Europa neu erzählen: Von der sacralità dell’euro zur divinità del verbo

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Mai 312014
 

Se cade l’euro cade anche l’Europa e questo non deve accadere.“ „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“ So zitiert der Italiener Angelo Bolaffi die maßgebliche deutsche Politik, und er stimmt ihr ausdrücklich zu.

Das Geld, „lo sterco del Diavolo“, wie man in der Stadt Rom dazu auch sagt, soll das Unterpfand Europas sein. Der Euro, das Geld wird ausdrücklich zu etwas Unantastbarem erklärt. Der Euro ist für die maßgebliche, erst neulich wieder bestätigte deutsche Politik und für die Mehrheit der Wähler gewisssermaßen geheiligt.

Wer am Euro zweifelt, ist ein Feind Europas. Die EZB wird im Verbund mit der Dreifaltigkeit aus EZB, IWF und EU-Kommission, der berüchtigten Troika, zum Hohenpriester der Europäischen Union erklärt. Im Umkehrschluss gilt: Wo der Euro nicht als Währung gilt – also etwa in Kiew, Luhansk, London, Warschau, Prag, da ist auch kein Europa, oder doch nur ein Europa der zweiten Klasse.  Prag, Warschau, London, Luhansk, Moskau sind also weniger europäisch als Berlin, Rom, Athen oder Lissabon.

Wir dürfen übersetzen: Im Anfang war der Euro. Ohne europäisches  Geld kein Europa.

So weit also das Glaubensbekenntnis, das Evangelium  der heute maßgeblichen EU-Politik. Geld regiert die Welt oder mindestens doch die Europäische Union. Die Bücher der EZB und der Fed werden überall eifrig gelesen und studiert. Die Leitzinsentscheidungen der Zentralbanken werden wie Gottesurteile eifrig und gläubig gelesen, kommentiert, zitiert. Sie sind wichtiger selbst noch als Wachstumszahlen, Arbeitslosenzahlen, Zahlungsbilanzen, Wanderungssalden, Jugendarbeitslosigkeit.

Ist das alles, woran Europa glaubt, je geglaubt hat?

Die vier Evangelien, überhaupt die christliche  Bibel, das sind die Bücher, die wirklich in ganz Europa, von Murmansk im Norden Europas über Samara (das frühere Tscheljabinsk) und Moskau im Osten Europas,  über Kiew, Luhansk und Donezk ganz in der Mitte Europas, bis hin zu Lissabon ganz im Westen Europas oder Lampedusa ganz im Süden Europas übersetzt, gelesen und verkündet worden sind. Der Osten Europas hat die Bibel im ersten Jahrtausend der Zeitrechnung überwiegend aus dem Griechischen übersetzt, der Westen Europas hat im ersten Jahrtausend der Zeitrechnung die Bibel überwiegend aus dem Lateinischen übersetzt. Der Osten Europas ist durch die byzantinisch-orthodoxe Spielart des Christentums geprägt worden. Der Westen Europas ist durch die römisch-katholische Spielart des Christentums geprägt worden.

Typisch für den Westen, das „Abendland“ ist das jahrhundertelange streitige, oftmals blutige Gegeneinander von „Kaiser“ und „Papst“,  von weltlicher und geistlicher Gewalt.

Typisch für den europäischen und asiatischen Osten, für das Morgenland, ist das jahrhundertelange wechselseitige Unterstützen von weltlicher und geistlicher Autorität. Der Kaiser, der Zar, der Kalif oder Sultan ist im Osten stets auch weltliches Oberhaupt der Kirche bzw. der Umma. Was man gern Zäsaropapismus nennt, ist genau dieses unerschütterliche Vertrauen in die Person des Machthabers. Es ist der Kult des starken Mannes an der Spitze.

Auch im Bereiche der Übersetzung gilt: Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος, im Anfang war das Wort. 

So schreibt es der Berliner Übersetzer Walter Benjamin. Er stellt sich damit ausdrücklich in den breiten Strom der jüdisch-christlich-muslimischen Überlieferung, welche erst Europa zu dem gemacht hat, was es heute ist.  Er zitiert den Anfang des Johannes-Evangeliums, dessen Kenntnis der große Deutsche Walter Benjamin damals, vor einigen Jahrzehnten, noch so sehr voraussetzen durfte, dass er auf eine Quellenangabe verzichtete.

Auf arabisch heißt dieser Logos Kalimat Allah  – das Wort Gottes, synonym für Jesus gebraucht.

Für die Jesus-Nachfolger  ist die Person Jesu Christi das lebendige Wort Gottes, Dreh- und Angelpunkt der eigenen Geschichte und auch der Heilsgeschichte.

Wir dürfen aus christlicher Sicht sagen: „Se cade il verbo, cade l’EuropaE questo non deve accadere.“

Wenn das Vertrauen in das Wort, in die Sprechfähigkeit des Menschen scheitert, dann scheitert Europa. Wenn das Vertrauen in das lebendige, zusammenführende, versöhnende Wort scheitert, dann scheitert der Friede.  Ob nun in Luhansk, Lissabon, Donezk, Berlin, Lampedusa, Lissabon, London, Rom  oder Warschau.

 

Quellennachweise:

Angelo Bolaffi: Cuore tedesco. Il modello tedesco, l’Italia e la crisi europea. Donzelli editore, Roma 2013, S. 253

Walter Benjamin: Illuminationen. Ausgewählte Schriften. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1980 [=suhrkamp taschenbuch 345], S. 59

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Unter dem schützenden Dach der Buche – sub tegmine fagi

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Mai 302014
 

2014-05-01 15.06.03

 

 

 

 

 

 

 

 

Tityre tu patulae recubans sub tegmine fagi
silvestrem tenui musam meditaris avena
nos patriae finis et dulcia linquimus arva
nos patriam fugimus tu Tityre lentus in umbra
formosam resonare doces Amaryllida silvas …

Tiyrus rücklings gelehnt unter dem schützenden Dach der Buche …

Einen berauschenden Sonnen- und Sinnesgenuß hat der europäische Dichtervater hier in Worte gegossen.  Gerade erst blitzt der Sonnenstrahl über Kreuzberg auf, unten im Hof plätschert der immerwache Brunnen. Das Volk tut und das Kind tut, was es gern tut – es schläft.

Arkadien – ein erdachtes Paradies steigt in aller Frühe aus dem Papier ins Ohr hinein.

Noch wenige Wochen, bis zum 22. Juni 2014, verbleibt die Ausstellung „Arkadien – Paradies auf Papier“ im Berliner Kupferstichkabinett zu besichtigen. Dann wird sie die Pforten schließen. Das empfindliche Papier verträgt ungeschützt den Strahl des Lichts immer nur kurze Zeit. Du schaust, du staunst: So ist dies also. Ich besuchte die Ausstellung vor einigen Tagen. Die zarten, oft mit Andeutungen und Anspielungen arbeitenden Zeichnungen riefen lange verschüttete Klänge, Wörter und Bilder hervor.

Der Anblick des Schönen ist endlich. Er ist zeitlich befristet.

Aber unsere Ohren können sich – gestützt auf den schwachen Abdruck des gezeichneten Erinnerungsbildes – den Klang der Worte Vergils jederzeit ins Gedächtnis rufen. Diese Worte haben das Bild hervorgebracht, sie überdauern die Zeiten, sie sind dauerhafter als das Papier, dauerhafter als das Erz der Druckplatte, aus der der Kupferstich für wenige Jahrzehnte des Anblicks nur hervorging.

via Vergil, ecloge 1: Meliboeus und Tityrus (lateinisch, deutsch).

Ausstellung:
Arkadien – Paradies auf Papier. Landschaft und Mythos in Italien. Kupferstichkabinett. Staatliche Museen zu Berlin, 7. März – 22. Juni 2014

Bild:

Eine Blumenwiese mit Bächlein, unter dem schützenden Dach von Buchen. Aufnahme des Wanderers vom 1. Mai 2014, Thüringer Wald, bei Eisenach

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Grazil stabil! Oder: You lost – I gained!

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Mai 282014
 

2014-05-01 06.55.42

Ein Kreuzberger Vater erzählt:

„You look so slim … You lost – I gained!“ Derart scherzend begrüßte mich kürzlich nach längerer Abwesenheit ein gutgelaunter, gutgenährter  amerikanischer Freund, als er meinen neuerdings merklich schlankeren Leibesumfang bemerkte.

Yepp! Gewinn und Verlust wäget ein sinniges Haupt, sagt der schwäbische Leib- und Magendichter, unser Fritz. Why on earth?

Antwort: Bei uns schwingt Schmalhans den Kochlöffel. Pellkartoffeln, Krautsalat, dazu noch einen Kräuterquark, ferner selbstgekochten Pfefferminztee, wohl auch zur Abwechslung selbstgekochten Brennnesseltee. Das tischen wir gern immer wieder auf. Das reicht meist vollkommen aus in einem Vater-Kind-Haushalt. Als Nachtisch gibt es eine köstliche Banane oder eine saftige Birne oder einen kugelrunden leuchtenden Apfel.

 

Kommentar:

Ein Kilo Kartoffeln kostet ab 79 Cent.

Aufgepasst! 500 g kernige Haferflocken kosten beim Netto z. Zt. 39 Cent! Davon kann man 8 Mal frühstücken. Also bitte. Preiswert und gesund gemeinsam als Familie essen. Das wirkt Wunder. Der Geldbeutel erholt sich, der Arzt verdient nichts an der Behandlung von Diabetes, Fettleibigkeit, Attention Deficit Disorder.  Die Lebensmittelkonzerne verdienen weniger.

Es bedarf doch wahrlich keines zuckrigen Coca-Colas, keiner klebrigen Fritten, keines Nutellas, keines Hamburger-Fleischstückes, um satt zu werden.

Wenn Schmalhans Küchenmeister ist, freut sich der Magen. Es freut sich der Mensch.

Bild:

Grazil stabil. Die neue Gänsebachtalbrücke, Gewinnerin des Deutschen Brückenbaupreises 2014. Ausschnitt aus dem Kundenmagazin der Deutschen Bahn, db mobil, Aufnahme aus dem fahrenden ICE vom 01. Mai 2014

 

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Il maggior dono europeo: die Freiheit

 Dante, Europäische Union, Freiheit, Gouvernance économique, Subsidiarität  Kommentare deaktiviert für Il maggior dono europeo: die Freiheit
Mai 262014
 

 

Sicherheit und ein stabiler Euro. So will ich Europa.“ Mit dem großen Versprechen auf Sicherheit traten sie an; Währung, das Geld, die Wirtschaft, die umfassende Sicherheitsverheißung der zentraleuropäisch lenkenden, zentraleuropäisch ausgleichenden Politik – das waren im Grunde die tragenden Aussagen, mit denen viele Parteien die Europawahlen bestritten und auch mehr oder minder erfolgreich ihren guten Platz in der Wählergunst behaupteten. Wir übersetzen:  „Wenn es dem Geld gut geht, wenn der Euro stabil ist, dann geht es auch den Menschen gut. Dann herrscht Sicherheit. Ohne Sorge seid ohne Sorge!“

Lo maggior don fu de la volontà la libertate – das größte Geschenk war die Freiheit des Willens“. So Dante Alighieri, in unseren Ohren heute der Europa-Dichter par excellence,  im 5. Gesang des Paradiso seiner Divina Commedia. Für einen überzeugten Europäer wie Dante konnte die Steuerung des Geschehens nicht durch einen einzigen, zentralen Regelungsmechanismus erfolgen; weder der Papst noch der Kaiser durften beanspruchen, alle Zügel in der Hand zu halten.

Vielmehr sah Dante die letzte Verantwortung beim einzelnen Menschen und seiner Freiheit. Die Freiheit jedes Christenmenschen sah Dante als größtes Geschenk Gottes an den Menschen. Martin Luther ist ihm hierin gefolgt und schrieb darüber sogar eine ganze Schrift.

Freiheit zuerst! „Die Freiheit ist das Wichtigste„,  diese Kernaussage Willy Brandts bzw. Dante Alighieris scheint so manche europäische Wähler vom Stabilitätsanker und vom Sicherheitsversprechen der soliden und zentral bewährten europäischen Parteien abwendig gemacht zu haben.

Das gleiche Bild bietet auch der Volksentscheid Berlin. Die Wählerinnen und Wähler wollen den zentralen Versprechungen der Politik offenbar nicht folgen. „Wir wollen gar nicht, dass die obrigkeitliche Politik für uns Wohnungen auf dem Tempelhofer Feld der Freiheit baut. Wir Bürger sollen und wollen selber bauen, und zwar da, wo wir dies wollen.“

Das europäische Wahlergebnis ist zweifellos ein Votum für mehr Dezentralisierung, für mehr Subsidiarität, für weniger zentrale Wirtschaftslenkung, für mehr Marktwirtschaft und weniger zentralistische Staatswirtschaft in Europa.

Die europäischen Wähler holen sich ihre Freiheit zurück.

Die Europäische Union muss, wenn sie verlorenes Vertrauen beim Menschen zurückgewinnen will, die Einsichten eines Dante Alighieri, eines Willy Brandt oder eines Martin Luther beherzigen: Sie muss der Freiheit des Menschen mehr Vertrauen schenken. Sie muss weniger zentral regeln. Sie muss Europa neu denken und Europa neu erzählen.

„Erkenne den Wert der Freiheit!“ Darin liegt der hohe Wert des Votums der europäischen Wähler – l’alto valor del voto, wie dies Dante nennen würde.

Lies selbst im 5. Gesang des Paradiso:

«Lo maggior don che Dio per sua larghezza
fesse creando, e a la sua bontate
più conformato, e quel ch’e‘ più apprezza,
fu de la volontà la libertate;
di che le creature intelligenti,
e tutte e sole, fuoro e son dotate.
Or ti parrà, se tu quinci argomenti,
l’alto valor del voto, s’è sì fatto
che Dio consenta quando tu consenti; […]

via Divina Commedia di Dante (TESTO INTEGRALE).

Bild: Aufnahme aus der Sicht des Willy-Brandt-Hauses vom 29.04.2014, Kreuzberg, Berlin

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Doch fürcht ich, dass es sich ergetzt, …

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Mai 232014
 

„Ach herrje … jetzt sind auf einmal alle unanständigen Wörter in der Öffentlichkeit verboten … Was mach ich bloß mit meiner neuen Oper … muss ich die jetzt umschreiben … oder kürzen … oder ganz wegwerfen …?“ seufzte eine russische Komponistin auf einem der zahlreichen Internetforen, auf denen wir uns tummeln.

„Füg doch einfach immer einen PIEPTON ein, wie in den USA, so weiß dein Publikum, dass es sich hier ein unanständiges Wort hinzudenken muss!“, riet ein Forumsfreund.

„Danke, danke! Ich glaube, meine Oper wird ein Renner – die Leute werden strömen!“, bedankte sich artig und überglücklich die Komponistin.

Kommentar aus deutscher Sicht:

Ja ja, das Publikum!

In der Walpurgisnacht Goethes heißt es ja so treffend über das Publikum:

„Doch fürcht ich, daß es sich ergetzt,

Wenn es die Sittlichkeit verletzt.“

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Feindbilder: „Rechts-trotzkistische Sowjetfeinde“

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Mai 222014
 

Feindbilder erkennen – Feindbilder benennen!

Rechtstrotzkistische Sowjetfeindschaft! So lautet der Vorwurf gegen Boris Bibikow, den Großvater des Schriftstellers Owen Matthews – übersetzt aus dem Russischen: Zugehörigkeit zu einer „antisowjetischen rechts-trotzkistischen Organisation in der Ukraine – (антисоветской право-троцкистской организации на  Украине)„. Beweise konnten dafür nicht erbracht werden, zumal der Vorwurf des „Rechts-Trotzkismus“ heute geradezu absurd erscheint.  Es kann aus heutiger Sicht keinem Zweifel unterliegen, dass der Kommunist Boris Bibikow bis zu seinem Tod ein loyaler Bürger der Sowjetunion, ein glühender Patriot und leidenschaftlicher Kommunist war. Dennoch zog er sich durch offene  Kritik an einigen sichtbaren Missständen die Ungnade der Nomenklatura zu. Er wurde nach erpressten Geständnissen zahlreicher Mitgefangener verurteilt wie Hunderttausende andere auch.

Kritik an gravierenden Fehlentwicklungen wurde in der Sowjetunion der Jahre 1936-1938 mit „rechts-trotzkistischer Feindschaft zur Sowjetunion“ ausgelegt.

Quelle:
„Tod eines Parteigenossen“, in: Owen Matthews, Winterkinder. Drei Generationen Liebe und Krieg. Aus dem Englischen von Vanadis Buhr. Mit 34 Fotos. Graf Verlag (Ullstein Buchverlage), München 2014, S. 60-80, hier: S. 69

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Achtung – Rechtspopulismus bei Grünen und SPD

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Mai 222014
 

2014-05-01 12.17.37

http://www.hna.de/nachrichten/politik/europawahl/gruene-werfen-merkel-debatte-ueber-sozialmissbrauch-populismus-zr-3576750.html

Zittern und Zagen ist zwei Tage vor der Europawahl ausgebrochen.  Jetzt wurde auch Bundeskanzlerin Merkel von den Grünen vorgeworfen, sie wolle die Rechtspopulisten rechts überholen. Na prima. Dann muss man aber auch sagen, dass die Grünen wie etwa Daniel Cohn-Bendit die Rechtspopulisten rechts und die Linkspopulisten  links überholen wollen. Wie machen sie das bloß? Zählt man alle Europäer links und rechts zusammen, so kommt man auf 90%aller Menschen, die sich dem Vorwurf des Populismus ausgesetzt sehen. Also ist es egal, ob jemand niedrigstehender Populist oder geistig hochstehende Elite ist. Lest folgendes:

 

 

 

Aus der Deutschland-taz: Rechte Lebenslügen – taz.de Es stimmt, dass Einwanderer unsere Sozialsysteme ausbeuten wollen. Ebenso, dass es viele Menschen aus Mittelschichten oder aus der Oberschicht gibt, die unser System schröpfen, indem sie Steuern hinterziehen. Steuerhinterziehung und Einwanderung in Sozialsysteme sind zwei Seiten einer gleichen Münze, nämlich die Schwächung des Gemeinwesens. Solange die Debatte nur um die Schwachen geht, geht die von Thilo Sarrazin befeuerte Debatte in die Irre.

Das sagte Daniel Cohn-Bendit, grüner Abgeordneter im Europäischen Parlament laut taz vom 07.12.2010, S. 3. Bedenklich! Ist dieser Mann noch als Parlamentarier tragbar? Muss ihn seine Fraktion jetzt ausschließen? Wird ihn die NPD aufnehmen müssen? Ausbeutung der Sozialsysteme durch Einwanderer? Ebenso schlimm wie Steuerhinterziehung durch Großkapitalisten? Das klingt ja fast so schlimm wie Sozialbetrug – oder – noch schlimmer, AKW-Laufzeitenverlängerung! Ich kann nur dringend davon abraten, dieses Thema zum Thema zu machen! Man sollte es als aktiver Politiker gar nicht erst ansprechen.

Bezirksstadtrat Stephan von Dassel (Grüne), Heinz Buschkowsky (SPD), Jürgen Zöllner (SPD), Thilo Sarrazin (SPD), sie alle haben in den vergangenen Jahren öffentlich dieses Thema des Sozialmissbrauchs deutlich angesprochen. Man wird sofort in die rechtspopulistische Ecke getrieben, wenn man so etwas Böses sagt wie Daniel Cohn-Bendit, Heinz Buschkowsky  oder Jürgen Zöllner.

Fazit:

Die Grünen und die SPD sind astreine rechtspopulistische Parteien. Wer etwas gegen den Rechtspopulismus tun will, sollte nicht die Grünen, nicht die CSU und nicht CDU und nicht die SPD wählen. Denn Vertreter dieser Parteien haben öffentlich das Thema des Sozialbetruges und der gezielten Einwanderung in die Sozialsysteme angesprochen.

Bild: Ein rechtspopulistisches Führungsschild im grünen grünen Thüringer Wald. Aufnahme vom  Tag der Arbeit 2014

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Autofreie Zonen schaffen … aber wie?

 Friedrichshain-Kreuzberg, Nahe Räume  Kommentare deaktiviert für Autofreie Zonen schaffen … aber wie?
Mai 222014
 

2014-05-08 16.17.51

Gutes Thema, gutes Format, gute Leute auf dem Podium!  Statt immer nur vollverkachelte Bäder zu verhindern, zweite Badezimmer für pflegebedürftige Alte  und private Ferienwohnungen für kinderreiche Familien auf Städtetrip zu verbieten bzw. auf die gefühlten  60 bis 70% Rechtspopulisten in Polen, Italien, Deutschland oder UK zu schimpfen, sollte die Bezirkspolitik Diskussionsprozesse anregen, Veränderungen im Dienste eines mitmenschlichen Zueinanderfindens anregen. Wir brauchen mehr Ruhe, saubere, nicht beschmierte Wände auf Gassen und Straßen, weniger Glasscherben auf Radwegen, weniger Unfälle,  weniger Verletzungen, weniger Platzverbrauch, weniger Lärm und weniger Gestank durch PKW.

Warum nicht auch einmal etwas für den Umweltschutz tun? Der liegt in Friedrichshain-Kreuzberg ja praktisch brach. Bitte mehr davon, liebe Grüne!

 

 

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bezirksparlament Friedrichshain-Kreuzberg sendet uns eine Einladung zu einer Veranstaltung, die zu besuchen sich sicher lohnt. Lest selbst die unveränderte Einladung:

Welche Auswirkungen haben autofreie Zonen auf einen Kiez? Mit welchen baulichen Maßnahmen kann man den Verkehr beruhigen? Welche Formen der Verkehrsberuhigung kann ein Bezirk rechtlich und finanziell stemmen? Diese und weitere Fragen wollen wir bei einem Fachgespräch „Verkehrsberuhigung – Möglichkeiten und Grenzen bezirklicher Maßnahmen“ mit Expert*innen und Interessierten diskutieren.

Wir laden Sie/euch herzlich dazu ein!

Wann? Am Dienstag, 27. Mai 2014 von 17-20 Uhr

Wo? Im BVV-Saal des Kreuzberger Rathauses, Yorckstraße 4-11, 10965 Berlin (U-Bahnhof Mehringdamm)

Programm: 17-18 Uhr Expert*innenpodium 18-19 Uhr Kleingruppendiskussionen zu unterschiedlichen Themenaspekten 19-20 Uhr Vorstellung der Ergebnisse

Auf dem Podium: – Anja Hänel, Verkehrsclub Deutschland (VCD) e.V. – Prof. Dr. Thomas Richter, Fachgebiet Straßenplanung und Straßenbetrieb, TU Berlin – Heribert Guggenthaler, ehem. Leiter des Referats Planung und Gestaltung von Straßen und Plätzen, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Wir bitten um Anmeldung bis zum 25. Mai an presse-xhain[at]gruene-berlin.de.

Aktuelle Informationen zur Veranstaltung auch hier: http://gruenlink.de/qj3

Bild: ein Blick auf den Fahrradabstellplatz bei der re:publica, Kreuzberg am 08.05.2014

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Mai 212014
 

„Jeder der bei uns in der Ukraine die Wahrheit über die Vergangenheit sagte, wurde nach Magadan geschickt. Die meisten kamen nicht wieder. Diejenigen, die wiederkamen, erzählten wohlweislich nichts.“ So erzählte es mir persönlich eine Ukrainerin, mit der ich vor wenigen Wochen über die aktuelle Lage in der Ukraine sprach. Diese Worte der Ukrainerin fallen mir soeben wieder beim Lesen des Buches „Stalin’s children“ ein, das auf Deutsch unter dem Titel „Winterkinder“ erschienen ist. Das Geschehen – also die authentische Lebensgeschichte von drei Generationen einer russisch-englischen Familie, erzählt von einem Sohn dieser Familie – spielt überwiegend in der Ukraine. Das Buch bringt alle die Städtenamen, von denen  jetzt auch wieder die Tagespresse voll ist: Simferopol, Charkow/Charkiw, Odessa, Donezk … und viele mehr.

Stalin’s Children ist ein erzählendes, biographisches, mehrere Generationen umspannendes  Buch, das – wenn man so will – den historischen Hintergrund für die jetzige weltpolitische Auseinandersetzung liefert. Die Ukraine war ein entscheidendes Schlachtfeld, vielleicht das entscheidende Schlachtfeld  der eliminatorischen Vernichtungsstrategie der sowjetischen Kommunisten gegenüber ihren wirklichen oder eingebildeten Feinden, den „Kulaken“, den „Volksfeinden“, den „Schädlingen“, den Trotzkisten, den „Antisowjets“,  dem „Ungeziefer“. Insofern ist die Ukraine das mitteleuropäische Land par excellence, es liegt genau an der Nahtstelle zwischen Osteuropa und Westeuropa. Ich wage zu behaupten: Es IST die Nahtstelle. Es sind die „Bloodlands“, wie sie Timothy Snyder nennt, in denen sich die schlimmsten Verbrechen der europäischen Geschichte ereignet haben.

Eine zweistellige Millionenzahl an Todesopfern brachten diese eliminatorischen, systematisch geplanten und vollzogenen Massenvernichtungsaktionen der sowjetischen Kommunisten (und danach der Nationalsozialisten) hervor.

Und warum ist davon – von diesem „Holodomor“, der doch wesentlich mehr Opfer forderte, mindestens so eliminatorisch war wie der deutlich später einsetzende „Holocaust“, so wenig bekannt bei uns in der westlichen Hälfte Europas, während der Holocaust, der danach ebenfalls schwerpunktmäßig in der Ukraine und in Polen stattfand, in aller Munde ist?

Die Antwort ist zweifach:

1. Es gab fast keine Überlebenden bei den Auslöschungsaktionen der Sowjets in der Ukraine. Während der Terror der Nationalsozialisten sich im wesentlichen auf die Jahre 1933-1945 beschränkte, erstreckte sich der nicht minder brutale, nicht minder eliminatorische  Terror der Kommunisten, der sich davor, danach und gleichzeitig schwerpunktmäßig ebenfalls im Gebiet der Ukraine entfaltete, über mehr als 3 Jahrzehnte. Lange genug, um die wenigen überlebenden Augenzeugen zum Schweigen zu bringen, lange genug, um eine Mauer des Schweigens um die über viele Jahre sich hinziehenden Massenmorde zu errichten.

2. In der Sowjetunion galt ebenso wie in der DDR  mindestens bis 1956 ein absolutes Frageverbot, ein absolutes Schweigegebot über die eliminatorischen Massenvernichtungsaktionen der sowjetischen Kommunisten. Nur die oberen Kader der Kommunistischen Partei, also etwa Stalin oder Nikita Chruschtschow, hatten ein einigermaßen vollständiges Bild vom Umfang der radikalen Vernichtung, der Dezimierung und Auslöschung ganzer Völkerschaften, ganzer Klassen des Volkes durch die Kommunisten in den Jahren 1917-1953. Das Volk, die breiten Massen wurden belogen und betrogen nach Strich und Faden. Hätten nun die Kommunisten das ganze Ausmaß der kommunistischen Massenverbrechen enthüllen und aufarbeiten können, so wie ja ab 1945 nach und nach das ganze Ausmaß der Verbrechen der Nationalsozialisten aufgedeckt worden ist und zu Recht auch weiter aufgedeckt wird?

Nein, sie wollten und konnten es nicht, denn die Offenlegung des ganzen Umfanges der kommunistischen Massenverbrechen in den Jahren 1917-1956  hätte der kommunistischen Herrschaft in den Staaten des Warschauer Pakts sofort jede Legitimität entzogen. Der Kommunismus wäre als Ideologie, als Lehre und als Praxis bereits kurz nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956, nicht erst 1989/1990 zusammengebrochen, so wie der Nationalsozialismus im Jahr 1945 nach dem verlorenen Krieg nicht zuletzt durch die Offenlegung seines durch und durch verbrecherischen Charakters zusammengebrochen ist.  Die Kommunisten hätten bei Öffnung der Archive und bei echter Forschungs- und Redefreiheit trotz des gewonnenen Krieges bereits 1956 die Macht verloren, so wie die Nationalsozialisten 1945 die Macht verloren.  Bereits 1956, nicht erst 1989/1990 wäre die Mauer zwischen Ost und West gefallen.

Nicht zuletzt wäre es bei einer echten Vergangenheitsbewältigung in der UdSSR zu zahlreichen gespaltenen Loyalitäten, zum Auseinanderbrechen von Familien, Ehen, Freundschaften  gekommen. Denn selbstverständlich sind nicht alle gläubigen Kommunisten „böse“. Im Gegenteil! Viele waren auch von lauteren Motiven beseelt. Selbst etliche Massenmörder glaubten wohl, die bis dahin nahezu singulären eliminatorischen Massenverbrechen in der Ukraine im Dienste der Menschheit vollbringen zu müssen.

If only there were evil people somewhere insidiuously committing evil deeds, and it were necessary only to separate them from the rest of us and destroy them. But the line dividing good from evil cuts through the heart of every human being. And who is willing to destroy a piece of their own heart?

Stalin’s children / Winterkinder – ein lesenswertes Buch. Ihm entnehmen wir dieses obenstehende Zitat. Es hinterlässt mich zutiefst betroffen.

Owen Matthews: Stalin’s Children. Three Generations of Love, War, and Survival. Bloomsbury, London / Berlin / New York 2008. Elektronische Ausgabe, hier Pos. 812 von 4397
Owen Matthews: Winterkinder. Drei Generationen Liebe und Krieg. Aus dem Englischen von Vanadis Buhr. Mit 34 Fotos. Graf Verlag (Ullstein Buchverlage), München 2014, hier S. 76

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Schlagkräftig: Überwachen und Strafen durch den öffentlichen Dienst der Stadt Berlin

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Mai 202014
 
Laut singend beginnen wir den herrlichen sonnigen Tag: „Das ist Berlin, Berlin, Berlin, die wunderschöne Stadt!“ 34 komplett neue Stellen im öffentlichen Dienst hat soeben einerseits der Berliner Finanzsenator (SPD) zum Aufbau einer „schlagkräftigen Abteilung“ (Jens-Holger Kirchner, Stadtrat in Pankow, Grüne) zur Überwachung des grandiosen neuen Berliner Ferienwohnungsverbotes bewilligt  („Klingelt’s schon?“, Tagesspiegel, 10. Mai 2014). Staun: Nur 34 neue öffentliche Bedienstete in den 12 Bezirksämtern , um Hunderttausende und Hunderttausende von Berliner Mietwohnungen  schlagkräftig zu überwachen?! Kann das reichen!?
Dauerhaft fehlen andererseits  20-40 Vollzugsbeamtenstellen in den Berliner Gefängnissen, aus deren einem soeben mithilfe des Durchsägens uralter Gitterstäbe (ein uralter Trick!) ein Häftling entkommen ist.

Darüber schreibt die Berliner Morgenpost heute:

„Es gibt schon seit Jahren kein Personal mehr auf den Wachtürmen, und Mitarbeiter für die Außenrunden fehlen auch“, sagte Thomas Goiny vom Bund der Strafvollzugsbediensteten. „Mit mehr Personal hätte man den Ausbruch vermutlich viel früher entdeckt oder sogar verhindern können.“ Nach Aussagen Goinys werden in den Berliner Justizvollzugsanstalten täglich zwischen 20 bis 40 Dienstposten aufgrund von extremen Personalmangel nicht mehr besetzt.

Chapeau, Chapeau an alle, an all die grünen Bezirksstadträte, an den Finanzsenator (SPD) und an den Justizsenator (CDU), aber auch an die beiden sportlichen Ausbrecher!
Dennoch sind Zweifel angebracht: Reichen 34 neu zu schaffende Stellen zur schlagkräftigen Überwachung aller potentiellen Berliner Ferienwohnungsvermieterinnnen und-vermieter aus? Oder muss nicht vielmehr das gemeine Volk zur Mithilfe bei der Überwachung des gemeinen Volkes eingeladen werden?
Müsste man nicht eigentlich alle JVA-Beamten aus den Berliner Gefängnissen abziehen, um eine lückenlose Überwachung wirklich aller Berliner Bürgerwohnungen bzw. eine Durchsetzung des Ferienwohnungsvermietungs- bzw. Mietwohnungszweckentfremdungsverbotes zu gewährleisten?
Fragen über Fragen!
http://www.tagesspiegel.de/berlin/verbot-von-ferienwohnungen-in-berlin-vorwurf-der-blockwartmentalitaet/9871846.html
http://www.morgenpost.de/berlin/article128198800/Flucht-aus-der-JVA-Justizsenator-Heilmann-unter-Druck.html

 

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Contra Freizeitorientierung! Pro Prinzenbad!

 Görlitzer Park, Prinzenbad  Kommentare deaktiviert für Contra Freizeitorientierung! Pro Prinzenbad!
Mai 182014
 

Einen deutlichen Dämpfer, einen Stimmungsduscher erlebten wir heute beim Versuch, das Spreewaldbad in der Wiener Straße zu entern: Meine letzte Barschaft hatte ich in die Packtasche gesteckt: „11 Euro 50, das müsste dicke für zwei reichen“, dachte ich.  Dann schwangen wir uns auf das alte Raleigh-Tandem. Denn meinem zweiten Sohn ist vor drei Tagen das Fahrrad gestohlen worden, so dass wir auf unsere alte Familienkutsche zurückgreifen müssen. Wir querten am Kotti die Route des Velothons, den wir dieses Jahr nicht mitbestritten. Schon war es geschafft! Wir schlossen das Tandem vor dem Zirkus Cabuwazi an.

„Bitte einmal den Eintritt für ein Kind und  einen Erwachsenen.“ So sagte ich’s artig und schlicht an der Kasse an.

„Dreizehn Euro!“, scholl es zurück. Ich glaubte mich verhört zu haben und schob gutgläubig wie ein des Rechnens unkundiger Analphabet meine gesamte Barschaft zur freundlichen Kassiererin: 11 Euro 50.

„DREIZEHN EURO!“ sagte die freundliche Kassiererin unverwandten Blickes freundlich. „Aber das  das kann doch nicht sein“, stotterte ich.

„Tja, das ist jetzt ein freizeitorientiertes Schwimmbad und deswegen kostet es mehr!“, klärte mich ein freundlicher Familienvater auf. „Wir haben das letzte Mal auch geschluckt, aber es ist eben freizeitorientiert.“

„Ich habe nicht so viel bei mir!“, seufzte ich. Blickdialog: — ?-! -!! – Schweigen im Spreewalde, Stummheit hinter der Kasse! Wir zogen Leine wie Leichtmatrosen, die für zu leicht, für nicht geldschwer genug, für sozial schwach eben befunden worden worden waren.

Tja, ein letzter Blick auf den Preisaushang bestätigte die Deutung. Freizeitorientierung – die kostet neuerdings extra! Oder war es der Warmwasserzuschlag? Ich war so verwirrt, dass ich es nicht mehr genau weiß. Freizeitorientierungszuschlag –  ist das vielleicht eine Art Gentrifizierungszuschlag, oder muss man extra zahlen, weil man gleich danach allerlei Kräuter und Düfte erwerben kann, so direkt neben dem Görlitzer Park in diesem sozial starken SO-36-Stadtgebiet?  – Oder eine Ferienwohnungszuschlagsabgabe für mutmaßliche gesetzesbrecherische Touristen zur Finanzierung der geplanten neuen Mitarbeiter und der neuen Mitarbeiterwohnungen der Berliner Bezirksverwaltungen für die schlagkräftige Überprüfung der Zweckentfremdungs- und Ferienwohnungsverbotsverordnungseinhaltung? Wir wissen es nicht. Wir werden oder wollen es nicht erfahren. Beim letzten Besuch vor etwa einem oder zwei Jahren zahlten wir (glaube ich) 6,50 Euro für Vater und Kind zusammen.

Also schwangen wir uns wieder aufs Tandem und wählten  – die Alternative für Deutschland,  das bekannte und berühmte Prinzenbad. „Sind Sie jetzt auch ein freizeitorientiertes Bad – oder weiterhin ein arbeitszeitorientiertes Bad?“, fragte ich furchtsam an der Kasse. „Wir sind normal, und das macht für Sie beide zusammen 9 Euro.“

Oha – sieh an! € 5,50 zahlen die Erwachsenen neuerdings am Prinzenbad, € 3,50 die Kinder. Sauber, sauber.  Arbeitszeitorientiertes Frühschwimmen bis 09.00 Uhr und feierabendorientiertes Spätschwimmen ab 17.30 Uhr werden nicht mehr durch einen Preisabschlag belohnt.

Letztes Jahr kostete es für Erwachsene 4 Euro, für Kinder 2,50.

„Auch diese Eintrittspreise sind bei weitem nicht kostendeckend!“, erklärte ich meinem Sohn. Wir zahlten also ohne zu murren den Eintritt in das arbeitszeitorientierte Prinzenbad – und hatten mindestens die herrliche Freifläche und das unbeheizte Sportbecken ganz für uns. Das Wasser im Sportbecken  war etwa so warm wie die Luft, also etwa 16 Grad.

Summa summarum lautet die nüchterne Bilanz des Tages:

Contra Freitzeitorientierung – pro Arbeitszeitorientierung in Berlins öffentlichen Bädern! Pro Prinzenbad!

Cool!

 

Die beiden anderen Becken sandten wallende Dämpfe in die klare, vom Regen reingewaschene Kaltluft. Herrliche Bilder!

 

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„Was ist eigentlich eine Itsche … ein Schwerbelastungskörper?“

 Schöneberg, Vergangenheitsbewältigung  Kommentare deaktiviert für „Was ist eigentlich eine Itsche … ein Schwerbelastungskörper?“
Mai 172014
 

2014-04-13 14.06.25

 

 

„Was ist eigentlich eine Itsche?“

Itsche ist ein altes deutsches Wort für Kröte, verwendet von den Brüdern Grimm in dem Märchen „Die drei Federn“.

„Was ist eigentlich ein Schwerbelastungskörper?“

Diese Fragen fragte eine aufmerksame Leserin dieses Blogs aus dem niederbayrischen Raum zu unserem Beitrag vom 15.04.2014.

Ja mei, woast, der Schwerbelastungskörper war ein gigantisches Unterfangen der Bazis, vielmehr der Nazis für die Welthauptstadt Germania. Sie wollten an der heutigen General-Pape-Straße in Berlin-Schöneberg testen, wie stark die Erde belastet werden kann und was die Erde an germanischer Weltherrschaft ertragen kann. Also wuchteten sie einen gewaltigen Betonklotz hin. Der Klotz steht heute noch, man kann ihm sogar auf das Dach steigen. Testergebnis: Die Bazis sind verschwunden, und Germania wird keine Welthauptstadt. Ja, man kann buchstäblich den Bazis aufs Dach steigen. Und das ist auch gut so! Aber die Erde kann viel tragen. Mehr als die Bazis sich vorstellen konnten.

Schaugst amoi do! Drunt’n hockt die dicke Itsche der Vergangenheit.

Und des Buberl – dös is da Ivan  – der steigt den Bazis aufs Dach:

2014-04-13 13.41.11

 

 Posted by at 18:13

Deportationen – Vertreibungen – Mord – alles nur Schnee von gestern?

 Russisches, Vertreibungen  Kommentare deaktiviert für Deportationen – Vertreibungen – Mord – alles nur Schnee von gestern?
Mai 142014
 

2014-05-09 11.16.21

 

 

 

 

 

 

 

Vertreibungen und regierungsamtlicher Massenmord an unterdrückten Völkern hinterlassen oftmals Spuren über Jahrzehnte und über Generationen hinweg. Deshalb glaube ich nicht, dass man Vertreibungen und Massenmord auf staatlichen Befehl hin als Schnee von gestern abtun sollte. Oder etwa doch? Gibt es ein Recht auf „Nicht-Wissen-Wollen“? Einen Bedarf an Verdrängung und „Nicht-Erinnerung“? Sollte man diese uralten Geschichten nicht endlich einmal ruhen lassen und einen Schlussstrich ziehen? Was meinst du, liebe Leserin, lieber Leser?

Die Deportation der Krimtataren liegt allerdings schon sehr sehr lange, nämlich 70 Jahre zurück. Sie ist in der Europäischen Union wie so vieles andere auch, das die östliche Hälfte Europas tiefgreifend prägte, unbekannt geblieben, so wie ja auch niemand sich zu erinnern scheint, was die berüchtigte russische Bezeichnung Troika in den Jahren 1937-1938 sowie von März bis Juni 1953 in der UdSSR bedeutete – anders ist die erstaunliche Naivität, mit der Europäische Kommission, der IWF und die EZB ihr Dreiergremium unter diesem Namen durch die südlichen EU-Länder schicken, kaum zu erklären.

Das Kreuzberger Blog  erreichte eine Einladung zu einer Veranstaltung, die ich hier nachfolgend unverändert wiedergeben möchte:

Das Deutsche Historische Museum, die Stiftung Flucht, Vertreibung,
Versöhnung, die Euromaidan Wache Berlin und die Gesellschaft für
bedrohte Völker laden anlässlich des 70. Jahrestags der Deportation
der Krimtataren herzlich zu Film und Gespräch ins Zeughauskino ein.
Wir zeigen den ersten Film über die Deportation und wollen mit dem
Regisseur auch über die aktuelle Lage ins Gespräch kommen.

HAYTARMA – Der erste Spielfilm über die Deportation der Krimtataren
1944
Filmpräsentation und Gespräch
Montag, 19. Mai 2014, 17.30 Uhr

Deutsches Historisches Museum, Zeughauskino,
Eingang Spreeseite
Unter den Linden 2
10117 Berlin

Kontakt / Anmeldung
Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung
veranstaltungen@sfvv.de

Wegen der begrenzten Anzahl von Sitzplätzen ist eine verbindliche
Anmeldung bis zum 16. Mai 2014 erforderlich.

PROGRAMM:

BEGRÜSSUNG
Prof. Dr. Alexander Koch (Deutsches Historisches Museum)
Prof. Dr. Manfred Kittel (Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung)

GRUSSWORT
S. E. Pavlo Klimkin (Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik
Deutschland)

EINFÜHRUNG
Sarah Reinke (Gesellschaft für bedrohte Völker)

FILMPRÄSENTATION
HAYTARMA
Krimtatarisch (OmU/Englisch) 2013, 90 Min.

GESPRÄCH
Akhtem Seitablaev (Regisseur)
Sarah Reinke (Gesellschaft für bedrohte Völker)
Oleksandra Bienert (Euromaidan Wache Berlin)

Zum Hintergrund:

Am 18. Mai 2014 jährt sich die kollektive Deportation der Krimtataren
zum 70. Mal. Damals wurde auf Befehl Stalins fast die Hälfte der
Krimtataren ausgelöscht. Mit seinem preisgekrönten Spielfilm
»Haytarma« (»Rückkehr«) arbeitet Regisseur Akthem Seitablaev dieses
Verbrechen anhand des Schicksals des Piloten Ahmet Khan Sultan auf.
Der Film basiert auf einer realen Begebenheit und entstand unter
Einbeziehung von Zeitzeugen. Es ist der erste krimtatarische Film und
zugleich der erste Spielfilm über die Deportation der Krimtataren.

Heute sind die 280.000 Krimtataren, die seit den 1990er Jahren in
ihre Heimat zurückgekehrt sind, in einer sehr schwierigen Lage: Viele
boykottierten das Referendum über den Anschluss der Krim an die
Russische Föderation und wollen Teil der Ukraine bleiben.
Repressionen, Drohungen und die Verfolgung der politischen Führung
der Krimtataren haben schon eingesetzt.

Bild: Der Ermordung Abels. Bild aus einer russischen Kinderbibel, verfasst von Alexander Sokolov, Sankt Petersburg 1896

 Posted by at 22:55