Mensch, werde wesentlich! Sei selber das Rad der Nachhaltigkeit!

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Mai 132012
 

Ich rate zur Vorsicht bei allen Bekenntnissen zur Fernstenliebe! Ich hege Zweifel gegenüber all jenen, die Forderungen an andere, an den Staat, an die Politik erheben, ohne sich selbst als Person zuerst und vorrangig in die Pflicht zu nehmen. Bekenntnisse nützen nichts, wenn sie nicht mit der nachprüfbaren Selbst-in-Dienst-Stellung verbunden sind. Das gilt gerade für Bekenntnisse zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz. Man zeige mir doch bitte an einer sichtbaren Handlung, dass man es ernst meint, statt kostspielige Programme und Projekte aufzulegen, deren Finanzierbarkeit in den Sternen der Fernstenliebe steht. So zeigt sich beispielsweise, dass die staatlichen Pflicht-Programme zur energetischen Gebäudesanierung ebenso wie die Subventionierung der Elektro-PKW zunächst einmal einen kräftigen Verteuerungseffekt für die öffentlichen und die privaten Haushalte haben, ohne dass ein Klimaschutzeffekt sofort einträte. Sie steigern jedoch das Bruttoinlandsprodukt und haben insofern eine volkwirtschaftlich erwünschte, wachstumsfördernde Wirkung.

Umgekehrt gilt: Das Umsteigen vom PKW auf das mit Muskelkraft betriebene Fahrrad führt nachweislich zu einem sofortigen Umweltschutz- und Klimaeffekt, verlangt aber dem Einzelnen etwas ab, insbesondere den Verzicht auf Annehmlichkeiten des Alltags. Massives Umsteigen vom PKW auf ÖPNV und Fahrrad kann zwar zu einem Rückgang der Verschuldung, zugleich aber auch zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung eines Landes führen und ist insofern unerwünscht.

Nachhaltigkeit erstreckt sich nicht nur auf die Nachwelt, sondern zunächst und zumeist auf den Umgang mit dem eigenen Leib und mit der Mitwelt. Nachhaltigkeit strebt stets neben der Ressourcenschonung und dem Klimaschutz die leibliche Gesundheit der eigenen Person und das Wohlergehen des begegnenden Nächsten an. 

All jenen, die da glauben, durch Programme, Planvorgaben, Absichtserklärungen und wohl gar weit in die Zukunft reichenden Soll-Zahlen etwas zugunsten der zukünftigen Generationen zu bewirken, rufe ich zu:

Mensch, lebe nachhaltig! Sei selbst das Rad, das Nachhaltigkeit bewirkt.

Einer meiner wichtigen Lehrer, der heute bei meinen Deutschen fast schon in Vergessenheit geratene Breslauer Johannes Scheffel, drückte diesen Gedanken so aus:

 37. Die Unruh kombt von dir.
Nichts ist das dich bewegt/du selber bist das Rad/
Das aus sich selbsten laufft/und keine Ruhe hat.

Quelle:

Johannis Angeli Silesij
Cherubinischer Wandersmann [… ]
Glatz / auß Neu auffgerichter Buchdruckerey Ignatij Schubarchi Anno 1675, Seite 39.

 http://diglib.hab.de/wdb.php?dir=drucke/lo-6724

http://diglib.hab.de/drucke/lo-6724/start.htm?image=00032

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Fernstenliebe oder Nächstenliebe? (2)

 Bundestagswahlen, Donna moderna, Fernstenliebe, Frau und Mann, Liebe  Kommentare deaktiviert für Fernstenliebe oder Nächstenliebe? (2)
Sep 132011
 

Ein sehr schöner Aufsatz im Tagesspiegel! Die Autorin Verena Friederike Hasel tut das, was viele nicht schaffen: Sie klopft die Parteien Punkt für Punkt ab, sie fragt nach, bohrt, prüft, wendet Blätter um. Als junge, dynamische und emanzipierte, akademisch gebildete Frau wählt sie zunächst das, was man und frau halt wählt – aus dem Bauch heraus: die Partei des Rocks und nicht des Hemdes, die Partei der Natur- und Fernstenliebe, also die Grünen. Es fühlt sich irgendwie gut an.

Welche Partei sie nun selbst wählt? Die Partei der radfahrenden Direktkandidatin, die auf Besuch beim Kaffee sitzt? Es wird nicht verraten.

Wahlkampf in Berlin: Alles eine Soße? – Berlin – Tagesspiegel
Obwohl die meisten von uns die Parteien an ihrer Umweltpolitik messen, legen wir diesen Maßstab nicht bei uns selbst an. Zumindest sitzt keiner am Tisch, der auf Fernreisen verzichtet, mein Mann und ich eingeschlossen, und bald schon reden wir nur noch über den Kohlendioxidausstoß in China. Vielleicht ist das das Problem der Globalisierung: dass man die Schuld immer woanders suchen kann, sich für die Weite, aber nicht mehr für das Lokale interessiert. Mag sein, dass die Politiker nicht gut sind. Ich fürchte, wir sind als Bürger nicht besser.

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Fernstenliebe oder Nächstenliebe – wofür entscheidet ihr euch?

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Aug 302011
 

Lieber noch rate ich euch zur Nächstenflucht und zur Fernstenliebe„, so der selbsternannte große Antichrist des 19. Jahrhunderts, Friedrich Nietzsche, in seinem Also sprach Zarathustra. Fernstenliebe statt Nächstenliebe – ein schönes Wort! Gemeint ist: zur Erreichung des Ideals, des richtigen Menschen, des Übermenschen, müssen Opfer im Hier und Jetzt gebracht werden.

„Wir Grünen sind die Partei des Rocks, nicht des Hemdes“ – so einmal treffend der frischgebackene Ministerpräsident des Ländle in Anspielung auf das Sprichwort: „Das Hemd sitzt näher als der Rock.“ Ein klares Bekenntnis zum Ideal der Fernstenliebe!

Daran musste ich gestern bei der feierlichen Einweihung der May-Ayim-Gedenktafel wieder denken: Ich erlebte eine grandiose Solidarität mit den Opfern von Kolonialismus und Rassismus, begonnen bei der schändlichen Berliner Afrika-Konferenz 1884. 1884 hieß konsequenterweise auch die Band, die aufspielte. Der Fixpunkt des Gedenkens ist die Opfer-Erfahrung, die Solidarität gilt den Fernsten. Die heute lebenden Schwarzen in Deutschland werden in die endlose Opfer-Erfahrung eingereiht. Kolonialismus und Rassismus werden als definierendes Moment für das Schwarzsein in alle Ewigkeit festgeschrieben.

Genau das tun auch viele Schwarze in den USA – über Jahrhunderte hinweg: „Wir sind alle Opfer der Weißen, denn wir wurden gewaltsam nach Amerika verschleppt!“ Die Black Panther etwa reden so. Der Opferstatus hat sich verfestigt. Rassistisches Denken wird als identitätsstiftend für Opfer übernommen.

Dass May Ayim von eigenem Vater und eigener Mutter verraten und verlassen wurde, spielte gestern überhaupt keine Rolle. Dabei ist es offenkundig: Wenn sie eine liebende Mutter, einen liebenden Vater statt prügelnder Ersatzeltern gehabt hätte, wäre sie niemals so unglücklich geworden. Sie wäre kein OPFER des RASSISMUS geworden.

Hätten alle Kinder liebende Eltern, gäbe es die meisten sozialen Probleme nicht.

Identität in der Fernstenliebe entsteht also aus der Identifikation mit weit entfernten Opfererfahrungen. Das Fernste prägt das politische Handeln entscheidend mit. Früher waren es die Sandinistas in Nicaragua oder die Vietkong, die Opfer des „US-amerikanischen Imperialismus“, mit denen man sich in identifizierte. Heute sind es die durch Otto Friedrich von der Gröben ab 1683 aus dem heutigen Ghana verschleppten und verkauften Negersklaven und deren Nachkommen.

Ebenso tun die Anhänger der Fernstenliebe alles für das fernste Ziel, für den Klimaschutz etwa – sie retten das Weltklima für die Fernsten. Dass allein durch die Klimaschutzmaßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz die objektiven Wohnkosten um 45% steigen werden – geschenkt!  Irgendwer wird schon zahlen – entweder die Mieter selbst, oder die steuerzahlende Allgemeinheit. Wir erinnern uns: Zur Erreichung des Fernzieles müssen Opfer im Hier und Jetzt gebracht werden!

Ich war gespannt – hatte sich bei all der grünen Fernstenliebe auch etwas für den Bereich des Nächsten getan? Hatte sich zum Beispiel die Situation des Fuß- und Radverkehrs am May-Ayim-Ufer gebessert? Gibt es nun endlich ausreichend Abstellmöglichkeiten für Fahrräder? Ist die Dominanz des Autoverkehrs am May-Ayim-Ufer mittlerweile zurückgedrängt? Gibt es nun endlich einen durchgängigen Radweg? Endlich einen durchgängigen Uferweg für Fuß- und Radwanderer?

Urteilt selbst! Schaut euch die Bilder an! Diese Bilder geben die tatsächliche Lage des May-Ayim-Ufers am gestrigen Tag wieder. Ihr werdet sehen:

Nein, die Dominanz des nahweltschädlichen PKW-Verkehrs ist in Friedrichshain-Kreuzberg nicht gebrochen.

Es gibt weiterhin in Friedrichshain-Kreuzberg nicht genug Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.

Es gibt weiterhin in Friedrichshain-Kreuzberg weder für Fuß- noch für Radwanderer einen durchgehenden Weg an den Ufern der Spree.

Nicht einmal das ist also geschafft worden. FreundInnen, MitstreiterInnen! DA müssen wir ran!

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Jan 302011
 

Wie so viele anderen sozialen Probleme, so deute ich auch die Gewalttaten, die Sachbeschädigungen und Körperverletzungen der Autonomen als Ausfluss einer verhängnisvollen Bündelung von materieller Überversorgung und ideellem Peilungsverlust in unserer ökonomisch übersättigten, moralisch ausgehungerten bürgerlichen Jugend.

Schaut euch das Video an:

YouTube – Liebig14 verteidigen

Ihr seht und hört einen sympathischen jungen Mann, der ein recht beachtliches Bratschensolo hinlegt, dazu mannhaft-markige Sprüche von sich gibt, die in dem Schlusswort gipfeln: „Stürzen wir Berlin ins Chaos!“

Wer so gut und mit sehr guter Bogentechnik – bei gewissen Schwankungen in der Intonation – Viola spielt, muss aus reichem Hause stammen! Das Erlernen eines Streichinstruments bis zu dem hier gezeigten Grad der Spielfertigkeit setzt einen finanziellen Hintergrund voraus, der nur in gut abgesicherten Elternhäusern vorstellbar ist. Das Instrument klingt gut – es ist keine Billigbratsche!

Auch die gepflegte Sprache und der leicht rebellische Gestus des jungen Chaoten verweisen eindeutig auf die Herkunft aus der bürgerlichen Mittelschicht – der nette junge Mann könnte etwa Sohn eines Gymnasiallehrers oder Arztes in Süddeutschland sein.

Die meisten Autonomen scheinen vor allem an ihrer eigenen Herkunft aus dem wohlsituierten Bürgertum zu leiden – wie Rosa Luxemburg, Che Guevara oder Friedrich Engels auch. Sie scheinen verstecken zu wollen, dass sie nie materielle Not gelitten haben, dass sie nie für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten brauchten.

Wie können sie diese Herkunft aus den reichen, übersättigten Wohlstandsfamilien am besten vergessen lassen? Einfach: Indem sie sich mit den hypothetischen Opfern einer hypothetisch unterstellten Verarmung solidarisieren. Da es keine echten Armen mehr gibt, bildet man sich den Popanz einer neuen, prospektiv gefühlten Armut heran: der Popanz der Gentrifizierung ist geboren!

Dadurch, dass die verlorenen Söhne des Bürgertums sich bewusst als arme Proletarier ausgeben – was sie objektiv nicht sind und niemals waren – überwinden sie den Makel ihrer privilegierten Abkunft. Mit den wirklich Armen dieser Erde haben sie nichts, gar nichts gemeinsam. An den wirklich Benachteiligten unserer Gesellschaft – etwa den migrantischen Kindern, den Beamten im unteren Polizeidienst, deren Gesundheit die Autonomen bedenkenlos gefährden – zeigen sie keinerlei Interesse.

Es sind letztlich verlorene Söhne wie die Kiffer, die halbwüchsigen Drogenkuriere, wie die Intensivtäter mit ihren tiefergelegten BMWs, wie die RAF auch. „Wir waren alle verrückt, wir waren nicht zurechnungsfähig“, diesen Satz des Autors Peter Schneider über sich und die 68er-Bewegung habe ich mir gemerkt. Peter Schneider hat recht.

Es geht ihnen, den verrückten Autonomen, letztlich darum, die Aufmerksamkeit der Gesellschaft zu erringen, sich abzusetzen von  ihren bürgerlichen Elternhäusern, ihren Erlebnishunger zu stillen und durch den bewusst herbeigeführten Gesetzesbruch die Auseinandersetzung mit der nie erlebten und schmerzlich vermissten elterlichen Autorität zu beginnen. Der in Kauf genommene Schädelbruch eines Polizisten, die verletzte Kniescheibe eines Journalisten sind ihnen dabei egal.

Wie sollte der Staat reagieren? Das Falscheste, was überhaupt möglich ist, hat sicherlich jahrelang die Bezirksregierung Friedrichshain-Kreuzberg unter grüner Führung getan: Sie meinte, ein politisches Anliegen fördern zu müssen, das die Autonomen mit großem Geschick und unter Täuschung der Öffentlichkeit auf ihre Fahnen schrieben. Unsere Bezirksgrünen haben immer wieder die Hand hingereicht, haben das Bethanien geöffnet, nur damit die nimmersatten Hausbesetzer eine Bleibe finden konnten.

Die gütige, quasi-elterliche Autorität des Bezirksamtes ließ sich auf die eskalierenden Wünsche der verlorenen Söhne ein, statt ihnen eine Grenze zu setzen. Die feste Grenzsetzung wäre das einzig Richtige gewesen: „Bis hierher – und keinen Zentimeter weiter!“ „Räumung? Ja, aber sofort!“ Stattdessen lässt der Staat, hier mehr schlecht als recht gespielt durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, mit sich Schlitten fahren. Ein Schaupiel, wie es gerade aus vaterlosen Familien mit tyrannischen Kindern bestens bekannt ist.

Genau so reagierte der Staat zunächst auch auf die Pöbeleien eines Andreas Baader mit beschwichtigenden Therapieversuchen.

Das mütterlich-fürsorgliche Entgegenkommen gegenüber den aufsässigen, verwöhnten Jungmännern ist der Kardinalfehler. Ein verheerender Fehler! Der weiche, der entgegenkommende Staat wird verachtet, wird – wie stets voraussagbar – selbst zum Gegenstand der Angriffe – etwa in Gestalt der Polizisten, etwa in Gestalt des Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeisters. Mit beiden, sowohl mit den Polizisten wie auch mit dem Bezirksbürgermeister erklärt sich dieser Blogger hiermit solidarisch!

Die Geister, die sie – die Entgegenkommer und Kümmerer – riefen und heranpäppelten, werden sie nun nicht los!

 Posted by at 23:23

Die Freitagsbesinnung: Fremdenliebe

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Dez 172010
 

Der Winterabend fällt herein. Schnee lagert sich weich und wattig am Fensterbrett. Muslime und Juden in Berlin, in Deutschland, sofern gläubig, bereiten sich auf ihre Freitags-Besinnungsfeiern vor.

Ich schaue aus dem Fenster hinaus. Mir kommen die Verse Georg Trakls in den Sinn:

Ein Winterabend

Wenn der Schnee ans Fenster fällt,
Lang die Abendglocke läutet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.

Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blüht der Baum der Gnaden
Aus der Erde kühlem Saft.

Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da erglänzt in reiner Helle
Auf dem Tische Brot und Wein.

Schön. Passend.

Die uralte Pflege des Fremden, das Sich-Kümmern um den Unbekannten, das ist die Gastfreundschaft.

Ein Abschnitt aus dem 3. Buch Mose mag an die Seite des Gedichts von Georg Trakl treten:

Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. 

Buch Wajjikrá/Levitikus 19, 34

„Du sollst ihn lieben wie dich selbst“ – ein Vergleich des griechisch überlieferten Jesus-Wortes „Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst“ (Matthäus 5,43) mit der griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel ergibt eine weitgehende Wort- und Satzgleichheit zwischen Levitikus 19,18, Levitikus 19,34 und Matthäus 5,43. Diese drei Stellen lassen sich wahrscheinlich nur zusammen verstehen.

   
 Posted by at 17:07

Was ist am wichtigsten: „Fremdenliebe“ oder „Nächstenliebe“ oder „Fernstenliebe“?

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Aug 252010
 

1 Ἡ φιλαδελφία μενέτω, τῆς φιλοξενίας μὴ ἐπιλανθάνεσθε· 2 διὰ ταύτης γὰρ ἔλαθόν τινες ξενίσαντες ἀγγέλους.

Die wenigen Christen unter den LeserInnen dieses Blogs haben sicherlich die fremde Quelle erkannt, die die gestrige Betrachtung abschloss. Wir zitierten aus dem Brief an die Hebräer, Kapitel 13, Vers 1-2.  Zur Vermeidung allfälliger Bußgeldforderungen geben wir unsere Quelle an, wobei wir uns die Freiheit herausnahmen, das griechische Wort philoxenia in seinem Doppelsinn als Gastfreundschaft und Fremdenliebe wiederzugeben. Weiterhin bitten wir um Verständnis, wenn wir hier im Angesicht der Jahrtausende meditieren – ob Thilo Sarrazin, Paulus von Tarsos, ob der unbekannte Verfasser des Hebräerbriefes oder Alice Schwarzer – alle dürfen hier zu Wort kommen, alle werden sie hier befragt. Wenn ein Papyrus-Text uralt ist, muss er nicht weniger aussagestark sein als ein taufrischer aus unserem Jahrtausend.

Über Fremdenliebe hat Alice Schwarzer soeben erst (am 4. Juli im Jahr 2006) in einem Beitrag für die FAZ die Nase gerümpft. Hören wir sie:

Doch es gibt ein besonderes deutsches Problem: dieses deutsche Minderwertigkeitsgefühl, das leicht in Größenwahn umschlagen kann. Diese Fremdenliebe, die Verherrlichung des Fremden ist ein Resultat dieser mangelnden Selbstachtung. Die Fremdenliebe ist natürlich nur die andere Seite der Medaille Fremdenverachtung.

„Fremdenliebe“ sieht Alice Schwarzer eindeutig als eine Art Schutzschild, eine Art Maskierung versteckter Selbstzweifel. Das Sich-Andienen an das Fremde, das Exotische, die Preisgabe eigener Überzeugungen, das ist in der Tat eine Haltung, die weite Teile der politischen Szene beherrscht hat. Deshalb die Bewunderung für Diktaturen – sofern sie nur weit genug weg waren! Ob nun friedliebende Inselbewohner auf Hawai, wie sie Margaret Mead beschrieb, oder wackere Ackerbauern in San Raffael del Sur: Die edlen Wilden sollten die dekadenten Westler von ihrer Herkunft erlösen.

Die Zuwendung zum Fremden, die Aufnahme des Gastes ins eigene Heim, diese Haltung hingegen nennen wir üblicherweise Gastfreundschaft. Sie hat nichts mit Selbstpreisgabe zu tun. Sie ist Zuwendung zum Menschen, der uns begegnet. Zuwendung nicht zum Fernsten – sondern zum Nächsten.

Gastfreundschaft, Fremdenliebe, philoxenia in diesem hier bevorzugten Sinne ist das Gegenteil jener „Fernstenliebe“, von der Nietzsches Zarathustra ebenso getragen ist wie große Teile der kommunistischen Bewegung. Das Gegenteil jener Fremdenliebe und Fernstenliebe, die Alice Schwarzer zu recht ablehnt.

 Posted by at 11:17
Feb 112010
 

Eine Wiederentdeckung jahrtausendealter Werte verkündet der amerikanische Autor Jeremy Rifkin. Was er Empathie nennt, das prägte unter der Bezeichnung eleos die griechische Tragödie, das prägte die Tora der Juden. Sich-kümmern um den anderen: auf hebräisch awoda. Das prägte auch die Lehre des Jesus von Nazaret. Auf griechisch agape. Das alte deutsche Wort für Empathie lautet: das Erbarmen. Kaum einer kennt dieses Wort noch. Aber es gibt doch genau das wider, was Rifkin als empathy bezeichnet. Empathie, die Fähigkeit, mit einem anderen zu leiden und zu fühlen, wächst von unten nach oben. Sie entsteht aus dem eigenen Herzen. Mitempfinden steht jedem offen. Es entzündet sich an der Begegnung mit dem Nächsten.Von da aus kann es auch den Fernsten erfassen. Von der Nächstenliebe zur Fernstenliebe – nicht umgekehrt! Fernstenliebe ohne Nächstenliebe führt ins Unglück.

US-Soziologe: „Globalisierung von oben gescheitert“ « DiePresse.com
Alle Säugetiere, die Junge großzuziehen haben, sind soziale Wesen. Diese Säuger sind verspielt, sie hegen und pflegen ihren Nachwuchs. Um das tun zu können, muss man zur Empathie fähig sein. Löwenjunge, die sich balgen, müssen etwa in der Lage sein, zwischen Spiel und Ernst zu unterscheiden.

Beim Menschen ist es nicht anders. Wir entdecken heute den Homo Empathicus. Wenn man im Kino sieht, wie einer Schauspielerin oder einem Schauspieler eine riesige Spinne den Arm hoch krabbelt, dann fühlen wir geradezu mit. Oder wenn neben uns jemand nach einer Verletzung heftig blutet, sind wir schockiert. Wir sind mitfühlende Wesen und das macht uns menschlich.

 Posted by at 19:05