Jan 042016
 

Neujahrsspringen_20160101_142025[1]
Zum Antritt des neuen Jahres führte es mich nach Partenkirchen im Werdenfelser Land. Nach fröhlich durchzechtem Silvester trat ich früh auf die Straße, während die Siebenschläfer-Murmeltiere sich noch einmal in den Federn umdrehten. Ich tauschte mit dem ersten Menschen, dem ich zufällig begegnete, einen Neujahrgruß aus. Es war Hassan aus London, ein Ismailit, der zusammen mit anderen türkischen Verwandten und Freunden hier im Bayerischen Bergland feierte. Wir wünschten einander nach alter Väter Sitte ein gutes neues Jahr an. Welch großartige verbindendende Kraft steckt doch in einfachen, schlichten Wünschen, die zwei einander bis dahin völlig unbekannte Männer austauschen!

Dann unterhielt ich mich mit einer ortskundigen Partenkirchnerin in meiner Mutter Sprache, also auf Bairisch, über zweierlei Herkünfte und Mundarten. „Aus Berlin sind Sie! Sie sprechen aber wirklich Bairisch wie Ihre Mutter“, bestätigte mir staunend die Partenkirchnerin.

Das Fest der Beschneidung des Herrn feierte ich gleich darauf zwei Schritte weiter in lateinischer Sprache im nahegelegenen Sebastianskirchlein. In gewisser Weise war dies eine Heimkehr. Wort um Wort konnte ich leicht zeitversetzt nachempfinden, was die Beterinnen und Beter um mich herum vorsagten.

Statt umständlicher Vorsätze, die sowieso niemand einhält, erwählte ich mir während der nach tridentinischem Ritus gelesenen Messe zum Neujahrstag ein Leitwort, das eher eine Bitte als ein Versprechen, eher eine Zuversicht als eine Feststellung ausdrückt: tantum dic verbo et sanabitur anima mea. „Nur sprich mit einem Wort und meine Seele wird genesen.“

Sanari, heilwerden, gesund werden, genesen von den Ängsten des Vorjahres: Mit dieser Zuversicht beschreiten wir mutig, froh und dankbar die Bahn des neuen Jahres! Wir rufen einander diesen Wunsch, diese Zuversicht zu!

Der Anbruch des neuen Jahres sei für alle, die dies lesen, ein Hineinspringen voller Kraft und Zuversicht, ein Anspringen, ein Sich-Anvertrauen, ein kleiner kurzer Moment des Fliegens, wie ihn wohl vor allem ein Peter Prevc, aber auch ein Severin Freund gleich danach an der Partenkirchner Olympiaschanze empfunden haben, und wie ihn eine Helene Fischer unüberhörbar laut und unwidersprechlich in ihrem Song „Atemlos“ durch das weite Rund erschallen ließ.

Bild: die Olympiaschanze in Partenkirchen während des Neujahrspringens

 Posted by at 20:21

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