Nov 052012
 

„Deutsch sprudelt aus mir heraus. Ich liebe diese Sprache, mit deren Worten ich gerne spiele und vor der ich großen Respekt habe.“

Wie cool ist das denn. Wieder so ein Tabubruch der neuen Konservativen! Eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache in reinstem, grammatisch einwandfreiem Hochdeutsch, ja darf denn so etwas sein, mitten in Berlin?

Noch sind wir nur einen Schritt davon entfernt, dass irgendjemand öffentlich bekennt: „Ich liebe Deutschland. Ich lebe gern in Deutschland. Ich freue mich Deutscher zu sein. Ich finde Deutschland und die Deutschen grundsätzlich auch nicht schlimmer, nicht böser als Iran und die Iraner, Frankreich und die Franzosen, Saudi-Arabien und die Saudi-Araber, als China, Russland, Ukraine, England, Botswana, die Türkei, Kuwait, die USA, Indonesien!“ Dies wäre der letzte, der gefährlichste Tabubruch, eine Liebeserklärung an ein so böses, so dunkles Land wie Deutschland!

Ich fand diesen echten Tabubruch, diese Liebeserklärung an die deutsche Sprache heute in der taz auf S. 14 unter dem Titel „Mein Leben in der Fremde“.

Ich selbst liebe die deutsche Sprache ebenfalls, und ich finde es schade, dass in Deutschland so oft viele lieber grottenschlechtes Englisch als handelsübliches Deutsch sprechen. Why? Die deutsche Sprache als solche ist doch nicht böse, und sie ist auch nicht hässlich, wie viele hypermodern aufgestylte, aufgebrezelte Deutsche durch ihre Missachtung ihrer Muttersprache unter Beweis stellen, indem sie alles ablehnen, was vor etwa 1980 in Deutschland gedacht, gesagt, getan, geredet, gedichtet und gelitten wurde.

Die deutsche Sprache verdient Achtung, Pflege und Hege, Liebe und Zuwendung – auch und gerade in Deutschland.

Denn nur über eine gemeinsame Sprache können die Menschen in diesem Land zueinander finden.

Diese überquellende Kraft der Sprache, die enthüllende Kraft der Sprache fasst ein anderer Mensch einmal in folgende Worte:

Wes das Hertz vol ist / des geht der Mund vber. Ein gut Mensch bringt guts erfür / aus seinem guten schatz des hertzen. Vnd ein böser Mensch bringet böses erfür / aus seinem bösen schatz.

Die zweite Erklärung zum Urquell der Sprache stammt aus der Feder Martin Luthers und letztlich von Jesus. Er meint damit wohl: Nicht die Worte sind böse, nicht die deutsche, die griechische, lateinische, türkische oder die aramäische Sprache sind böse, sondern der einzelne Mensch in seinem Herzen.

Gutes wie Böses lässt sich in tausend Sprachen sagen. Die Sprachen – ob nun Griechisch, Hebräisch, Türkisch, Deutsch oder Englisch – sind ein Schatz, aus dem Gutes wie Böses sprudeln kann.

Quellen:
Kübra Gümüsay: Mein Leben in der Fremde. taz Berlin, 05.11.2012, S. 14
Neues Testament, Matthäus-Evangelium, Kap. 12, Vers 35, hier  in der Übersetzung Martin Luthers

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