Mia und Josh

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Jan 112013
 

„In dr Schwyz und au in Dütschland isch de Name Mia 2011 ganz obe uf de Liischte vu de beliebtischte Babyvorname z finde gsi“, berichtete mir gestern ein alemannischsprachiger Bekannter, mit dem ich das Thema der beliebtesten Vornamen anschnitt. Der Eidgenosse hatte vollkommen recht:  Mia, eine verkürzte Koseform des Namens Miriam (hebräisch) oder auch Meryem (arabisch) oder auch Mariam (griechisch), steht seit 3 Jahren unangefochten auf Platz 1 der Liste der in Deutschland beliebtesten Baby-Vornamen.

Dass biblische Vornamen derart stark wiederzulegen, spüre ich hier in Kreuzberg besonders! So lobte ich einmal, während unsere Kurzen im Sandkasten buddelten, beim lockeren Geplauder einen Kreuzberger Mitvater, dass er seinen Sohn Joshua genannt habe: „Das finde ich aber gut, dass ihr euren Sohn durch die hebräisch-englische Form seines Vornamens an den jüdischen Wurzelgrund des Christentums erinnert!“ „HÄ?!“ Der Mitvater war baff, er wollte als guter Kreuzberger Internationalist einfach einen Namen wählen, mit dem man als schauspielernder Rookie in Hollywood ebenso wie als Hedgefund-Manager an der New Yorker Börse reüssieren kann. Und vor allem wollte er das Kind nicht mit einem deutschen Namen belasten. Joshua oder auch einfach Josh ist einfach so cool! JOSH! Mit Jesus oder dem Christentum hatte er bei der Namengebung gar nichts im Sinn.

Dennoch stimmt es: Jehoshua ist der hebräische Name von Jesus. Es ist schon so: Seine Eltern, – nennen wir sie heute mal auf gut deutsch Mia und auf gut ungarisch Joschka  – die so viel Kummer seinetwegen litten,  als er ihnen im Alter von 12 davonlief, riefen ihn wohl so: „Jehoshua, Jeschukind, wo bist du denn? Melde dich!“ Und als sie ihn fanden, hielten sie ihm vor: „Wie KONNTEST du uns DAS antun!“ Eine Bitte um Entschuldigung oder auch nur ein Wort des Bedauerns ist von Jesus nicht überliefert, ganz zu schweigen von einem Gelöbnis der Besserung. Er war offenkundig ein nicht steuerbares, nicht immer gehorsames  Kind.

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„Wir Schwaben sind ein stolzes Volk!“ oder: Sollte man Nationalstolz einfach verbieten?

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Jan 092013
 

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2012-12-08-134636.jpgWir Schwaben sind ein stolzes Volk„, so konnte man es in den 80er Jahren im Temeschwarer Heimatblatt der in in Rumänien lebenden Deutschen, der „Donauschwaben“ immer wieder lesen. „Wir lassen uns unseren guten Namen nicht zerstören“.

Die Berliner sollten uns Schwaben dankbar sein!„, so äußerte sich vor wenigen Tagen der Bundesvorsitzende einer politischen Partei, ein stolzer Landwehrkanalschwabe in der BILD gegenüber dem alteingesessenen Pankower Wolfgang Thierse.

Wir sind mit Stolz Deutsche geworden„, berichtet heute auf Seite 3 der Süddeutschen Zeitung die aus Syrien stammende Deutsche Hajat Abdullah.

Jetzt bin ich wieder stolz, Deutscher zu sein„, so Konrad Adenauer im Jahr 1946.

Ich liebe die deutsche Sprache„, schrieb Kübra Gümüsay einmal in der taz.

Für viele unter uns Deutschen, die wir eigentlich kein Verhältnis mehr zur eigenen Nation und zur eigenen Sprache haben oder sie im Euro-Taumel und im Kult der ewig lastenden Schuld eher als etwas zu Überwindendes betrachten, sind derartige Sätze befremdlich.  Für viele Deutsche ist deshalb aber auch der polnische, tschechische, österreichische, Schweizer, französische, der holländische, dänische, der russische und vor allem der türkische Nationalstolz eine fremde Welt. Selbst die schlimmsten Massenverbrechen, die diese Völker begangen, mitbegangen oder begünstigt haben, sind kein Grund, den Stolz auf die eigene Nation in Frage zu stellen. Und obwohl es in allen unseren Nachbarländern einen wieder und wieder bezeugten Nationalstolz und auch einen konsolidierten Nationalismus gibt, lösen bei uns Sätze wie etwa „Ich liebe die deutsche Sprache“, „ich bin stolz, Deutsche geworden zu sein“, „ich freue mich, Deutscher zu sein“ bei vielen Deutschen Widerwillen und Abscheu aus. „Wie kann man denn als Neudeutscher eine private Einbürgerungsfeier machen!“

Gerade in Friedrichshain-Kreuzberg gibt es einen rabiaten, gewalttätigen, schwaben- oder besser deutschenfeindlichen Antinationalismus, der in der Revaler Straße seine 50 m lang lesbare Ausprägung gefunden hat. Träger der antideutschen Hetze sind ausnahmslos Deutsche. Sie würden gerne Deutschland auflösen, Deutsch verbieten, alle Deutschlandfahnen verbrennen und eine Art wabernden Internationalismus, mutmaßlich mit Vorrang des Englischen, der alten Sprache des weltumspannenden Kolonialismus einführen. – Man hört heraus:  „Nach allem, was die Bundesrepublik Deutschland seit 1949 verbrochen hat, muss dieser Staat bekämpft werden.“  „Abschiebung ist Mord!“, konnte man deutlich bei den deutschen Platz-Besetzern am Mariannenplatz lesen. Ein Staat, der Abschiebungen vornimmt und nicht alle Menschen, die sagen: „Hoppla hier bin ich!“  auf seinem Territorium beherbergt und beköstigt, ist also ein „Mörderstaat“.  So lautet ein typischer Spruch dieser antideutschen Bewegung.

Dieser ideologisch verbohrte deutsche Antinationalismus ist etwas zutiefst Deutsches. Er findet sich schon gut belegt seit dem 18. Jahrhundert in Deutschland. Alles, was deutsch ist und deutsch redet, ist in den Augen der deutschen Antinationalisten schlechter als alles andere. Gottfried August Bürger spießt diese Haltung trefflich auf, indem er vorgibt, seine Münchhausen-Abenteuer aus dem Englischen übersetzt zu haben, weil „Deutschland gegen eigene Verdienste ungerecht ist“.

Die reiche Kultur in deutscher Sprache aus den verschiedenen deutschen Landen, ja die deutsche Sprache selbst wird hier in Deutschland meist unter den Teppich gekehrt oder mehr wie ein abgestelltes Möbelstück vergessen. Doch müsssen wir Deutsche unser Ohr für diese fremde Welt des nationalen Denkens öffnen, wenn wir unsere Nachbarvölker verstehen und annehmen wollen.  Einfach alle Nationalisten zu Idioten zu erklären, oder einfach alle national orientierten  Parteien wie etwa den Front National, die Neuen Finnen, die NPD, den Vlaams Belang oder die Jobbik-Partei zu verbieten, löst das Problem nicht. Diese Ausmerzung des nationalen Fühlens oder des nationalistischen Denkens kann man in Deutschland versuchen, in Polen, in Rumänien, in Tschechien, in Ungarn, in Griechenland, in England und vor allem in der Türkei wäre es aussichtslos. Man hätte sofort die Mehrheit der Bevölkerung gegen sich, wenn man das nationale Denken verböte und austriebe. In Polen wird auch da ungerührt von uraltem polnischen Boden gesprochen, wo Jahrhunderte lang nur Sorben und Deutsche lebten. Für die Türken gab’s im Gebiet der heutigen Türkei laut offizieller Lehre eigentlich sowieso immer nur Türken, und Türkisch ist die Muttersprache aller anderen Sprachen. Griechenland, diese stolze Nation, sieht sich von aller Welt verraten und verkauft.

Ich meine: Das nationale Denken wird sich nicht, weder durch deutsches Dekret noch durch EU-Verordnung oder durch Förderung der deutschen antideutschen Volksverhetzer beseitigen lassen. Alle EU-Staaten mit Ausnahme Deutschlands definieren sich in den Köpfen und Herzen der allermeisten Bürger auf absehbare Zeit als Nationalstaaten. Nirgendwo außerhalb Deutschlands sind die Menschen auch nur ansatzweise bereit, den Gedanken der vor allem sprachlich definierten Kulturnation zugunsten einer vorrangigen EU-Identität aufzugeben. Ausschließlich in Deutschland stellen sich Politiker hin und sagen: „Der Europäischen Union geht es schlecht. Wir brauchen deshalb mehr Europäische Union.“ Das wäre im Binnendiskurs aller anderen EU-Länder nahezu undenkbar! Dazu muss man nur die landestypische Presse in einer beliebigen anderen europäischen Sprache lesen oder besser noch einfach mit den Leuten auf der Straße oder im Zug reden.

Dass ausgerechnet die Bundesrepublik Deutschland unter allen EU-Staaten mit großem Abstand das am schwächsten entwickelte, ein von nagenden Selbstzweifeln angekränkeltes  Nationalgefühl hat und deshalb keine Führungsrolle haben will, ist eine, wenn auch keineswegs die wesentliche Ursache dafür, dass in der Europäischen Union so vieles im argen liegt.

Lernen wir von Kübra Gümüsay, von Cem Özdemir, von Konrad Adenauer, von Hajat Abdullah, von den redlichen Donauschwaben, von den kreuzbraven Landwehrkanalschwaben, den Neuen Deutschen und den deutschen Spätaussiedlern, dass wir ein grundsätzliches Ja zu Deutschland sagen dürfen!

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Jan 082013
 

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Viele wunderbare Begegnungen brachte mir die Weihnachtszeit – deshalb entbiete ich den rastlosen Immen des Lorscher Bienensegens, die ich, der armselige Worte-Imker, als besinnliches Signal des Innehaltens weitgestreut unters Menschenvolk brachte, meinen tiefen Dank! „Ach wie süß – ein summender Spruch an die Bienen in althochdeutscher Sprache!“ Ja wirklich, erwidere ich: Nous sommes les abeilles de l’invisible – wir sind die Bienen des Unsichtbaren!

Ich meine: die Bienen des Lorscher Bienensegens haben uns unendlich viel zu lehren und zu sagen. Die Bedrohung der Bienenvölker, der wir uns ausgesetzt sehen, ist ein echtes Warnzeichen. Ohne Bienen überlebt ein Großteil unserer Pflanzen nicht. Schützen und hegen wir doch die Bienen! Weihnachten ist aber nicht nur ein Fest des Innehaltens selbst für die Bienen, sondern auch ein Fest der schöpferischen Weiblichkeit! Wir Männer sind zu Weihnachten und überhaupt im Christentum eher Zuschauer und Beschenkte, weniger die Macher und Macker – beginnend von der Geschichte zwischen Elisabet und Maria, bei der die Männer keine Rolle spielen.  Und so erlebte ich denn die geistliche Musik dieses Mal durchweg als bewusste Einübung der Weiblichkeit für die Seele des Mannes  – so insbesondere die großartige Arie „Bereite dich Zion“ aus dem Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach.

„Wir haben hier eine Geburtsvorbereitung für uns alle, besonders aber für uns Männer“, führte ich das Publikum in der Schwartzschen Villa ein. „Merkt ihr, wie sich hier die Geburt eines Menschen – die Geburt jedes Menschen – ankündigt?“ Und dann vertraute ich mich ganz der herrlichen Führung durch die Altistin Irina Potapenko und die Pianistin Lala Isakova an. Erneut – zwei Frauen, die hier die Führung übernehmen, ein armer Obligatgeiger, dem hier die Rolle des Geburtshelfers zugedacht wird! In den kräftig zu spielenden, ja zu „stoßenden“ akkordischen Sechzehnteln der Geige enthüllte sich mir das anpochende keimende Leben des kleinen Buberls, das sich schon kräftig hüpfend bemerkbar macht und nach draußen will! Eine besondere Freude war es mir, dass im Publikum auch Andreas Zimmermann saß, der Berliner Geigenbaumeister, der mir vor 10 Jahren diese damals frisch geborene herrliche Geige anvertraute, die mittlerweile schon eine kleine Lebensgeschichte mit mir teilt.

Als Lohn  für unser fleißiges Tun erhielten wir bei einer anderen Aufführung der Bachschen Arie „Bereite dich Zion“ in der Kirche der Elisabet auf der roten Insel in Schöneberg aus den Händen des Pfarrers Dori ein großes Glas slowenischen Berghonigs, erzeugt nach der EU-Öko-Verordnung. „Das ist ja schön, genau das habe ich mir gewünscht, ich danke dir!“, rief ich aus. Und danach zog ich aus der roten Ortlieb-Fahrradtasche meinen zweisprachigen Weihnachtswunsch hervor und überreichte dem Pfarrer der slowenischen Gemeinde meine grob tastende Übersetzung des Lorscher Bienensegens und führte als Begründung an: „Denn der Mensch lebt nicht von wildem Honig allein, sondern auch von der Gemeinschaft im Wort!“ Gemeinschaft im Wort? Aber das ist Johannes!

Wenn ich an all diese Begegnungen zurückdenke, muss ich sagen:

Danke danke bina!

Bild: Der wilde slowenische Berghonig aus der Kirche der Elisabet in Schöneberg

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Jan 062013
 

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„Wann ist in Ihren Augen jemand integriert, der aus einem anderen Land nach Berlin zieht?“

Monika Lüke: „Wenn er nicht diskriminiert wird, wenn er respektiert wird, Chancengleichheit erlebt und wenn er auch politisch mitbestimmen kann.“

So die aufschlussreiche Antwort der westfälischstämmigen Deutschen Monika Lüke, der Integrationsbeauftragten des Berliner Senats, in der Morgenpost von heute. Es ist leicht zu erkennen: Alle vier genannten Bedingungen sind etwas, was die aufnehmende Gesellschaft zu erbringen hat.  Denn eine etwaige Diskriminierung erfolgt durch die Mehrheitsgesellschaft, Respekt gegenüber den Zuwanderern müssen die Einheimischen aufbringen, Chancengleichheit und Mitbestimmung ist ebenfalls eine Leistung, die die bestehende Gesellschaft erbringen muss – etwa durch die Zuerkennung des kommunalen Wahlrechts für Ausländer ohne Wenn und Aber.

Der Einwandernde braucht nach dieser Meinung keine Leistung zu erbringen. Integration ist nicht auch eine Bringschuld, wie Monika Lüke sogar ausdrücklich feststellt, sondern etwas, was dem zu integrierenden Menschen als Holschuld zusteht:

„Wie muss die Integrationsarbeit der Betroffenen selbst aussehen? Gibt es eine „Bringschuld“ der Migranten?

Monika Lüke: „Nein. Aber wer an der Gesellschaft teilhaben will, muss natürlich auch aus der Begrenztheit der Familie heraustreten und offen sein für sein Umfeld. Ich erinnere mich, als ich in Kambodscha gearbeitet habe, hatte ich auch keine Lust, wie dort üblich, um fünf schon zu Abend zu essen oder als Frau keine Zigaretten mehr zu rauchen. Natürlich habe ich mich aber an die Lebensweise angepasst, bin dort ausgegangen, habe kommuniziert, wie es dort verbreitet ist – höflich und eher distanziert -, und habe mich über die Gegebenheiten vor Ort informiert.“

Eine bündige, knappe Antwort, für die wir dankbar sein müssen! Für ein Scheitern der Integration trägt die deutsche Gesellschaft Verantwortung. Sie muss sich selbst mehr ins Zeug legen. Sie tut nicht genug.

Wie sieht es in anderen Ländern, etwa in den USA aus? Wann ist man integriert? Hierfür gibt die ebenfalls westfälischstämmige Deutsche Lamya Kaddor eine anderslautende, von Monika Lüke deutlich abweichende Antwort:

„Man ist dann integriert, wenn man drei Voraussetzungen erfüllt: wenn man erstens für die grundlegenden Werte der Freiheit, der Gleichheit und des Eigentums einsteht, wenn man zweitens seinen eigenen Lebensunterhalt verdient und wenn man drittens so viel Englisch beherrscht, dass man sich verständigen kann.“

Dieses Einstehen für die Grundwerte der aufnehmenden Gesellschaft, die wirtschaftliche Selbständigkeit und die Kenntnis der Landessprache sind zweifellos Leistungen, die der Einwandernde aus eigener Kraft erbringen muss. Die drei Voraussetzungen gelingender Integration sind eine Bringschuld des Einwandernden.  Selbstverständlich werden ihm auch in den USA in der einen oder anderen Form Diskriminierungserfahrungen nicht erspart bleiben, er wird vielleicht auch angefeindet werden, aber es herrscht doch Konsens, dass jeder, der für die grundlegenden Werte der demokratischen Gesellschaft eintritt, der nicht vom Sozialamt, sondern von eigener Hände Arbeit lebt und die Landessprache einigermaßen beherrscht, als integriert anzusehen ist. WELCOME TO THE USA!

Lamya Kaddor verhehlt nicht ihre Sympathie für dieses amerikanische Konzept der Integration, die das Vertrauen ganz in den Zuwandernden setzt und alle Hindernisse für überwindbar hält. Millionen und Abermillionen von Zuwandernden haben in den USA die Grundsteine für den eigenen Erfolg selbst gelegt. In Deutschland hingegen sind Hunderttausende und Hunderttausende ohne jede eigene Anstrengung zu bescheidenem Wohlstand und gesichertem Lebensunterhalt für sich und ihre Angehörigen gelangt und tun dies Tag für Tag weiterhin.

Welche der beiden Westfälinnen hat nun Recht? Muss die aufnehmende Gesellschaft alle wesentlichen Leistungen erbringen, wie es Monika Lüke behauptet – oder kommt es vor allem auf die Zuwandernden an, wie es Lamya Kaddor zu recht an den USA lobt?

Ich selbst verhehle nicht, dass mir Lamya Kaddors Position besser gefällt als die Monika Lükes – zumal ich ja selbst in Berlin bloß ein bayrisch-schwäbischstämmiger Zuwanderer bin und entsprechend kindlicher Prägung größten Wert auf unser schwäbisches „Schaffa Schaffa“ lege. Zu Hochdeutsch: Arbeite und arbeite!

Es stört mich zunehmend und stört mich wirklich ganz ungemein, dass im verwöhnten Bundesland Berlin stets der üppig von anderen Bundesländern bezuschusste Staat, „die Gesellschaft“, „die Politik“, der Senat für alle Leistungen in Haft genommen werden, die letztlich eine Frucht der Anstrengung des einzelnen sind:

1) Persönliches Eintreten für die Werte des deutschen Grundgesetzes: Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit aller Menschen, Gesetzestreue, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung von Mann und Weib, Ablehnung der muslimischen Mehrfrauenehe

2) Streben nach eigenem Verdienst und nach eigenem Besitz durch anständige Arbeit

3) Erlernen der deutschen Landessprache

Das sind meiner Meinung die wesentlichen Voraussetzungen, um in diesem Land als integriert zu gelten. Das sollten wir verlangen und erwarten. Wer diese drei Voraussetzungen  konsequent ablehnt, wie es leider immer noch viel zu viele Menschen tun, dem ist noch durch die beste Integrationsbeauftragte nicht zu helfen.

Ganz wichtig: Es laufen seit Jahren starke Bemühungen, Zug um Zug inselartig geschlossene Volksgruppen im chaotischen Meer der Bundesrepublik Deutschland zu errichten. Der Nationalismus in den Zuwanderer-Gemeinden ist deutlich auf dem Vormarsch. Hinter dem neuen Schlagwort „Partizipation statt Integration“ verbirgt sich der neuerdings immer deutlicher vorgetragene Anspruch auf Konstitution einer eigenständigen nationalen Minderheit, deren Interessen durch die Herkunftsstaaten – insbesondere  Türkei und Polen – wahrgenommen werden. Wollen wir Deutsche diese Volksgruppenkonzepte nach dem Modell der Sowjetunion, Belgiens oder des Osmanischen Reiches wirklich – oder wollen wir die Integration, die Abschleifung und Vermischung der Herkunftsländer in einer gemeinsamen Gesellschaft mit einer einheitlichen deutschen Staatsbürgerschaft?

Mein Urteil lautet: Punkt, Satz und Sieg in dieser Partie für die mutige, unerschrockene Lamya Kaddor. Bei Monika Lüke sehe ich Nachholbedarf. Sie muss meines Erachtens wegkommen von den Einflüsterungen und der trommelfeuerartig wiederholten Propaganda der durch die jeweiligen Staaten üppig bezuschussten Migrantenverbände vor allem türkischer Provenienz, weg von den gelehrten soziologischen und politologischen Theorien und sich auf die Straße wagen, in die Schulen, in die Gefängnisse, in die Kneipen, die Kitas und Krankenhäuser. Wie schaut es da aus? Was erzählen die MÜTTER und VÄTER, was erzählen die TÖCHTER und SÖHNE, was erzählen die LEHRERINNEN und LEHRER?

Was erzählen die Menschen?

Auf zu den Menschen!

Hepimiz insaniz – hepimiz meleziz!

Quellen:
Lamya Kaddor: Muslimisch – weiblich – deutsch. Mein Weg zu einem zeitgemäßen Islam. Verlag C. H. Beck. München 2010, S. 106
http://www.mobil.morgenpost.de/printarchiv/berlin/article112422393/Wer-teilhaben-will-muss-offen-sein.html

Foto: Blick in die Maximilianstraße in der Hauptstadt von Bayrisch-Schwaben, in Augsburg, umgangssprachlich auch „Datschiburg“ genannt. Augsburg hat den vierthöchsten „Migranten“-Anteil aller deutschen Städte – weit vor Berlin – und eine viermal niedrigere Arbeitslosigkeit als Berlin. In Datschiburg sagt man „Zwetschgendatschi“ und nicht Pflaumenkuchen, „Semmel“ und nicht Schrippe. Aufnahme vom 03.01.2013

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Jan 052013
 

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„Wir sind alle Mischlinge“ / hepimiz meleziz / diesen klugen Wahlspruch entnehme ich meinem gegenwärtigen Lesestoff, nämlich dem großartig-fesselnden Buch „Muslim Nationalism and the New Turks“ von Jenny White. Demonstranten hielten ihn 2008 hoch, um damit auszudrücken, dass auch Armenier, auch Kurden, auch Christen, auch Juden zur türkischen Nation gehören möchten und sich doch allzuoft zurückgewiesen fühlen, solange Nation nur durch die blutmäßige Abstammung oder durch die staatsprägende Religion definiert wird.

In der Tat, das Sich-Absperren gegenüber dem andersartigen Fremden, gegenüber dem Wandel führt allzu leicht in Erstarrung und Feindseligkeit. Angesichts der Ablehnung von unerwünschten Zuzüglern wie uns Schwaben dürfen wir schon daran erinnern: Auch wir Schwaben gehören zur deutschen Nation, wir Schwaben wollen ein Bestandteil der Berliner Stadtgesellschaft werden, durch Schaffen und Handeln wollen wir beweisen, dass wir es gut mit Berlin und den Berlinern meinen. Wir wollen nicht zu Unerwünschten erklärt werden.

Als 2- oder 3-jähriger Bub verlor Wolfgang Thierse, verlor seine Familie die Heimat. Das hinterlässt in der Seele jedes Menschen tiefe Verletzungen. Ein heimatvertriebener Schlesier wie Wolfgang Thierse könnte sich vor Augen halten, dass 1945 auch er und seine gesamte Familie wie Millionen andere Deutsche zu unerwünschten Menschen erklärt und aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Sie waren plötzlich fehl am Platze.  Ihre Leiden, die tiefen Traumata, die jeder Vertriebene lebenslang mit sich herumtragen muss, interessieren heute kaum mehr jemanden. Das haben mir jüdische, russische, polnische, deutsche, armenische Heimatvertriebene immer wieder erzählt. Das Thema der gewaltsamen Vertreibungen gilt in Deutschland, Polen und Tschechien als unerwünschtes Thema.  „Hier gehen wir jetzt nicht mehr fort“, „das ist aber jetzt endgültig unsere Heimat, die lassen wir uns nicht mehr nehmen“, „hier tragt ihr mich nur noch mit den Füßen voran hinaus“, „ich bin hier der letzte Heimatverbliebene“ … das sind ganz typische Sätze, wie ich sie von Heimatvertriebenen immer wieder gehört habe. Oft sprach ich mit deutschen Heimatvertriebenen aus Kasachstan, denen es besonders schmerzhaft war, wenn sie hier in Deutschland als Russen abgewiesen wurden – nachdem sie in den 30-er Jahren als Verräter abgestempelt und deportiert worden waren. Auch bei den Tscherkessen in der Türkei kann man diese Haltung des „Das ist jetzt unsere Heimat, hier gehen wir nicht mehr fort“ immer wieder finden.

Insofern bitte ich auch herzlich um ein wenig Verständnis für Wolfgang Thierse, der offenkundig mit persönlichen Überfremdungsängsten nicht zurande kommt. Er hat sich gehen lassen, er hat aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht. Und dafür, für dieses offene Eingeständnis eigener tiefsitzender Ängste sollten wir ihm dankbar sein. Die Überfremdungsängste und das Festklammern an der reinen, unverfälschten Prenzlauer-Berg-Heimat  kann ich mir nur mit dem unbewältigten frühkindlichen Verlust der schlesischen Heimat erklären. Aber Überfremdungsängste sind nichts Böses, Angst als solche ist nichts Böses! Doch sollten wir ihrer Herr werden. Ich selbst habe selbstverständlich auch schon mal Überfremdungsängste gespürt – und zwar als ich bei Versammlungen in der Schule feststellte, dass ich der einzige deutschsprachige Vater war, während rings um mich herum munter Arabisch, Kurdisch und Türkisch geschwätzt wurde. „Ich bin hier an dieser Kreuzberger Grundschule offenbar der letzte verbleibende Vater mit deutscher Muttersprache, die kurdischen und türkischen Mütter sollen nach so vielen Jahrzehnten in Berlin endlich mal Deutsch lernen, wir sind schließlich hier in Deutschland“ — schoss es mir durch den Kopf. Ich tat den kurdischen, türkischen und arabischen Müttern in Gedanken Unrecht, wie sich später auf schrecklichste Weise bewahrheiten sollte.

Reinheit, unverfälscht-unschuldige Natur, unbeschmutzte jungfräuliche Heimat gibt es nicht! Sie ist ein Traumgespinst, dem linke und rechte Romantiker, Ökofundis, Nationalisten jeder Couleur, die Pankower Gentrifizierungsgegner und die Kreuzberger Heimatschützer vergeblich nachjagen. Wir Schwaben sind nach Berlin gekommen, um hier zu arbeiten, Steuern zu zahlen, zu leiden und zu freuen uns – so wie alle anderen Menschen auch. Dafür erwarten wir keine Nächstenliebe, aber doch Toleranz, Duldung und Nachsicht bei den alteingesessenen Pankowern, Kreuzbergern, Charlottenburgern. Öffnung des Herzens, Öffnung der Ohren für das Fremde ist gefragt.

„Effata – apriti – öffne dich!“ diesen von Taubheit des Herzens heilenden, 2 Jahrtausende alten aramäischen Spruch möchte man all jenen entgegenrufen, die sich vergeblich an Reinheitsmythen festhalten und dem Fremden den Weg zum Brot oder Brötchen versperren.

Quellen:

Jenny White: Muslim Nationalism and the New Turks. Princeton University Press, Princeton 2013, Figure 5.1, Kindle-Ausgabe, Pos. 2651
Il Vangelo secondo Marco 7,34
Bild: Brötchenangebot in Kreuzberg, NP, am heutigen Tage: „Gouda Royalbrötchen 0,49“

 Posted by at 21:28
Jan 022013
 

Viele Male durfte der arme Fährmann Silvesterfeiern beiwohnen: das eine Mal mit einigen hochbetagten Freundinnen in Kreuzberg, das ander Mal mit einigen jungen Freunden und Freundinnen in anderen Städten.

Das eine Mal saßen wir Seit an Seit und sangen die alten Lieder, welche bis noch  vor etwa 30 Jahren verlässlicher Gemeinbesitz aller Deutschen gewesen waren: Heinrich Heines heute bei den Jüngeren vergessenes Ich weiß nicht was soll es bedeuten, Muss i denn muss i denn zum Städtele hinaus, In einem kühlen Grunde, Am Brunnen vor dem Tore und einige Dutzende andere Lieder, die alle schon über 100 oder auch 200 Jahre auf dem Buckel haben.   Selbst bei den geistig Armen, den „Dementen“, wie sie heute von den Experten genannt werden, kommen durch das Singen und Mitsingen, das stumme Erinnern und das leise Mitsummen die Lebensfreude und die Wärme in die Augen zurück.  Ich mischte meinen vergleichsweise jugendlichen Bariton laut und vernehmlich unter die Stimmen der Soprane und Altistinnen.

Die etwa 200 oder 300 volkstümlichen, gemeinsam zu singenden Lieder, die mündlich weitergegebenen, später von den Brüdern Grimm gesammelten Märchen, die von Stammvater Abraham sich herleitenden Ein-Gott-Religionen mit ihren prägenden Bildern, Lehren und Gleichnissen, die Bibel, vor allem aber die deutsche Sprache in ihren mannigfachen Dialekten – diese wenigen, jedoch durchaus konkret zu benennenden Gegebenheiten waren es im Grunde, was die Deutschen jenseits aller staatlichen Grenzen seit etwa 1600 kulturell zusammenhielt. Gewisse sittliche Gebote wie etwa „Du sollst nicht stehlen, lügen, töten“, „Ehre Vater und Mutter“ wurden trotz mannigfacher Verletzungen nie grundlegend in Zweifel gezogen. Dies galt unabhängig von landsmannschaftlicher Zugehörigkeit, vom Grad der Bildung, von politischer Richtung, von der staatlichen Verfasstheit der jeweiligen Staaten, in denen die Deutschen siedelten.

Nichts davon ist heute mehr selbstverständlich. Es gibt heute keine gemeinsamen Lieder mehr, die die Menschen mehrerer Generationen singen könnten, wenn sie zusammentreffen. Weder die deutsche Sprache bzw. die deutschen Dialekte noch die Religion oder der Erzählungsschatz der Bibel noch die Grimmschen Märchen gelten heute als einigendes Band aller Menschen, die in Deutschland leben. Es fehlt ein gewisser kultureller Grundkanon, es fehlt ein gewisser Grundkonsens in unserer Gesellschaft.  Die Vielzahl an Scheidungen, Trennungen, das bewusste Fördern und Fordern der Versingelung – etwa durch die Stadtplanung und durch das Sozialsystem – lockern zusätzlich das intergenerationelle Band. Die Familie, die lebenslange wechselseitige Verantwortung zwischen Eltern und Kindern wird heute in der Bundesrepublik Deutschland als Grundgerüst der Gesellschaft nicht mehr anerkannt.

Am ehesten kommt heute wohl der Volkswirtschaft, dem Geld, der Politik und dem Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland diese Rolle des einigenden Bandes zu. Fast alle Indikatoren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt werden heute der Sphäre der Ökonomie entlehnt. Alle Deutschen sowie alle in Deutschland lebenden Menschen scheinen sich selbst von der Geburt bis zum Grab als Anspruchsberechtigte heute gegenüber der Wirtschaft,  gegenüber dem großen Versorger und Allerhalter, dem deutschen Sozialstaat zu sehen. Die Politik befördert diese Grundhaltung des Geber-Staates. Soziale Sicherheit, „Solidarität“ durch den Staat wird von nahezu allen Parteien mehr oder minder überzeugend versprochen und in Ansprachen feierlich beschworen.

Die kulturelle Zusammengehörigkeit der Menschen wird heute jenseits der monetären Rückversicherung durch den Staat eher durch die Massenmedien und durch den Kult der Stars gestiftet. Alle schauen beispielsweise gebannt einen spannenden Rückblick auf das erfolgreiche Leben und Schaffen von Michael Jackson, dem Mann mit dem unwiderstehlichen Bewegungen, diesem großartigen Einsamen an. Kinder, Jugendliche  und Erwachsene finden im andächtigen Lauschen und Schauen, im gebannten Starren auf die Mattscheibe, zusammen. Im stillen Hocken und Sitzen stellt sich eine Art kulturelle Gemeinschaft her. Für alle Kinder stehen in den Haushalten elektronische Gerätschaften zur individuellen Freizeitgestaltung bereit. Die neuesten Songs werden von den Kindern und Jugendlichen in einem halblauten Stammeln mitvollzogen – selbstverständlich in englischer Sprache.

Ähnliche Funktionen erfüllt der Sport, erfüllen das gemeinsame Fahren und Dahinbrausen auf der Autobahn. Die großen, massiv gebündelten Daten- und Medienströme, das breite Betonband der Autobahn scheinen heute neben dem allgütigen Versorgerstaat den kulturellen Kitt der Gesellschaft zu bilden. Die Kinder und Jugendlichen werden oft schon recht früh in dieses System der medial vernetzten Determinanten eingegliedert.

Bild aufgenommen auf der Wilhelmstraße in Kreuzberg heute

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