Okt 092012
 

Walter Wüllenweber legt in seinem Buch Die Asozialen seine Sicht der Dinge dar: Die deutsche Gesellschaft werde von oben und von unten, von der Oberschicht und der Unterschicht gnadenlos ausgenutzt, die Reichen würden immer reicher, ihr Finanzvermögen wachse dank der Finanzkrise prächtig an. Umgekehrt würden die Staatsabhängigen, die Unbeschäftigten mit ständig wachsenden Hilfen und Unterstützunsgeldern bei guter Laune gehalten, der Sozialetat gerade der Städte wachse stark überproportional an.

Ich denke, an Wüllenwebers Analyse ist viel dran. Unsere Vorfahren fingen nach dem Krieg fast bei Null wieder an. Die Masse des deutschen Volkes lebte in bescheidenen Verhältnissen. Erst etwa 1960 hatten die Deutschen den Lebensstandard erarbeitet, der heute in etwa auch einem Arbeitslosen zusteht. Vor 1960 lebte die Mehrheit der Deutschen unter Bedingungen, die heute von so manchen Sozialpolitikern als menschenunwürdig bezeichnet werden.

Doch sollten wir das Loben nicht vergessen! Gerade am heutigen Erntedankfest! Wüllenweber selbst spricht auf Seite 118 seines Buches lobend von der heilenden Kraft des Lernens. Lernen heißt, am Selbst arbeiten. Wer lernt, ändert sich. Wer lernt, kann andere ändern, wer lernt, kann sein Leben ändern. Lernen ist eine Form des Arbeitens.

Denkbar wäre es, etwa gut deutsch, gut rechnen, gut schreiben, gesunde Lebensführung  zu lernen. Gutes Deutsch, gutes Rechnen, gutes Schreiben,  gesunde Lebensführung, das ist jedem Menschen in Deutschland heute ohne jede staatliche Unterstützung möglich. Dazu kann man die Menschen auffordern – und zwar ohne stets erneut den Staat dafür in die Pflicht zu nehmen.

Lerne und arbeite – ora et labora!

Völlig anders tickt die Berliner Landespolitik: „Wie können wir den Bürgern das Leben so angenehm wie möglich machen?“ Heute kommt der Vorschlag auf, den Bürgern kostenloses W-LAN in der Innenstadt zu schenken. Der Senat schenkt den Bürgern wieder etwas. Lieb!

Die Kinder sollen besseres Schulessen bekommen – auf Kosten des Staates. Lieb! Unter drei Euro pro Mahlzeit ist das aber nicht zu haben. Wir zahlen in Friedrichshain-Kreuzberg etwa 2 Euro pro Mahlzeit. Lieb, dass der Staat den Bürgern besseres Essen schenkt.

Keiner denkt daran, den Eltern und Kindern das tägliche sparsame und gesunde Kochen mit vielen Kartoffeln, viel Gemüse, viel Magerquark beizubringen.

Ich sage: Lerne kochen, Mann in der Küche! Lerne lesen und schreiben, Frau in der Moschee!

Lern singen und fußballspielen, Kind in der Schulmensa! Geh zu Fuß zur Schule! Bewegung, Bewegung, Bewegung!

Der Staat tut, was er kann, um seinen Bürgern alle erdenklichen Annehmlichkeiten zu bieten.  Dabei haben die meisten Handy-Nutzer heute längst eine Flatrate, ein kommunales W-Lan auf Kosten des Staates ist überflüssig.

Nein, nein. Da lob ich mir die saure Pflichtenethik eines Benedikt von Nursia, eines Johannes Calvin aus Genf, eines Walter Wüllenweber vom Stern.

Gelobt sei – das Lernen! Gelobt sei auch der Dichter, welcher kam aus der schwäbischen Stadt der Confessio Augustana, der Dichter, der hervorging aus der Stadt der tüchtig rechnenden Fugger und der Tag um Tag singenden und fiedelnden Mozarts! Er, der Dichter aus der Lechstadt Augsburg, der als versprengter Nachfahr der christlichen Pflichten- und Lernensethik gelten kann.

Schließen wir die Besinnung zum Erntedankfest mit einigen Zeilen aus seinem

Lob des Lernens 

Lerne das Einfachste! Für die
Deren Zeit gekommen ist
Ist es nie zu spät!
Lerne das Abc, es genügt nicht, aber
Lerne es! Laß es dich nicht verdrießen!
Fang an! Du mußt alles wissen!
Du mußt die Führung übernehmen.

Lerne, Mann im Asyl!
Lerne, Mann im Gefängnis!
Lerne, Frau in der Küche!
Lerne, Sechzigjährige!
Du mußt die Führung übernehmen.
Suche die Schule auf, Obdachloser!
Verschaffe dir Wissen, Frierender!
Hungriger, greif nach dem Buch: es ist eine Waffe.
Du mußt die Führung übernehmen.

Scheue dich nicht zu fragen, Genosse!
Laß dir nichts einreden
Sieh selber nach!
Was du nicht selber weißt
Weißt du nicht.
Prüfe die Rechnung
Du mußt sie bezahlen.
Lege den Finger auf jeden Posten
Frage: Wie kommt er hierher?
Du mußt die Führung übernehmen.
Quellen:

Walter Wüllenweber

Die Asozialen

Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren – und wer davon profitiert

Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 256 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-421-04571-3
€ 19,99 [D] | € 20,60 [A] | CHF 28,50* (* empf. VK-Preis)

Verlag: DVA Sachbuch

Zitat: S. 118

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Bert Brecht: Lob des Lernens
Bertolt Brecht: Ausgewählte Werke in sechs Bänden. Dritter Band. Gedichte I. Suhrkamp Verlag Frankfurt 2005

Zitat: S. 233

 

 

 

 

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