Apr 012014
 

2014-03-09 11.59.58

„Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“  Nicht durch Waffen, nicht durch waffenartig hin- und hergeschleuderte Drohungen, sondern nur durch die Öffnung im Herzen, durch die Besinnung auf das einende Wort, durch das Aussprechen des einenden, zusammenführenden Wortes gelingt es, das Aneinander-Vorbeireden der Mächtigen dieser Welt zu durchbrechen. Dies dürfte Kernbestand der Theologie des Johannes sein.

Gemeinschaft im Wort, diese tiefe Sehnsucht treibt mich vom satten behaglichen Gewese und Getriebe der Bundesrepublik Deutschland  immer wieder hinaus ins Ungewisse, dahin, wo Europa noch schmerzt und wehtut, in die Weiten der russischen Steppe, ins windgepeitschte Sibirien, in die harten und langen Winter Murmansks, ins zwischen Finnland und Russland geteilte, ins Russland und Finnland einende Karelien.

An dem blütenweißen japanischen Klavier in der Drei-Kreuze-Kirche in Vuoksenniska ließ ich mich nieder. Es war Sonntag, längst war der Gottesdienst vorüber. Es war still. Vollkommene Stille herrschte in dem blühenden, muschelartig gewölbten, mutterschoßartig bergenden hellen Raum. „Wenn sich der Deckel öffnen lässt, dann darfst du zu ihm spielen. Wenn sich der Deckel nicht öffnen lässt, dann darfst du zu ihm nicht spielen.“ Ich versuchte den Deckel des Klaviers anzuheben. Er gab sofort nach. Ich wollte und sollte spielen. Und ich spielte für ihn. Ich spielte das, was mir aus dem Inneren  einfiel: das Präludium in C-dur, aus dem 1. Teil des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach. Dann präludierte ich über die d-moll-Ciacona des Köthener Meisters aus dem Jahr 1720. Die Töne klangen wie von selbst unter meinen Fingern. Ich spielte, ich sang, ich fragte. Ich nahm ein finnisches Gesangbuch und spielte die Nummer 47 daraus. Zuerst einstimmig, dann zweistimmig, dann dreistimmig, dann vierstimmig. Auch hier klangen die Töne von selbst unter meinen Fingern hervor. Ich versuchte, die Worte des finnischen Gesangbuches zu verstehen, aber ich erkannte nur einige wenige Namen, darunter den Namen Jeesus Kristus. Was mag dieser Name wohl für mich, für uns, für Europa bedeuten?

„Mensch, Jeesus!“, fragte ich und dehnte den ersten Vokal länger als üblich.  „Hältst DU denn diesen vielfach geschundenen, diesen so oft geplagten Kontinent zusammen?“ Oft habe ich IHN das schon gefragt, den leidenden Menschen, der zerrissen und ausgespannt über uns hängt. Hier ein Blick auf die drei Kreuze in der von Alvar Aalto gestaltete Kirche  im karelischen Imatra-Vuoksenniska.

Wie durch Fügung, wie durch Zufall kreuzte den Weg des Kreuzbergers der ganz andere Weg des auf Russisch schreibenden Autors Changeant Trapier, der von der anderen Seite her, vom Osten her,  ein ähnliches Unterfangen verfolgt wie wir vom Westen her.

„Die Straßen Magdeburgs“, eine Folge von Geschichten und Märchen, die sich sowohl von vorne wie von hinten lesen lassen, ein Kaleidoskop von verblüffenden Begegnungen in einem real-fiktiven Magdeburg! Eine Auseinandersetzung eines jungen, im Heute und Hier lebenden Russen mit dem, was er sich unter Deutschland vorstellt, hinstellt oder auch bloß ausdenkt. Spannend zu lesen.

Es ist ein Roman über die Stadt und ihre Menschen. Ein zentrales Thema sind dabei Beziehungen zwischen Menschen,  ist dabei auch die Zuneigung und Liebe zwischen Mann und Frau, zwischen unterschiedlichsten Menschen. So ist das Leben, so bunt, so vielfältig, diesseits und jenseits der Grenzen!

Улицы М » Тряпьё Моё Шанжан Тряпье.

 Posted by at 21:40

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