Jul 192009
 

19072009035.jpg

Schwer bepackt mit Eindrücken …  kehre ich aus Leipzig zurück. DAS hier ist ein Kunstwerk aus der überwältigenden Sammlung des neuen Museums der Bildenden Künste. Davon demnächst mehr!

Übrigens lerne ich als – als in der Wolle gefärbter Südstaatler – nie aus, wenn es um Küche und Sprache geht! Wir bestellten heute am Völkerschlachtdenkmal nach anstrengender Kletterei einen sächsischen Rinderbraten und für den Kleinen ein „Jägerschnitzel“. Wanja mundet das Jägerschnitzel vortrefflich. Er putzt es ratzekahl weg. Wir empfinden es als eher ungewohnt – irgendwie schmeckt es nicht nach Schnitzel, sondern undefinierbar nach Geschlachtetem, nach Wurst.  Bildungsbeflissen wie ich bin, frage ich die Bedienung : „Entschuldigen Sie, wir haben uns gefragt, ob dies ein echtes Schnitzel ist … es schmeckt eher nach Wurst.“ „Dies ist ein Jägerschnitzel – und ein Jägerschnitzel besteht aus Jagdwurst“, kommt eine messerscharfe Antwort.  „Wussten Sie das nicht? Echte DDR-Küche. Bei uns ist das so. Es gab nicht immer alles. Wenn Sie ein Schnitzel gewollt hätten, dann hätten sie ein Schnitzel nach Jäger Art bestellen müssen. Not macht erfinderisch.“ Ich bedanke mich für die kleine Nachhilfe und stelle mich als törichten Südstaatler vor, der eben nicht alles wissen könne.

Ansonsten fiel mir bei meinem fünften Besuch in Leipzig vieles auf, dessen Bedeutung weit über Speisekarten hinausgeht. Ich werde darüber berichten.  Die Stimmung war stets gut. Hier noch ein Foto zum Beweis. Ihr seht den Blogger vor sechs Stunden vor dem Zeitgeschichtlichen Forum an Leipzigs Marktplatz. Ihr erkennt Wolfgang Mattheuers Skulptur „Der Jahrhundertschritt“.

19072009003.jpg

 Posted by at 23:11
Jul 092009
 

09072009001.jpg Immer wieder stellen wir fest, dass Schulkinder nicht ausreichend, nicht gut genug essen.  Bei einem Schulfest sah ich einmal: die Mütter brachten Weißbrot mit Wurst belegt mit, ein bisschen Kuchen – sonst nichts, kein Obst, kein Gemüse, keinen frischen Salat. Wo waren dieVäter? Ich selbst rede mich wieder mal heraus damit, dass ich etwas zum kulturellen Rahmenprogramm beitrug.

Die EU hat deswegen ein Programm zur kostenlosen Verteilung von Obst an Schulkinder aufgelegt.

Bundesrat – Bundesrat mit Mammutprogramm vor Sommerpause | ZEIT ONLINE
Im Vermittlungsausschuss landen wird höchstwahrscheinlich das Schulobstprogramm. Auch die Länder finden die von der EU verfügte kostenlose Verteilung von Obst und Gemüse in den Pausen gut. Sie verlangen aber eine höhere Kostenbeteiligung des Bundes.

Eine gute Idee. 12 Millionen soll das Programm kosten, Bund und Länder sind sich über die Kostenverteilung nicht einig.  Der Staat soll also für die Ernährungsdefizite der Familien aufkommen. Das klingt eigentlich sehr gut. So habe ich auch beobachtet, dass die gesamte Zahngesundheit snnvollerweise einen wichtigen Platz in der Kita-Erziehung einnimmt.

Aber – gestern kam mir eine andere Idee. Wäre es nicht gut, Kinder und Eltern so zu beeinflussen, dass sie von selber darauf kommen, dass Obst gesünder als immer nur Wurst und Weißbrot ist? Dass sie selber darauf achten müssen, sich Vitamine, reichlich Bewegung und geistige Anregung zu beschaffen?

Ich glaube: Wir Eltern brauchen gezielte, nachhaltige, leicht einprägsame Beeinflussung. Da es bei unseren Sprachkenntnissen oft hapert, helfen die langen, wortreichen Elternbriefe recht wenig. Am 09.04.2009 untersuchten wir in diesem Blog die deutsch-türkischen Elternbriefe und kamen zu dem Befund: Es wer eine völlig unrealistische türkische Akademiker-1-Kind-Familie, die bikulturell ihr Einzelkind erst in Türkisch, dann in Deutsch unterweist, 12 Stunden am Tag um das Kind kreist und offen und lernbegierig alle pädagogischen Anregungen aus den 8-seitigen Elternbriefen aufnimmt. Völlig an der Realität vorbei!

Ich kenne mittlerweile viele türkische und arabische Eltern und meine: So wird es nicht funktionieren. Man muss es einfacher, fasslicher, knackiger anpacken. Wie einen frischen Apfel. Wie ein Sprichwort. Etwa: „An apple a day keeps the doctor away.“ Derartige Regeln haben ihren Sinn.

Zum Beispiel brauchen die Eltern robuste Taschenkarten, wie sie den deutschen Soldaten in Afghanistan mitgegeben werden: einfache, leicht fassliche Anweisungen in deutscher Sprache, unterlegt mit einem eindrücklichen Bild. Etwa: „Kinder sollen neben den Hausaufgaben kein türkisches oder arabisches Satellitenfernsehen schauen!“ „Kinder müssen täglich drei Mal frisches Gemüse oder frisches Obst essen!“  „Ihr gehört zu uns! Ihr werdet hier gebraucht!“ „Lernt deutsch!“ „Kinder müssen sich nach jeder Mahlzeit  die Zähne putzen!“ „Treibt mehr Sport!“ „Du musst Deutsch können – lest jeden Tag euren Kindern aus einem deutschen Buch vor!“ „Hört jeden Tag eine deutsche Geschichte an!“ “Ihr seid Schmiede eures Glücks!“ „Ihr gehört dazu – hier ist eure Heimat!“

Was meint ihr? Sollte man nicht ein Kartenspiel auflegen? Mit den 36 wichtigsten Erziehungsregeln, die man wirklich guten Gewissens vertreten kann.  Es fehlt bei uns Eltern oft am Basiswissen. An Erfahrungen, die man einfach weitergeben muss. Deshalb sind die Kinder dann oft nicht gesund, wachsen nicht richtig. Es fehlt nicht am Geld, es fehlt am Wissen.

Die Hoffnung, dass die hunderttausenden von überforderten Eltern in mühevollen Elternkursen allmählich das ABC der Kindererziehung lernen werden, hege ich nicht. Zumal das ja auch viel zu teuer wäre. Wir, das heißt der Staat, muss massiv einsteigen, er muss geradezu propagandistisch kämpfen dafür, dass die Eltern ihren Kindern die Zukunft eröffnen. Heute sehe ich Dutzende lernbegierige, offene, wache 6-jährige – und Hunderte von 16-jährigen  Jugendlichen, die nichts mehr mit sich und ihrer Zeit anzufangen wissen. Sie haben im Alter von 16 Jahren weder Deutsch noch irgendeine andere Sprache wirklich gelernt, sie haben kaum Fachwissen, sie sind körperlich nicht fit. Sie können sich nicht beschäftigen.  Sie sind unsere verlorenen Söhne.

Diese massive Mentalitätsbeeinflussung geschieht leider einfach nicht. Man lässt es treiben. Es wird alles viel zu zahm, viel zu zurückhaltend angepackt. Die Imame in den Moscheen gehen da viel deutlicher zur Sache. Schaut euch das gestern verlinkte Video von Euronews an!

Soeben kam ich am Potsdamer Platz vorbei. Dort beobachtete ich eine Demonstration von Iranern. „Nieder mit der Diktatur, nieder mit der Diktatur!“ Zehn, zwanzig Mal wiederholt. Hier könnt ihr das Video sehen. Ja, so ist das eben, so funktioniert Massenkommunikation: Man muss es den Leuten einfach sagen. Man muss es den Leuten oft sagen. Sie wollen keine Abhandlungen, sie wollen Sprichwörter, Bilder, Klänge. Denkt an die zehn Gebote!

Zurück zum Obst! Soll der Staat kostenlos Schulobst an alle verteilen? Ich habe nichts dagegen. Besser finde ich es aber, in den Kindern die Sehnsucht nach Obst zu entfachen. In den Eltern die Sehnsucht nach gesunden und glücklichen Kindern zu entfachen. Etwa, indem man sie so beeinflusst, dass sie erkennen: Ich möchte meinem Kind Obst in die Schulpause mitgeben.

Das Bild zeigt eine Aufnahme von der Demonstration der Iraner.

 

 Posted by at 22:20
Mrz 312009
 

31032009001.jpg „Mit dem Auto erst ab 6“ – diesen Slogan hatte ich mir in diesem Blog am 09.11.2008 einfallen lassen. Gemeint war nur natürlich nicht 6 Uhr oder 6 Jahre, sondern ab 6 Kilometer Fahrstrecke! Denn auf den Kurzstrecken fährt das Rad seine Vorteile voll aus: schneller, günstiger, sparsamer als das Auto, obendrein gesünder. Und es macht mehr Spaß. Ist besser für die Stadt. Gut auch: Heute, soeben, startete eine Kampagne mit genau diesem Ziel: „Kopf an. Motor aus.“ Denn zu allgemeine Parolen wie etwa „Fahrt mehr Rad“ oder „Esst mehr Senf!“ bewirken wenig. Man muss Kampagnen klar ansagen, auf ein bestimmtes Teilziel hin ausrichten, Botschaften wiederholen und einprägen. Die eine oder andere Persönlichkeit hilft auch immer, um den Leuten das Diner schmackhaft zu machen. Heute also Köchin Sarah Wiener. Aber auch Judith Holofernes gab sich ein Stelldichein. Ich selber reihte mich ebenfalls ein, hielt mit großer Begeisterung meine Schilder „Kurzstrecke“ in die Höhe – und alle, alle folgten diesem Fingerzeig. Tolles Training für Schultern, Trizeps und Bizeps, mit diesen Wink-Elementen! Der Himmel spielte auch mit, nur das Brandenburger Tor war noch nicht ganz sauber geputzt. Aber das wird noch.

Persönlich erzeuge ich allerdings mehr CO2, wenn ich radfahre als wenn ich blogge. Grund: Ich atme stärker beim Radfahren, wodurch mehr Kohlendioxid erzeugt wird als im Ruhezustand. Aber das ist nicht so schlimm. Bloß: „Null CO2“, das stimmt in meinem Fall nicht ganz. Aber lest selber einen ernsthaften und ordentlichen Pressetext über das Ereignis, dessentwegen ich noch ganz außer Atem bin und bei dem ich dabei war:

europaticker: Kopf an: Motor aus. Für Null CO2 auf Kurzstrecken Deutschlands erste Kampagne für Fuß- und Radverkehr startet
Unter dem Motto „Kopf an: Motor aus. Für Null CO2 auf Kurzstrecken“ will die Bundesregierung Bürgerinnen und Bürger in den kommenden zwei Jahren dazu bewegen, im Alltag vermehrt ihr Auto stehen zu lassen und zu Fuß zu gehen oder aufs Fahrrad zu steigen. „Das hält fit, spart Geld und schont die Umwelt, denn bundesweit können allein durch eine Verdoppelung der Fuß- und Radkilometer mittelfristig fünf bis sechs Millionen Tonnen CO2 eingespart werden“, sagte Astrid Klug, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, zum Start von Deutschlands erster Rad- und Fußkampagne am Brandenburger Tor in Berlin.

Das Bundesverkehrsministerium unterstützt die Initiative des Umweltressorts, im Sinne des gemeinsamen Ziels, die Treibhausgase im Verkehr zu reduzieren. Ulrich Kasparick, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, würdigte die Kampagne ausdrücklich als wertvolle Motivationsspritze für mehr emissionsfreie Mobilität. „Die Imagekampagne gibt hoffentlich so manchem den nötigen Kick, auf das Rad umzusteigen“, sagte Kasparick anlässlich des Kampagnenstarts in Berlin. „Gerade in der Stadt ist es wichtig aufzusatteln. Auf den ersten drei Kilometern ist das Rad das schnellste Verkehrsmittel.“

Die Kampagne erfährt außerdem prominente weibliche Unterstützung: Judith Holofernes, die Sängerin der Popgruppe „Wir sind Helden“, die Doppelolympiasiegerin im Schwimmen, Britta Steffen, und die Starköchin Sarah Wiener bekennen sich aus unterschiedlichen Gründen zu den Kampagnenzielen. Holofernes will Klimaschutz zu einem Teil der Popkultur machen. „Wir erreichen viele junge Menschen und können eine Menge in Bewegung setzen“, sagte sie anlässlich des Projektstarts. Britta Steffen appelliert an das Körperbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger. „Es muss ja nicht gleich jeder Leistungssport machen, aber die alltäglichen Wege mit eigener Kraft zurückzulegen, bringt schon eine Menge für Fitness und Gesundheit.“

Sarah Wiener, die mit ihrer Stiftung die Ernährungsgewohnheiten von Kindern verbessern will, fordert auch mehr Sport in den Schulen. „Ähnlich wie beim Fast food, verlieren wir auch bei der Mobilität das menschliche Maß aus dem Auge“, sagte Wiener vor dem Brandenburger Tor. Zu Fuß eine Stadt zu erkunden, sei ein viel intensiveres Erlebnis als nur mit dem Auto durchzufah-ren.

 Posted by at 16:55