи,одна из которых ласила,например :“Принести пластилин“.Если что-то задавалось,то почти е проверялось.Или проверялось в двух случаях из шести.
(продолжение следует)

 Posted by at 23:40

Pidiendo una Europa desde dentro – Um ein Europa von innen bittend

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Dez 162011
 

Kann Europa aus bürokratischen Mammutverträgen neue Vitalität gewinnen? Ein klares Nein spricht dazu Werner Weidenfeld aus, der Direktor des Centrums für angewandte Politikforschung am Geschwister-Scholl-Institut der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nachdem er umfänglich die mangelnde Identifikation der Bürger mit der EU, die fehlende Begründungslogik der EU-Apparate durchleuchtet hat, schreibt er hellsichtig im Jahr 2011:

„Deswegen ist jetzt die Frage zu stellen, womit Europa neue Vitalität finden kann. Sie wird nicht aus bürokratischen Mammutverträgen erwachsen. Europa kann heute nur als die rettende, elementare Antwort auf die Globalisierung und ihre Krisen ein neues Ethos entfalten. In der Globalisierung liegt die Idee für die neue, kraftvolle Begründung. Ein[en] Aufbruch aus der zweiten Eurosklerose kann nur vermitteln, wer die Kunst der großen Deutung beherrscht.“

Es geht also um ein neues Ethos, oder vielmehr die Wiederbelebung eines europäischen Ethos, das nicht von oben herab aus den europäischen Mammutverträgen träufelt, sondern gewissermaßen von unten und von innen her aufquillt.

Wer hat Europa gemacht?  Was macht Europa aus? Eine verblüffende Antwort auf diese Fragen fand ich gestern in einem Interview der Bundesbildungsministerin Schavan. Sie verlangt eine Rückbesinnung auf die große Idee der Freiheit, sie bezeichnet Bildung und Kultur als den größten Reichtum Europas, und sie zitiert Cervantes: „Europa wurde von den Pilgern gemacht.“ Sehr lesenswert, sehr überlegenswert, finde ich. Es geht hier gleichsam um ein Europa von unten her, von den Fußwanderern her – oder besser gesagt um ein Europa von innen her, das man sich „erwandern“, oder „erpilgern“ kann.

Also – machen wir uns auf einen Weg!

Hier das Interview:

Wer macht Europa? « Politikselbermachen

Das Zitat zur „Kunst der großen Deutung“ findet sich hier:
Werner Weidenfeld: Europäische Einigung im historischen Überblick, in: Werner Weidenfeld/Wolfgang Wessels (Hrsg.): Europa von A bis Z. Taschenbuch der europäischen Integration. Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 12. Auflage 2011 [=Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2011] S. 11-45, hier S. 45. Das Buch ist wohlfeil zum Preis von 7.- Euro in der Bundeszentrale erhältlich!

 Posted by at 12:33

Fahrrad und Füße statt Auto, oder: Ist Armut das größte aller Übel?

 Angst, Antike, Armut, Deutschstunde, Europäisches Lesebuch, Fahrrad, Geld, Griechisches, Orthopädie, Tugend  Kommentare deaktiviert für Fahrrad und Füße statt Auto, oder: Ist Armut das größte aller Übel?
Dez 152011
 

Feurio, Feurio, unser Wohlstand steht auf dem Spiel!

Zerstochen von den Fliegen des Finanzmarktes, suche ich Zuflucht in den Quellen des europäischen Denkens, das nirgend uns so würdig brennt als in den griechischen Schriften des Altertums! Es gibt ja heute mehr als einen Grund, wieder Griechisch zu lernen. Ja, ach möge doch in Europa wieder mehr Griechisch gelernt werden! Es war jahrhundertelang eine lingua franca des gesamten Mittelmeerraumes. In griechischer Sprache entstand das, was den Geist Europas bis heute prägt.

Kinderarmut, Altersarmut, Bildungsarmut … der Übel größtes scheint heute die Armut zu sein.

Doch ich widerspreche: Es ist mehr die Angst vor der Armut, die uns in der Europäischen Union lähmt. Eine gewisse Armut gibt es innerhalb der EU nur noch in wenigen Gegenden Bulgariens und Rumäniens. Aber auch diese wird schon bald der Vergangenheit angehören.

Ich behaupte: der größten Übel eines ist nicht die Armut, sondern die Angst vor Armut.

Umgekehrt gilt vielfach staatliche Mehrung und staatliche Umverteilung des stattlichen Wohlstandes, Sicherung des Geldwertes auf Kosten der nachfolgenden Generationen als die entscheidende Triebkraft der staatlich gesteuerten, von oben herab lenkenden Politik, ja als der Sinn von politischer Lenkung überhaupt.

Μακάριοι οἱ πτωχοὶ τῷ πνεύματι, ὅτι αὐτῶν ἐστιν βασιλεία τῶν οὐρανῶν. 

Ganz anders klingt die reiche orientalische und europäische Tradition der gesuchten und gepriesenen Armut: „Sælic sind die armen des geistes, wan daz himelrîche ist ir.“ So fand ich es übersetzt in einem vor drei Jahren erschienenen brandaktuellen Buch.

„Ein ûzwendigiu armuot, und diu ist guot und ist sêre ze prîsenne an dem menschen, der ez mit willen tuot.“

Meister Eckart ist einer der größten europäischen Sprachpfleger: schöpfend aus der Antike, übersetzend, predigend, anverwandelnd. Vor allem hat er seine deutsche Muttersprache als gleichwertig mit den heiligen Sprachen des Altertums zu beleben gesucht.

Sollte die europäische Politik sich offen wie der von mir so hoch geschätzte Meister Eckart zum erzieherischen Wert der Wohlstandminderung bekennen, statt wie bisher ihren vornehmsten Sinn in der Hebung und Sicherung des Wohlstandes dank defizitfinanzierter Geldgeschenke zu sehen?

Freiwillige Wohlstandsminderung? Treppensteigen statt Aufzug? Fahrrad statt Auto? Müssen wir uns nicht etwas ärmer, etwas ehrlicher, etwas redlicher machen als wir eigentlich sind? Was sagen die Gelehrten, Doktoren und Professoren dazu?

„Nutzen Sie jede Gelegenheit zur Bewegung, das heißt Treppe statt Aufzug, Fahrrad statt Auto.“

Genau dieses Beispiel der freiwilligen Armut verlangt heute von uns Prof. Dr. med. Dr. med. habil . H. Michael Mayer, Orthopäde, Mitglied des Medizinischen Beirates der Versicherungskammer Bayern, Wirbelsäulenzentrum Orthopädische Klinik München-Harlaching

Zitatnachweise:

Meister Eckart. Predigt über Beati pauperes spiritu (P 52), in: Meister Eckart. Werke I. Texte und Übersetzungen von Josef Quint. Herausgegeben und kommentiert von Niklaus Largier. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 2008, S. 550

H. Michael Meyer: Fahrrad und Füße statt Auto, in: gesundheit aktuell. Der Gesundheitsratgeber der Versicherungskammer Bayern. Ausgabe 4/2011, S. 15

 Posted by at 09:28

Angst um das Geld als unerschütterliches Fundament Europas

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Dez 132011
 

Nisi dominus aedificaverit … so erscholl es kürzlich in einem kleinen Konzert mit geistlicher Musik. Woher mögen diese Sätze stammen? In dem Text ging es um einen verlässlichen Grundstein für ein Haus. Welches Haus?

Einen klaren Grundstein, ein eindeutig geregeltes „Fundament“ für das Europäische Haus will das Abschlussdokument des Europäischen Rates vom 09.12.2011 legen:  Geld und wirtschaftspolitische Steuerung sind der Grundstein.

Die gesamte Architektur der Europäischen Union nimmt nunmehr Maß am Geld.

Man lese die einleitenden Abschnitte. Es sind mächtige, kyklopisch hingewuchtete Sätze! Von Fundament, von Säulen ist da die Rede. Von sozialem Zusammenhalt, der durch  finanz- und wirtschaftspolitische Steuerung gefördert werden müsse, ist die Rede.

  • Damit das Geld in Zukunft als Fundament der Europäischen Union funktionieren kann, muss die Politik, müssen wir alle der Stabilität des Geldes dienen.
  • Es sind angstgetriebene Sätze, die da zu lesen sind. Mannigfache Ängste und Misstrauen haben hier die Feder geführt:  Angst vor dem Auseinanderbrechen der Währung, Angst vor dem Staatsbankrott, Angst vor dem Bedeutungsverlust und der Verarmung Europas, Misstrauen gegenüber dem Handeln der einzelnen Regierungen der Mitgliedsländer.
  • Ich  vermisse in all den säuberlichst abgezirkelten Kontrollmechanismen ein sichtbares Zeichen des Vertrauens.
  • Man mag es begrüßen, dass endlich nicht mehr in Sonntagsreden von Freiheit, von Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit die Rede ist. Die Staats- und Regierungschefs weisen in ihrem Abschlussdokument ausdrücklich und in wünschenswerter Offenheit die stärker regulierte Währungs- und Wirtschaftspolitik als das entscheidende Fundament der weiterschreitenden europäischen Integration aus.[i]
  • Hängen also Gedeih und Verderb der Europäischen Union letztlich am Geld?
  • Ich empfehle als Begleitlektüre des Schlussdokumentes die Titelgeschichte des aktuellen SPIEGEL, die ich für sehr gut recherchiert halte! Die Journalisten haben sich auf die Spuren des Romans ANGST von Robert Harris begeben und den Herren des Geldes einige Wochen über die Schulter gelugt.
  • Künstlerisch ist der Roman ANGST ihnen überlegen, sachlich stelle ich große Übereinstimmungen fest. Dieser Roman hat es zwei Wochen vor Weihnachten von Platz 11 auf Platz 2 der Bestsellerliste im nämlichen Magazin geschafft!
  • Die Angst steht hoch im Kurs!

 


[i] http://www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/de/ec/126678.pdf, hier insbesondere S. 2 und passim

126678.pdf (application/pdf-Objekt)

 Posted by at 20:07
Dez 112011
 
Ich warne vor oberflächlichen, vorschnellen Urteilen! „Robert Harris ist doch nur ein oberflächlicher Krimi-Autor. Ihm fehlt Tiefgang“, hielt mir bei einem Gläschen Trollinger jemand vor, als ich empfahl, Robert Harris‘ Buch The Fear Index unter den Weihnachtsbaum zu legen. Ich erwiderte trocken: „Er ist auch ein bestechender Krimi-Autor, aber er kann wie kein zweiter erzählen, wie die Finanzmärkte heute arbeiten! Große Klasse! Und bedenkt“, fuhr ich fort, während ich dem Abgang des Trollingers nachspürte, „die EU-Staatshaushalte und die EU-Staaten werden dank selbstverschuldeter Staats-Schulden an den Börsen weiterhin ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Also verschenkt und lest zu Weihnachten The FEAR INDEX von Robert Harris. Bitte habt Mut zur Oberflächlichkeit!“

Unter einer schillernden Oberfläche lauern so manche lachenden Ungeheuer. Das Meer ist tiefer als so mancher Tiefsinnige gedacht!

Robert Harris: The Fear Index. Hutchinson, London 2011, 323 Seiten, 15.00 Euro

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„Rivoglio l’Italia di una volta“, oder: 馬斯康尼: 鄉村騎士-間奏曲 林克昌指揮長榮交響樂團

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Dez 092011
 

„Ich möchte das Italien von früher zurückhaben – rivoglio l’Italia di una volta“, schrieb ein italienischer Hörer zur Youtube-Aufnahme des Intermezzo aus der Cavalleria rusticana mit Riccardo Muti.

Den meisten mag dieses Gefühl bekannt sein: „Ich möchte das Livorno/Bari/Augsburg/Kreuzberg/Shanghai/Lima von damals zurückhaben.“

Die Schönheit der damals gehörten Musik bewahrt die Erinnerung an des Damals auf.

Dennoch kann diese Sehnsucht nach der Welt von gestern trügen. Nicht in dem Heimweh nach der Vergangenheit, sondern im Wiederbeleben des Schönen, in der kultisch erlebten Wiederholung des Glücks gelingt es, das Damals mit dem Jetzt auszusöhnen. Diese unfassbare starke Kraft der Versöhnung durch das Schöne erhellt auch daraus, dass Musik wie etwa Piero Mascagnis Intermezzo weit weit hinaus in die Welt getragen wird – und überall die Menschen zu ähnlichen Stimmungen bewegt:

Das zeigt auch folgende Einspielung desselben Stücks:

馬斯康尼: 鄉村騎士-間奏曲
林克昌指揮長榮交響樂團

林克昌 (Lim Kek-tjiang) dirigiert so gut, die Musikerinnen spielen so ergreifend, dass ein 95,25 kg schwerer englischer Brummifahrer bekennt:

 Im here because this bring me to tears and im a 36 year old 15 stone truck driver …

Eine ganz ähnliche Erfahrung mache ich jedes Mal, wenn ich den Einleitungschor zu Bachs Weihnachtsoratorium höre oder gar selber mitspiele. Erst vor wenigen Tagen, an einem Samstag, wohnte ich zufällig einer öffentlichen Probe dieses überwältigenden „Jauchzet, frohlocket“ bei. Es spielten Schüler, es sang der Elternchor des Evangelischen Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin. Die Pauken fehlten bei der Probe noch, also wurden sie von der Pianistin hilfsweise (also subsidiär) nachgeahmt.

And you know what: This brought me to tears and I’m a 15 stone rough, hardboiled, poor blogger from the bare, bleak and desolate townscape of Kreuzberg.

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Dez 092011
 
Gestern lebhafte, spannende Debatte des CDU-Ortsverbandes Kreuzberg-West zur Lage der EU – zeitgleich mit dem Brüsseler Gipfel. Der an Empörung grenzende Unmut über die Regierungen der EU-Staaten war am Stammtisch mit Händen greifbar. „Sie kriegen es einfach nicht gebacken, das passt alles nicht zusammen, es fehlt in der Politik an Redlichkeit.“ Den Wählern werden goldene Berge versprochen, die Verschuldung der öffentlichen Haushalte ist unerträglich. In London kaufen die Superreichen Griechenlands mit EU-Mitteln ganze Straßenzüge auf, zuhause in Griechenland wächst Arbeitslosigkeit, Verschuldung und gerechter Zorn. Dennoch: die Fiskalunion, die automatischen Verschuldungssanktionen, die Rettung des Euro und der Europäischen Union wurde von den CDU-Stammtischlern als richtig bezeichnet. „Wir wollen die EU und den Euro erhalten – aber nicht so.“ Es kommen härtere Jahre!
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Dez 082011
 

EUROPA NEU ERZÄHLEN!

          ENTWURF einer KREUZBERGER ERKLÄRUNG –
08.12.2011

1)       Jauchzet, frohlocket! Wir bekennen uns als europäische Bürger mit großer Freude zur Europäischen Union. Die Europäische Union ist auf Werten begründet, für die wir uns leidenschaftlich einsetzen, insbesondere auf der Würde jedes einzelnen Menschen, der Freiheit, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Das wachsende Haus Europa erfüllt uns deshalb mit großer Freude. Die Europäische Union hat einen in der Geschichte bisher nicht dagewesenen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geschaffen.  Diesen Raum gilt es zu pflegen und zu festigen. Wir wollen, dass die Europäische Union in allen Teilen wächst und gedeiht.

 

2)       Kein Haus wird vom Dach her gebaut. Das offene Haus Europa muss von unten her errichtet werden.  Der intergubernative, von oben her lenkende, verfügende Ansatz stößt immer wieder an Grenzen, da jede Regierung bemüht ist, auf Kosten des europäischen Baus das Beste für das eigene Land herauszuholen. Wir bemängeln an der jetzigen Verfasstheit der Europäischen Union eine unvollständige Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips.

   

3)       Das Problemgefüge, das seit etwa 15 Jahren konsequent auf unsere seit 2008 herrschende Finanz- und Währungskrise hingeführt hat, liegt ursächlich vor allem in der übermäßigen Verschuldung der öffentlichen und privaten Haushalte. Dafür sind die europäischen Regierungen und die von den Regierungen und Notenbanken übermäßig mit Einkommenszuwächsen beschenkten europäischen Bürger verantwortlich zu machen. Die Gemeinschaftswährung Euro verlangt die nachholende Zustimmung der nachgeordneten Organe, letztlich die nachholende Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger.

 

4)       Hätten europäische Bürger und europäische Regierungen in den vergangenen 15 Jahren stets sorgfältig und nachhaltig gewirtschaftet und ihr Tun und Lassen offen und ehrlich erklärt, wären wir nicht in der Lage, in der wir heute sind. Erschwerend kommt das Handeln bestimmter Marktteilnehmer am Finanzmarkt hinzu. Die europäischen Regierungen haben es bisher versäumt, den Finanzmarkt so zu regeln, dass er nicht zum Nachteil der öffentlichen Haushalte Unterschiede in den Zahlungsbilanzen und der Effizienz der Volkswirtschaften ausnutzen kann.

Nicht alles an der seit 2008 andauernden Finanz- und Europa-Krise haben die Regierungen der EU-Länder oder die ominösen Märkte zu verantworten. Einiges an der Vertragskonstruktion ist nicht kohärent. Gerade die wirtschafts- und finanzpolitischen Steuerungsmechanismen des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) schränken oft die Handlungsfreiheit von Parlamenten und Regierungen in einer Weise ein, die nur mit aktiver Beteiligung der Parlamente vertretbar wäre.

         Diese damals politisch gewollten Festlegungen der Lissabonverträge erweisen sich in unseren Tagen zunehmend als Danaergeschenk, zumal sie auch in nationales Recht, etwa in das Recht der Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurden, ohne dass hierüber auch nur der Ansatz einer ausreichenden Debatte stattgefunden hätte. Besonders verheerend wirkte es sich aus, dass die vorher vereinbarten Stabilitätskriterien sanktionslos von der Mehrzahl der Staaten verletzt worden sind und verletzt werden. Dadurch haben die Staaten zugunsten eines vorübergehenden materiellen Gewinns Vertrauen eingebüßt.

Nicht die Sicherung und Mehrung des materiellen Wohlstands sehen wir als den Sinn der Europäischen Union an, sondern die Bewahrung von Freiheit und Demokratie, von Menschenrechten und frei gewählter Verantwortung füreinander. Die Wirtschaftsordnung, die gemeinsame Währung, aller materielle Wohlstand dienen diesem überragenden Ziel der Sicherung der Freiheit. Der Euro und der materielle Wohlstand sind kein Selbstzweck. Dies bedeutet unseres Erachtens: Wir Europäer sind bereit, um des übergeordneten Ziels der Freiheit und europäischen Solidarität willen materielle Einbußen zu erleiden. Der Segen ruht auf den Ärmeren. Wir sind bereit, einen Teil des Wohlstandes, nämlich den durch Staatsschulden finanzierten Teil unseres privaten Wohlstandes aufzugeben, und wir fordern die Regierungen auf, ihre defizitfinanzierten Wohltaten an bestimmte Gruppen abzubauen.

8)     Wir verlangen eine nach den Prinzipen der repräsentativen Demokratie, der Subsidiarität und der Rechtsstaatlichkeit ausdiskutierte Verfassung der Europäischen Union. Zu diesem Zweck schlagen  wir eine in den europäischen Gesellschaften erst noch zu führende, ausführliche Debatte vor.

9)       Wir brauchen Sterndeuter für die 12 strahlenden europäischen Sterne! Das europäische Vorhaben wird zu wenig erklärt, zu wenig vermittelt, zu wenig mit Überzeugungskraft aufgeladen. Wir wollen, dass Europa im Geist der Freude und des Wohlergehens neu erzählt wird.

10)   Fürchtet euch nicht! Falsch ist es, die Europäische Union auf Angst zu begründen, auf Angst vor dem schwindenden Einfluss in der Welt, Angst vor dem Zusammenbruch der Währung und der Märkte. Wir setzen der kalten Faust der Angst unser unerschütterliches Vertrauen in die Kraft der Freiheit, in die Tüchtigkeit der europäischen Bürger, in den unverwüstlichen Friedenswunsch der demokratischen Völker entgegen. Am unnötigsten ist die Angst vor der Armut. Echte Armut gibt es in der Europäischen Union nicht. Eine freudig bejahte Absenkung des Lebensstandards, ein Verzicht auf überflüssigen Reichtum  zugunsten unserer  Kinder und Kindeskinder ist etwa Gutes. Wir sind bereit dazu. Eine Gleichwertigkeit der materiellen  Lebensverhältnisse in der Europäischen Union ist für uns kein unverrückbar erstrebenswertes Ziel. Die europäische und innerstaatliche Geldverteilungspolitik muss deutlich zurechtgestutzt werden. Wenn kein Bettchen für das Neugeborene in der Wohnung ist, müssen die Menschen in der Ein-Zimmer-Wohnung näher zusammenrücken und Platz für das Kind schaffen.

11)   Jauchzet, frohlocket! Durch die gemeinsame Kultur, durch die wiederholte, bewusst gepflegte Begegnung in Rede und Gegenrede kann die Europäische Union mit europäischem Geist erfüllt werden. Hierbei kommt der griechisch-römischen Antike und der geistlichen Prägekraft der Religionen herausragende Bedeutung zu. Besonders gilt es deshalb, die Vielfalt der Sprachen zu pflegen und die besonderen Erfahrungen und Wünsche der ab  1995 beigetretenen Länder zu würdigen.

12)   Die gemeinsame Währung, die Wirtschaft sind nur eine Klammer, aber kein Grund, auf dem das Haus Europa gedeihen kann. Die Europäische Union vorrangig auf dem Geld begründen zu wollen, ist ebenso verkehrt wie der gescheiterte Versuch, sie auf dem Schwert, also der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft zu begründen.  Europa kann nur auf dem befreienden, dem redlichen Wort begründet werden. Dazu wollen wir als Bürger unseren Beitrag leisten, daran wollen wir uns messen lassen.

 

 Posted by at 16:54

Salviamo l’Europa – Retten wir Europa!

 Europäische Union, Rechtsordnung, Staatlichkeit  Kommentare deaktiviert für Salviamo l’Europa – Retten wir Europa!
Dez 082011
 

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Das Buch von Jürgen Habermas las ich gestern. Mit vielem trifft Habermas den Nagel auf den Kopf, etwa wenn er bewusst eine neue, nach den Prinzipen der repräsentativen Demokratie, der Subsidiarität und der Rechtsstaatlichkeit ausdiskutierte Verfassung der Europäischen Union fordert. Hier schlägt er völlig zu recht eine in den europäischen Gesellschaften erst noch zu führende, ausführliche Debatte vor.

Die bestehenden intergubernativen Verträge erfüllen diesen Zweck der Verfassung nicht.

Anderes in dem Buch  ist grob irreführend, etwa wenn Habermas immer wieder vom „Imperativ der Märkte“ spricht, der die Regierungen handlungsunfähig mache. Das ist wirklich falsch gesehen von Habermas. Das Problemgefüge, das seit etwa 15 Jahren konsequent auf unsere seit 2008 herrschende Finanz- und Währungskrise hingeführt hat, liegt ursächlich in der übermäßigen Verschuldung der öffentlichen und privaten Haushalte, und dafür sind die europäischen Regierungen und die von den Regierungen übermäßig verhätschelten europäischen Bürger verantwortlich zu machen – nicht die Märkte, und schon gar nicht der vielbeschrieene „Neo-Liberalismus“!

Diesen kausalen Zusammenhang beschrieben übrigens gestern in der FAZ die Verfasser der „Bogenberger Erklärung“ mit großer Überzeugungskraft.

Das Gespenst des Neo-Liberalismus, die Vogelscheuche des „Diktats der Märkte“ ist eine durchs europäische Dorf getriebene Chimäre, die davon ablenken soll, dass die Bürger und die von ihnen gewählten Regierungen nicht sorgfältig und solide gewirtschaft haben. Hätten europäische Bürger und europäische Regierungen in den vergangenen 15 Jahren stets sorgfältig und nachhaltig gewirtschaftet und ihr Tun und Lassen redlich erklärt, wären wir nicht in der Lage, in der wir heute sind.

Lärmender Meinungskampf – Jürgen Habermas zur Verfassung Europas – Märkische Allgemeine – Nachrichten für das Land Brandenburg

 Posted by at 12:33

Quel avenir pour l’Union européenne? Für welche Zukunft der Europäischen Union entscheiden WIR uns?

 Armut, Europäische Union, Fahrrad, Freiheit, Subsidiarität  Kommentare deaktiviert für Quel avenir pour l’Union européenne? Für welche Zukunft der Europäischen Union entscheiden WIR uns?
Dez 072011
 

L’Europe, c’est comme une bicyclette, lorsqu’elle n’avance pas, elle tombe.“ Dies hat der ehemalige Kommissionspräsident Jacques Delors einmal gesagt, der türkische Regierungschef Erdogan hat ihn bei seinem jüngsten Deutschlandbesuch zustimmend zitiert. Europa ist wie ein Fahrrad, wenn es nicht voranfährt, fällt es um.

Trefflich gesagt.

Das Fahrrad verkörpert den Geist des aus sich schwingenden Rads, den Geist des Kindes, den Geist der Freiheit, den Geist der freiwillig gewählten Armut, den Geist der Subsidiarität und der Eigenverantwortung. Du schaffst es aus eigener Kraft zu fahren! Das ist die großartige, wahrhaft bewegende Botschaft des Fahrradfahrens.

Eine zweite Botschaft gehört dazu: Du musst das Fahrrad lenken. Entscheide dich. Nehmen wir etwa das obenstehende Bild, gestern aufgenommen!

Wir sehen einen europäischen, vielleicht einen deutschen türkischen Radfahrer am Scheidewege – wohin wird er fahren? Zum Finanzministerium in der Wilhelmstraße oder rechts abbiegend in die Kochstraße zum Checkpoint Charlie und in die Rudi-Dutschke-Straße? Antwort: Wir wissen es noch nicht. Der Radfahrer hat die Freiheit der Wahl. Er ist ein freier Mensch. Aber er muss sich entscheiden. Beides geht nicht. Zur Freiheit gehört der Zwang, sich entscheiden zu müssen.

Ein zweites Fahrrad tritt zu unserer Betrachtung hinzu: Am Bildrand seht ihr das Fahrrad des armen Kreuzberger Bloggers mit der fröhlich lachenden Klingel. Es fährt nicht, und dennoch fällt es nicht um! Warum? Hatte Jacques Delors unrecht? Nein! Er hat recht unter der Voraussetzung, dass ein Fahrradfahrer auf dem Fahrrad sitzt und vorankommen möchte. Man kann aber ein Fahrrad auch abstellen. Es wird dann gestützt durch eine mechanische Vorrichtung.

Wir lernen daraus: Ab und zu muss man innehalten. Man kann nicht immer nur besinnungslos auf die Eigenkräfte vertrauen. Ab und zu bedarf es der Stütze. Das ruhende Fahrrad fällt um, sofern es keine Stütze erhält. Ein lateinisches Wort für Stütze lautet subsidium. Subsidiarität bedeutet also, dass die jeweils nächsthöhere Ebene stützend und helfend eingreift, wenn und solange aus eigener Kraft keine Bewegung möglich ist.

Europa muss sich in dieser Woche entscheiden, wohin es fahren will. Möge es sich für die Freiheit entscheiden!

Quel avenir pour l’Union européenne après le référendum français du (…) – États membres
L’Europe, c’est comme une bicyclette, lorsqu’elle n’avance pas, elle tombe.

 Posted by at 16:27