Doch fürcht ich, dass es sich ergetzt, …

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Mai 232014
 

„Ach herrje … jetzt sind auf einmal alle unanständigen Wörter in der Öffentlichkeit verboten … Was mach ich bloß mit meiner neuen Oper … muss ich die jetzt umschreiben … oder kürzen … oder ganz wegwerfen …?“ seufzte eine russische Komponistin auf einem der zahlreichen Internetforen, auf denen wir uns tummeln.

„Füg doch einfach immer einen PIEPTON ein, wie in den USA, so weiß dein Publikum, dass es sich hier ein unanständiges Wort hinzudenken muss!“, riet ein Forumsfreund.

„Danke, danke! Ich glaube, meine Oper wird ein Renner – die Leute werden strömen!“, bedankte sich artig und überglücklich die Komponistin.

Kommentar aus deutscher Sicht:

Ja ja, das Publikum!

In der Walpurgisnacht Goethes heißt es ja so treffend über das Publikum:

„Doch fürcht ich, daß es sich ergetzt,

Wenn es die Sittlichkeit verletzt.“

 Posted by at 20:49

Julia K., Bascha M. …. e tutte quante … darf frau heute auch ein paar Pfunde zuviel haben?

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Feb 242014
 

„Jedes Lebensjahr mehr bringt für die Frau einen Punkteabzug!“ So beredt klagte einmal Bascha Mika, die bekannte taz-Chefin, die jetzt zur FR wechselt, wozu wir armen Kreuzbergerinnen ihr von Herzen alles Gute wünschen.

In der Tat, die alte oder auch alternde Frau hat es schwerer, sich auf dem Markt zu behaupten, als der alte oder alternde Mann. Dies zu leugnen wäre sexistisch verblendet.

Freundinnen, dennoch gibt es ein Kriterium, das bei Frauen noch verheerender auf die Karrierechancen wirkt als das Lebensalter: starkes Übergewicht. Eine Frau mit starkem Übergewicht schafft es heute nicht mehr in die Öffentlichkeit; sie kann notfalls Rüschenblusen tragen, sie darf ruhig mehrfache Mutter oder (schlimmer noch) eine jener übel beleumundeten  Nur-Hausfrauen-und-Mütter sein, aber sie wird sich mit 10 oder 20 kg sogenanntem „Übergewicht“ gegen die Phalanx der ewig knabenhaften, nahezu alterslosen, kein Gramm zuviel aufweisenden Top-und-Gala-Frauen nie durchsetzen. Das herrliche Gala-Interview mit Julia K. (41), die sich erfolgreich vom weiblich-mütterlichen Erscheinungsbild zum mädchenhaft-knabenhaften Erscheinungsbild herunterfastete, spricht Bände.

Leserinnen, Freundinnen, ich kenne keine übergewichtige Frau in Deutschland, die nicht an diesem Stigma litte. Ich kenne sogar einige Mädchen oder Frauen, die durch diesen öffentlichen Gleichschaltungsdruck schwer krank, ja lebensbedrohlich krank geworden sind.

Beliebiger Tatsachenbeweis dieses, wie ich meine, pathologischen Befundes: SCHROT&KORN, unsere bei Weib&Mann beliebte Öko-Zeitschrift, Ausgabe März 2014! Ich nahm sie vorgestern  beim Einkauf für WEIB&KIND beim Kreuzberger Bio-Markt in der Obentrautstraße mit. Man sollte annehmen, dass im Öko- und Naturkost-Bereich doch auch einmal eine normalgewichtige Frau abgedruckt würde …? Oder ein dicker backender Vati oder eine dicke backende Mutti mit mehreren Kindern? Pustekuchen! Im gesamten Heft gibt es nur schlanke und ranke, nur – nach barocken Kriterien – leicht untergewichtige Frauen. Sicher, es gibt auch mal alternde oder alte Frauen mit Fältchen. Das wäre ja noch schöner, wenn sogar bei uns Ökotussis nur glattgesichtige faltenlose Hungerharken abgebildet würden.

Aber es gibt keine einzige Frau mit Übergewicht, keine dicke, keine nach barocken Kriterien „normalgewichtige“ Frau mit weiblichen Rundungen im redaktionellen und auch nicht im werblichen Teil des Heftes.

Wirklich keine einzige? Haben alle Frauen in den Zeitschriften das Idealgewicht? NEIN! Es gibt eine dicke, mütterliche Frau in diesem Heft: Eine namenlose, nach quasi-amtlichen Kriterien stark übergewichtige, glücklich am Herd kochende Schwarzafrikanerin lächelt uns auf S. 111 von SCHROT&KORN mütterlich&fürsorglich zu. Sie wirbt für „Faires Bio-Palmöl“ von RAPUNZEL.  „Wir machen Bio aus Liebe“. Und SIE kocht offensichtlich mit Wonne aus Liebe zu ihren Kindern und Enkelkindern! Was wohl die BVV-Friedrichshain-Kreuzberg zu so einer sexistischen Werbung sagen würde, wenn jemand sich erdreistete, sie auf einer der vier bezirklichen Werbeflächen anzubringen? Eine Werbung für Bio-Palmöl, die sich dem rassistischen und sexistischen Gleichschaltungsdruck, der heute auf den dicken Frauen in der Öffentlichkeit lastet, widersetzt?

HERRLICH! Die schwarze Afrikanerin oder die Afro-Europäerin oder die Negerin oder die Afro-Deutsche oder die Mohrin (sind doch eh alles rassistische Ausdrücke)  darf das alles noch. Sie darf noch lächelnd kochen, sie darf noch ein paar Pfunde zuviel haben.

Nicht eine Bascha Mika, nicht eine Julia Klöckner und … und … und … alle … tutte quante!

Es gilt für Frauen im Lichte der Öffentlichkeit (nicht für Männer) das eherne Gesetz der medialen Gleichschaltung: DU DARFST NICHT ZUVIEL WIEGEN! Du darfst nicht mütterlich sein. Du darfst nicht einmal mütterlich erscheinen! Sonst wirst du nicht gewählt. Du schaffst es nicht in die GALA, nicht in die BUNTE, nicht in die SCHROT&KORN.

Ist doch eh alles eine Soße – oder eine mediale Pampe, was heute den armen europäischen Frauen abverlangt wird. O Afrikanerinnen, ihr habt es da besser!

 

 Posted by at 12:13

„Zwei Streifen. Schwanger. Panik.“

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Feb 082014
 

„Mach’s. Aber mach’s mit.“ „Gib AIDS keine Chance.“

So der aufmunternde, zupackende Slogan einer großen Präservativwerbungs-Plakataktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

AIDS.
Schwangerschaft.
STD  [=Sexually Transmitted Diseases, d.h. Geschlechtskrankheiten].

Geschlechtskrankheiten, Schwangerschaft, HIV – das sind die drei apokalyptischen Reiter der modernen  Sexualität, vor denen auf unseren Straßen klein und groß von Kindesbeinen an gewarnt werden. Die Botschaft, die die staatlichen Stellen verbreiten,  ist klar: Sex ist selbstverständlich und sollte in allen Variationen bedenkenlos zupackend ausgeübt werden, solange und soweit die drei großen Gefahren für das Glück und die Gesundheit der den Sex Ausübenden zuverlässig vermieden werden: Geschlechtskrankheiten, Schwangerschaft und AIDS.

Sex ist gut, soweit und sofern die drei großen Gefahren Schwangerschaft, AIDS und sexuell übertragene Krankheiten zuverlässig vermieden werden. Diese Lehre ist heute zentral verankert  im schulischen Sexualkundeunterricht, auf den Plakaten,  in den Ratgebern und den Broschüren, die reichlich an Kinder und Jugendliche ausgereicht werden.

Neuerdings rückt neben HIV, dem Kindesmissbrauch und den sexuell übertragbaren Krankheiten  die Schwangerschaft wieder als besondere gesundheitliche und soziale Gefährdung der Frau in den Blickpunkt. Lara Fritzsche hat dazu vor wenigen Tagen einen sehr profunden Artikel veröffentlicht. Er fängt so an:

An ihren ersten Gedanken erinnert sich Louisa Bartel noch genau. Sie schämt sich dafür, und doch – das weiß sie – wäre es heute wieder das Erste, was ihr in dem Moment einfiele. Sie hatte den Schwangerschaftstest neben der Toilette auf dem Badewannenrand liegen gelassen und war mit langsamen Schritten einmal die ganze Wohnung abgegangen. Als sie wieder ins Bad zurückkam, waren sicher drei Minuten verstrichen. Das Ergebnis: zwei Streifen, schwanger. Und ihr erstes Gefühl: Panik. Weil sie die vielen alten Ängste alle auf einmal wieder einholen.

Schwangerschaft wird heute in den Medien als etwa Krankmachendes, Angsteinflößendes, die Frau Entstellendes dargestellt. Etwa 10% der Frauen reagieren laut eine Studie der Universität London heutzutage  mit Essstörungen, mit Magersucht, Hungerperioden, Abführmitteln und Darmspülungen auf das medial grundsätzlich abgelehnte  Zustandsbild der Schwangerschaft. Gefragt ist heute die Kaschierung, Verleugnung, Unterbrechung oder ggf. Verkürzung der Schwangerschaft mittels planvollen Kaiserschnitts.

Schwangerschaft – ein unerwünschtes Ereignis. Zwei Streifen=Schwanger=Panik. Eine sehr schöne Erzählung hat zu genau diesem Thema vor wenigen Tagen der junge, in Russland lebende, folglich auf Russisch schreibende Autor Changeant Trapier mit seiner Erzählung Две полоски /Zwei Streifen vorgelegt. Er leuchtet hinein in all die Vorgänge des Erschreckens, des Nicht-Wahrhabenwollens, des Verleugnens, die mit diesem grundsätzlich unerwünschten Zustand der Schwangerschaft einhergehen.  Eine Frau, die ungewollt schwanger geworden ist, sendet dem Erzeuger des Kindes einen Umschlag mit dem Pappträger, auf dem die zwei verhängnisvollen  Streifen zu sehen sind. Wie reagiert nun der Mann? Es lohnt sich, diese sanft und unaufdringlich  auf mehreren Ebenen zugleich spielende Erzählung des französischen Schriftstellers  zu lesen, der für einen Mann eine erstaunliche Einfühlungsgabe in die Psyche einer schwangeren Frau, mehr noch in die Psyche eines ungewollt zum Vater werdenden Mannes  beweist.

Zwei enge Freunde – Reinhard und Gottfried – unterhalten sich von Mann zu Mann über die verräterische Botschaft der zwei Streifen.  Ein Zitat:

Готфрид улыбнулся и вдруг его взгляд упал на картонную полоску, лежащую поверх черновиков статьи, исчирканных пометками Рейнхарда и Вебера. Его рука дрогнула и кофе выплеснулся, обжигая ему пальцы. Готфрид аккуратно поставил чашку между бумагами и ладонь стиснула край стола, так сильно, что костяшки пальцев побелели. Рейнхард знал, что Готфрид не произнесет ни слова, но он прекрасно понимал, что надо спросить, и возможно он сам получит объяснения.

—Марике прислала, ничего не понимаю. Знаешь, что это?

—Да, —через силу трудно проговорил Готфрид, —Знаю.

—И что же? —Рейнхард сделал еще глоток горячего кофе, он знал, что Готфрид не скажет, если не спросить.

Но друг молчал. Рейнхард удивленно поднял глаза, и увидел, что Готфрид бел, как бумажный лист. Не глядя на него, Готфрид отпустил край стола, за который держался так крепко, словно не мог стоять без поддержки, закинул руки за шею и начал наощупь развязывать узел шнура. Развязал.

—Это ребенок, Рейнхард.

Dieser kleine Abschnitt aus der längeren Erzählung zeigt zugleich auch, was hinter der Ablehnung der Schwangerschaft stehen dürfte: die Angst davor, ein Kind in die Welt zu setzen. Ein KIND also! So ein Unfall! Ein vermeidbarer Unfall obendrein. Hinter der Ablehnung der Schwangerschaft dürfte in unseren Gesellschaften  häufig auch die Ablehnung des Kindes stecken. Ein Kind, das bedeutet letztlich das Gefühl, dass etwas ins Leben der Erwachsenen eintreten könnte, das Karriereplanungen, Vorzeigbarkeit und Fitnessprogramme durcheinanderbringt. Hinter dem großen, zu vermeidenden Unfall Schwangerschaft lauert also der größere zu vermeidende Unfall Kind.

Tja, Freunde, so ist das heute. Schwangerschaft ist ein krankheitsähnlicher Zustand, das Kind ein vermeidbarer Zufall oder Unfall. So wird das heute landläufig dargestellt.  So wird es den Kindern und Jugendlichen heute beigebracht.

Ich empfehle den profund schürfenden Essay von Klara Fritzsche über das tausendfach verfestigte Negativ-Image der Schwangerschaft und die subtil fesselnde Erzählung des auf Russisch schreibenden französischen Blog-Autors Changeant Trapier nachdrücklich der Lektüre der unermüdlichen Aufklärer, Warner, Mediziner, Psychologen und Lehrer.

Quellenangaben:

Lara Fritzsche:
Unguter Hoffnung. Süddeutsche Zeitung Magazin, Nummer 5, 31. Januar 2014, S. 8-13

nachzulesen hier:
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/41477

Changeant Trapier:
Две полоски  [„Zwei Streifen“]. Post in trapier.livejournal vom 30. Januar 2014

nachzulesen hier:
http://trapier.livejournal.com/263523.html

 Posted by at 18:01
Mrz 112010
 

„Iiii – wie eklig – der isst Salami“, diese Reaktionen muslimischer Mitschüler höre ich von Kreuzberger Grundschülern, die der nichtmuslimischen Minderheit angehören, wenn sie ihr Pausenbrot auspacken. Und immer wiede sehe ich junge Männer der Mehrheit, wie sie besonders auffällig und wiederholt auf die Erde spucken. Und Mädchen oder junge Frauen aus der nichtmuslimischen Neuköllner Minderheit berichten von häufigen sexuellen Belästigungen und machohafter Anmache, wenn sie allein auf der Straße gehen.“Ich habe keine Lust mehr, mich dauernd von den Jungs beleidigen zu lassen“, sagen diese Frauen. Viele deutsche Familien sind schon aus Neukölln weggezogen.

„Die Themen, die den Muslimen unter den Nägeln brennen wie Alltagsrassismus oder Islamophobie sind nicht einmal erwähnt worden.“ So Aiman Mazyek heute auf S. 5 der Süddeutschen Zeitung.

Angst deutscher Mädchen vor sexueller Anmache durch moslemische junge Männer, Verspottung und Lächerlichmachen von Schweinefleischverzehrern, ostentatives Spucken von Halbstarken auf den Berliner Boden … ist das alles schon Rassismus oder Islamophobie?

I wo! Es ist mangelnde Erziehung, eine Selbstabgrenzung der muslimischen Bevölkerung, eine Mischung aus dumpfen kulturell-religiösen muslimischen Überlegenheitsansprüchen und gefühlter ökonomischer Unterlegenheit. Mit Rassismus hat dies beileibe nichts zu tun.

Als echten Rassismus würde ich allenfalls die in Kreuzberg und Neukölln weitverbreiteten judenfeindlichen Einstellungen bezeichnen. Und dafür – also für die Bekämpfung antisemitischer und homophober Vorurteile unter moslemischen Jugendlichen – stellt die Stadt Berlin ja in diesem Jahr 1,9 Millionen Euro bereit.

„Diese Bank ist nur für Weiße“, so berichtete die letzte Sendung mit der Maus aus Südafrika. Südafrika war bis 1991 ein rassistischer Staat! In ganz Europa herrschte im 19. Jahrhundert bis weit in die dreißiger und vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein rassistischer Unterton.

„Alltagsrassismus und Islamophobie“  – mit diesen allzu häufig, inflationär ausgespielten Karten wollen manche migrantischen Verbände ihren Opferstatus befestigen. Darin sind sie Meister. Grotesk!

Muslime erwägen, den Dialog mit de Maizière zu beenden – Islamkonferenz vor dem Aus – Service – sueddeutsche.de
Mazyek kritisierte auch die inhaltliche Neuorientierung der Konferenz: „Die Themen, die den Muslimen unter den Nägeln brennen wie Alltagsrassismus oder Islamophobie sind nicht einmal erwähnt worden.“ Auch die Zusammensetzung des Gremiums ist den Verbänden zuwider.

 Posted by at 11:38