Ein gesungenes Gespräch itzt und im Nu

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Jun 112018
 

Herausgehobene seelische Ekstase, die selbstverständliche Verschmelzung des Gesanges mit dem Text, also ein im engeren Sinne gesungenes Gespräch, eine frei und kraftvoll vorgetragene Bitte im Namen der Gemeinschaft, all das erlebte ich leibhaftig und wirklich am vergangenen Samstag mit dem Vater Unser in der Ausformulierung durch den Komponisten Carl August Krebs.

Hier, während ich sang, trat wirklich ein Drittes zwischen Wort und Ton hervor. Der Sinn wird Laut! Ja, der Sinn wird laut: ein Rufen, ein Schreien, Flehen, Bitten, – ein Anklopfen an die Tür von jemandem, bei dem wir nicht wissen, ob er da ist oder dort! Oder ob er hier geschieht, ob er sich itzt und im Nu ereignet.

Hier das dürre geschriebene Wort ohne Laut:

Vater unser, der du bist im Himmel,
Geheiliget werde dein Name,
Zu uns komme dein Reich,
Dein Wille geschehe
Wie im Himmel also auch auf Erden.
Gib uns heut unser tägliches Brot,
Und vergib uns unsere Schuld,
Wie wir vergeben unsern Schuldigern.
Führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Übel.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Und so klang das:


Amen.

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Feb 162018
 


23. 4. 81 – Palazzo vecchio, Firenze: Lettura su Dante.

Diesen handschriftlichen Eintrag entdecke ich in schwarzer Tinte in meinem reichlich mitgenommenen Exemplar der Commedia des Dante Alighieri. Soeben fand ich das schmucklose Taschenbuch in meinem Billy-Regal. Dante begleitet mich als lo duca mio seit Jugendjahren, genauer: seit ein Lateinlehrer irgendwann uns Buben in der neunten Klasse einfach so die Anfangsverse der Commedia rezitierte. Ich verstand kein Wort, aber ich verstand den Klang, ich verstand instinktiv die Sprachmusik Dantes, ich verstand: das ist Poesie.

Bei meiner ersten Fahrt nach Florenz im Jahr 1981 besuchte ich meine erste Lectura Dantis, erneut verstand ich wenig. Aber ich verstand: Das ist Philologie! Nur durch den öffentlichen Vortrag, die öffentliche Erläuterung eines solchen überragenden Werkes kann sich seine ungeheure Lebendigkeit erweisen.

Genug der Erinnerungen, zurück zu den drängenden Fragen der Jetztzeit! Der Theologe Eckhard Nordhofen wirft 2 Jahrtausenden Übersetzungsgeschichte vor, fast die gesamte Christenheit bete heute das Vaterunser mit einem eingebauten kapitalen Übersetzungsfehler. Die Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ sei falsch und widersinnig übersetzt. Es gehe gerade nicht um das gerade biologisch Lebensnotwendige, sondern um das im höheren Sinne Notwendige, das Hinzukommende, das Überwesentliche, das vom Himmel Fallende – das himmlische Brot: panis supersubstantialis. Die amtlichen Übersetzungen des Vaterunser in den unterschiedlichsten Sprachen (deren einige wir überprüft haben, darunter Russisch) seien grundfalsch. Eine taugliche Übersetzung dürfe nicht „unser tägliches Brot“, sondern müsse in etwa „unser überwesentliches, unser himmlisches Brot“ lauten.

Andere heutige Theologen und Bibelausleger wiederum – genannt seien hier Gianfranco Ravasi und Joseph Ratzinger – beharren in guter Kenntnis des textkritischen Befundes seit längerem darauf, das „tägliche Brot“ meine zunächst einmal das unmittelbare Lebenstaugliche, allenfalls sekundär mit hineingelegt und mitgedacht auch etwas hohes Hinzutretendes, ein „Epiphänomen“ der Gnade also.

Was hätte wohl Dante zu dem seit Jahrhunderten schwelenden brandaktuellen Zwist gesagt?

Bei seiner öffentlichen Lectura Dantis in Hamburg wies uns am vergangenen Dienstag der Schauspieler, Essayist und Philosoph Franco Ricordi darauf hin, Dante habe die vierte Bitte des Vaterunser eigenwillig übersetzt.

Wie? Nun, lesen wir zunächst noch einmal das griechische Original:

τὸν ἄρτον ἡμῶν τὸν ἐπιούσιον δὸς ἡμῖν σήμερον

Dante gibt nun in seiner Umschreibung des Vaterunser in Purgatorio XI,13 diesen Vers Mt 6,11 so wieder:

Dà oggi a noi la cotidiana manna –

also zu deutsch etwa:
Gib heute uns das tägliche Manna

oder als stumpf schließender Endecasillabo con uscita tronca, das heißt mit 10 metrischen Silben:

Gib heute uns das täglich Himmelsbrot

Dante kommt damit dem Übersetzungsvorschlag Nordhofens, das ἄρτον ἐπιούσιον als himmlisches Brot zu übersetzen, erstaunlich nahe. Oder besser: Nordhofen kommt dem Übersetzungsvorschlag Dantes erstaunlich nahe.

Der Befund ist klar: Nicht die ganze Christenheit irrte! Dante hat wie einige andere seiner Zeitgenossen auch mit unerhört kühnem Ausgriff eine jahrhundertelange Übersetzungsquerele beizulegen versucht, die uns bis zu diesem Augenblick beschäftigt. Hat er es geschafft? Die Entscheidung liegt beim Du, sie liegt bei dir, o Bittender!

Ein Blick zurück in Demut ist nie verkehrt, sonst dreht man sich im Kreislauf der ewigen Wiederkehr!

Womit übrigens Dante recht behielte, wenn er sagt (Inf. XI, 13f.) :

Dà oggi a noi la cotidiana manna
sanza la qual per questo aspro deserto
a retro va chi più di gir s’affanna

Wir übersetzen abschließend Dantes drei Verse nunmehr:

Gib heute uns das täglich Himmelsbrot,
Fehlt es daran, so sehr wir uns im Kreis drehn,
Führt rückwärts uns der Weg in Wüstennot.

Dante Alighieri: La Divina Commedia. A cura di Fredi Chiappelli. Grande universale Mursia, 4a edizione, Milano 1976, p. 228-229 (Purgatorio, canto XI vv. 13-15)

Nestle-Aland: Novum testamentum graece, ed. vicesima septima, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1999, Seite 13 [Mt 6,11]

Eckhard Nordhofen: Brot. Ein hapax für jeden Tag. Merkur 72 (824), Januar 2018, S. 86-93

Joseph Ratzinger: „Unser tägliches Brot gib uns heute“, in: derselbe, Jesus von Nazareth. Erster Teil. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2007, hier besonders: S. 185-191

Gianfranco Ravasi: „Unser tägliches Brot gib uns heute!“ in: derselbe, Fragen und Verstehen. 150 Antworten des Glaubens. Aus dem Italienischen von Gabriele Stein. Mit einem Geleitwort von George Augustin. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2012, S. 289-292

Bild: Die Märzensonne scheint schon wolkenverhangen im winterlichen Februar. Sie wird die Blumenzwiebeln wecken. Aufnahme aus dem Schöneberger Südgelände, 12.02.2018

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Feb 052018
 

τὸν ἄρτον ἡμῶν τὸν ἐπιούσιον δὸς ἡμῖν σήμερον·

Diesen textkritisch gut gesicherten Vers 11 aus Kap. 6 des griechisch verfassten Matthäusevangeliums liest und übersetzt die russisch-orthodoxe Kirche heute so:

хлеб наш насущный дай нам на сей день

Also zu deutsch: Unser dringend nötiges Brot gib für diesen Tag. Was die morgenländischen Christen beten, das beten ähnlich auch die abendländischen Christen. Das Vaterunser weist in dem östlichen und dem westlichen Flügel der europäischen Christenheit an dieser Stelle keinen nennenswerten Unterschied auf. Ich erwähne dies ausdrücklich, weil die orthodoxe Übersetzung des Neuen Testaments gegenüber der westlichen Übersetzungstradition aus einem einfachen, unabweisbaren Grund höhere Dignität beanspruchen kann als die römische Tradition: Kyrill und Method übersetzten im Morgenland direkt aus dem Griechischen ins alte Slawische, während die etlichen bekannten volkssprachlichen Übersetzungen der Bibel im Abendland ab dem hohen Mittelalter bis knapp zu den Zeiten eines Melanchthon, Luther und Erasmus fast ausschließlich aus dem Lateinischen übersetzten, also aus zweiter Hand, aus der Übersetzung des griechischen Originals!

Eine kleine Recherche in alten Textzeugen, wie sie der Nestle-Aland noch in seiner vorletzten, der 27. Auflage zitiert, ergibt, dass die ältesten lateinischen Übersetzungen mit diesem nur hier vorkommenden griechischen Adjektiv ἐπιούσιος größte Schwierigkeiten hatten. Bezeugt sind in den ältesten Codices: cottidianus (täglich), supersubstantialis (Bedeutung nicht zweifelsfrei geklärt), perpetuus (andauernd), necessarius (nötig), veniens (kommend), crastinus (für den morgigen Tag). Es handelt sich um ein seltenes, wahrscheinlich in den vorhandenen griechischen Texten nur hier bezeugtes Wort, ein hapax legomenenon also. Selbst der Liddell-Scott-Jones, dieses mir seit meinem Gräzistik-Studium unerlässliche lexikalische Handwerkszeug, bringt es nur einmal, nämlich hier in dieser vierten Bitte des Vaterunsers.

Der Theologe und Philosoph Eckard Nordhofen vertritt neuerdings die These, diese herkömmliche Übersetzung der vierten Bitte des Vaterunsers sei irreführend. Wir zitieren ihn beispielhaft:

Üblicherweise wird diese vierte Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ so verstanden, dass es darum geht, immer genug zu essen zu haben. Eine gründliche philologische Untersuchung hat aber ergeben, dass diese Lesart, diplomatisch formuliert, „missverständlich“ ist.

Das Brot, von dem Jesus hier spricht, ist so besonders, dass er dafür einen außergewöhnlichen Ausdruck prägt und zwar mit einem Adjektiv, das es im Griechischen, der Sprache der Evangelien, nirgendwo sonst gibt. Man kann zeigen, dass auch im verlorenen aramäischen Urtext ein solcher Neologismus gestanden haben muss. Das Adjektiv ist einzigartig, aber nicht sinnlos. Der Kirchenvater Hieronymus hat es in der Vulgata, der lateinischen Fassung der Bibel, mit „supersubstantialis“ übersetzt. Ein „überwesentliches“ Brot also. Wenn man ohne Zungenbrecher vom „himmlischen Brot“ spricht, kommt man dem Ursprung nahe.

Quelle:
http://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/vaterunser-die-versuchung-ist-nicht-das-problem

Vgl. jetzt auch ganz besonders Nordhofens neues Buch: Corpora. Die anarchische Kraft des Monotheismus. Herder, Freiburg 2018; darin das Kapitel X: Die vierte Bitte: das neue Gottesmedium, S. 227-263

Eine 2011 geführte, sehr anregende Diskussion des Adjektivs supersubstantialis findet sich in folgendem Lateinforum:

http://www.latein.at/phpBB/viewtopic.php?f=20&t=33328

Hier werden Bezüge auf Aristoteles und sogar Platon angeführt, die die kühne These Nordhofens zu stützen scheinen.

Quelle:
Nestle-Aland: Novum testamentum graece, ed. vicesima septima, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1999, Seite 13 [kritischer Apparat zu Mt 6,11]

Bild:
ein Blick in das Innere eines Flügels, aufgenommen am gestrigen Tag auf dem Flughafen Tempelhof

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„Njewjedź nas do spytowanja“, oder: Können Verbrecher Menschen sein?

 Das Böse, Vater Unser  Kommentare deaktiviert für „Njewjedź nas do spytowanja“, oder: Können Verbrecher Menschen sein?
Feb 262016
 

„Das sind keine Menschen, die sowas tun, das sind Verbrecher!“ So wird der deutsch-sächsisch-sorbische Stanislaw Tillich vielfach in den Leitmedien zitiert (zitiert wie gedruckt, z.B. FAZ, 24.02.2016, S. 3). Durch ihre Verbrechen (in diesem Fall also Brandstiftung, Behinderung des Straßenverkehrs, häßliche Sätze, Fremdenfeindlichkeit, asylpolitikfeindliche Parolen) verlören die Verbrecher von Sachsen also ihr Mensch-Sein – mindestens spricht der sächsische Spitzenpolitiker den Verbrechern von Sachsen das Menschsein ab.

Muß man wirklich so denken und reden wie der sächsisch-sorbische Christdemokrat, der sich selbst offenkundig auf die Seite der Guten, auf die Seite der Menschen stellt – während er die anderen, die Verbrecher auf Seiten der Nichtmenschen stellt?

„Siamo tutti peccatori, lasciamoci trasformare … “ diese Äußerung wird auf Twitter glaubhaft berichtet vom amtierenden Bischof der Stadt Rom, Franziskus. Aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt: „Wir sind alle Sünder, lassen wir uns verwandeln.“ Dieses Wort wirft ein gänzlich anderes Licht auf die Verbrecher. Die Verbrecher sind im Grunde Menschen wie wir. Der Verbrecher, ob nun Brandstifter oder Fremdenfeind, ist also genauso ein Mensch mit seiner Würde wie wir alle auch. Unsere Aufgabe wäre es, den Verbrecher vom Verbrechen wegzuleiten, indem wir ihm zu verstehen geben: Du bist für mich kein Fremder, Verbrecher! Du bist ein Mensch wie ich auch, du Verbrecher! Auch ich erlebe derartige Versuchungen, denen du Verbrecher erlegen bist. Lass mich versuchen, dich und mich durch die verwandelnde Kraft des Wortes von der Versuchung zum Verbrechen wegzuführen. Ich bitte dich darum.

Auf gut Niedersorbisch könnte man auch sagen:

A njewjedź nas do spytowanja,
ale wumóž nas wot złeho.

Wörtlich aus dem Sorbischen ins Deutsche übersetzt:
„Und nicht führe uns zu Versuchung,
sondern rausleite uns aus Bösem.“

„UNS“ heißt es im Vaterunser – nicht „die da“, die Nichtmenschen.

Wer hat nun recht, der mächtige Ministerpräsident Sachsens oder der Bischof Roms? Beide vertreten einen entgegengesetzten Blick auf das, was den Menschen ausmacht. Für den Bischof Roms tritt das Menschliche gerade in seiner Fehlbarkeit zutage. Der mächtige Spitzenpolitiker, der Ministerpräsident Sachsens hingegen spricht den Verbrechern (wie er sie nennt) ihr Menschsein ab.

Auf wessen Seite schlägst du dich, Leserin und Leser?

Nachweise:


Stefan Locke: Büroklammer im Würgegriff. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.02.2016, S. 3

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Aug 172013
 

καὶ ἄφες ἡμῖν τὰ ὀφειλήματα ἡμῶν, ὡς καὶ ἡμεῖς ἀφήκαμεν τοῖς ὀφειλέταις ἡμῶν.

„und erlasse uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern [sie] erlassen haben.“

So empfiehlt es Jesus im griechisch verfassten Neuen Testament bei Matthäus 6,12! Jesus fordert: Periodischer einvernehmlicher Schuldenerlass von Schulden, die den Schuldner überfordern! So lebenspraktisch sah das Jesus im Einklang mit der Tradition des Judentums damals. Er meinte: Wenn’s gar nicht mehr anders geht, muss halt der berühmte Schuldenschnitt ran. Wer hoffnungslos überschuldet ist,  der darf wieder bei Null anfangen. Jesus meinte das nicht nur finanziell im Verhältnis zwischen Personen, sondern auch moralisch im Verhältnis zwischen dem Menschen und dem Vater der Menschen.

Adenauers CDU speiste sich damals aus der ausdrücklich formulierten Zielsetzung, dass im Verkehr zwischen den Staaten dieselben Grundsätze des Christentums Anwendung finden sollten wie im Verkehr zwischen Menschen. Dazu gehörte die Beistandspflicht zwischen Staaten in Not, die Pflicht zur Versöhnung zwischen ehemals verfeindeten Staaten, die Pflicht zur Vergebung der Schuld, also auch zum Schuldenerlass zwischen den Staaten. Lang ist’s her, wer erinnert sich heute noch an Adenauer oder an Erhard?

Europa durch Aufgabe des Euro retten, indem ein weitreichender Schuldenerlass durchgeführt und dann die Euro-Währungsgemeinschaft geordnet aufgelöst wird. Das ist es, was der wissenschaftliche Chefberater des Bundesfinanzministeriums, Kai A. Konrad nunmehr fordert. Hier ist das Interview nachzulesen:

http://www.welt.de/politik/deutschland/article119104708/Deutschland-kann-die-Euro-Zone-nicht-retten.html

 

Ärgerlich in mehrfachem Sinne an dem Interview der WELT mit Konrad ist aber die Frage:

Die Welt: Deutschland soll zum dritten Mal Europa in die Luft sprengen? Das wird keine Bundesregierung je tun.“

Diese ungeheuerliche, erpresserische Frage des Reporters  enthält wieder jene vulgärtheologische Schuldtheorie, wonach Deutschland und nur Deutschland an der Katastrophe des Jahres 1914 und an allen nachfolgenden militärischen und humanitären Katastrophen Europas schuld sein soll. Dies ist eine sehr gefährliche, obendrein dumme Schuldtheorie, die die internationalen Historiker längst nicht mehr vertreten, die aber weiterhin eine unselige Rolle in der deutschen und internationalen Politik spielt.  Denn wissenschaftlich lässt sich die These, dass das Deutsche Reich der Alleinschuldige oder Hauptschuldige am Ausbruch der zahlreichen europäischen Kriege ab 1914 sei, nicht halten. Sie ist empirisch falsch. Deutschland ist nicht der alleinige Schuldige am Ausbruch des ersten Weltkrieges. Was  den zweiten Weltkrieg angeht, so kann man durchaus die Meinung vertreten, dass die UdSSR, Japan, Spanien, Griechenland und Italien eine Mitschuld an den zahlreichen verheerenden Feldzügen und Schlachten haben, die ab 1920 bis 1945 den ganzen Kontinent verwüsteten, und von denen viele heute unter „2. Weltkrieg“ zusammengefasst werden.

Weil Deutschland an allem schuld sei, müsse es heute für alle Schulden aller Europäer gerade stehen. Das ist der unterschwellige Unsinn, der einem immer wieder aufgetischt wird. Weg damit. Mut zur Wahrheit ist gefragt.

 

Quelle:

Nestle-Aland: Novum testamentum graece, ed. vicesima septima, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1999, S. 13

 

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Wieviel Jungenförderung können und wollen wir bezahlen?

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Mrz 282011
 

„Ach, wir bräuchten 1000 Jungenförderungsprojekte in Berlin! Die können wir aber nicht bezahlen!“ So seufzt wohl mancheR SchulpolitikerIn.

Die Politik soll Geld in die Hand nehmen, um Jungen und Väter zu fördern, Väterspieleabende bezahlen,  Jungenförderpläne ausarbeiten, Jungenforschungsinstitute einrichten und unterhalten.

Jungen sollten erfahren, dass sie fast genauso einfühlsam, fast genauso sprachgewandt, fast  genauso sanftmütig sein können wie die allseits bewunderten Vorbilder: die Mädchen! Wenn Jungen weiblicher werden, können sie die Mädchen in Leistungen und Schulerfolg einholen, die berüchtigte Geschlechterlücke zwischen Mädchen und Jungen schlösse sich. Die Farbe Rosa ist doch die schönste, Gummihüpfen macht Jungen genauso viel Spaß wie Formel 1! Ich zitiere hier wörtlich oder sinngemäß aus Texten von aktuellen Grundschullesebüchern und Partei- und Regierungsprogrammen.

21.03.2011: Typisch Mädchen, typisch Jungen? (Tageszeitung Neues Deutschland)

Ich halte von einer staatlichen gezielten Jungenförderung – nicht so viel. Denn die staatlich finanzierte Jungenförderung folgt letztlich einem rein weiblichen, einem mütterlichen Paradigma: Das benachteiligte Kind (in diesem Fall der Junge)  ist schwach, das Kind kann zu wenig, dem Kind muss geholfen werden!

Dabei leugne ich keineswegs, dass die Jungen und die arbeitslosen Väter zunehmend zu einer Problemgruppe werden.  Sie sind schlechter in der Schule, werden viel häufiger suchtkrank und kriminell. Kazim Erdogan etwa hat dies punktgenau erkannt.

Abhilfe? Dreierlei:

a) Die Jungen müssen mehr spielerischen Wettbewerb und Kampf untereinander erfahren, sie müssen stärker gefordert werden – in Haushalt, Familie und Schule.  Sport, Wettkampf, Turniere aller Art  – das lieben die Männer.

b)  Staatliche Hilfen zum Lebensunterhalt für junge, arbeitsfähige  Männer streichen! Das ganze Sozialhilfeunwesen ist Gift für Jugendliche und junge Männer. Es verführt zum Nichtstun, zur Faulheit und zur Jammermentalität. Wenn die jungen Männer  merken: „Sobald ich die Schule verlasse, muss ich mir selbst den Lebensunterhalt erarbeiten“, werden sie sich ins Zeug legen! Freie Lehrstellen gibt es mittlerweile genug, die Bewerber bringen aber nicht einmal die einfachsten Fertigkeiten mit.

c) Auf die Väter setzen! Wenn die Väter in den Familien den Jungen vorleben, dass Mann sich im Leben anstrengen muss, dass Mann etwas lernen muss, dass Mann sich um die Buben kümmert, dass Mann die Frauen umwerben sollte, dass Mann den Frauen und dem Staat nicht die gesamte Arbeit überlässt – dann werden die wenigen finanzierbaren Projekte für Jungenarbeit nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Es geht um eine neue Vorstellung der Vaterschaft. Diese kann der Staat zwar nicht finanzieren, er kann aber wenigstens den Unsinn unterlassen, an den Kitas und Schulen zu predigen, dass Jungen am besten den Mädchen nacheifern sollten, weil sie eben fast so klug, gut und einfühlsam wie die Mädchen werden sollten.

Die Jungen werden nie so werden wie die Mädchen, und das sollen sie auch nicht. Der Staat wird jedoch nicht immer hinterher reparieren können, wenn die Väter in den Familien kein Vorbild setzen.

 

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„Kinderarmut“. Was brauchen die armen Jungen?

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Jan 262011
 

„Kinderarmut“ wegen Hartz IV, spielsüchtige Väter in Neuköllner Spielhallen, „staatliche Jungenförderung“ … was brauchen Jungen, die armen Jungen wirklich? Was brauchen Kinder?

Ich meine: Die größte seelische Verarmung erleiden – insgesamt gesehen und statistisch gewertet – die Berliner Kinder, vor allem die Berliner Jungen, durch die abwesenden Väter.

Nicht materielle Armut benachteiligt die Kinder, sondern das Fehlen des guten Vaters. Die geradezu schrankenlosen Glückserwartungen, die in Berlin und in Deutschland überhaupt auf den versorgenden, den pervers-mütterlichen Staat gerichtet werden, entspringen meist dem Fehlen einer tatkräftigen Vorbildgestalt, wie sie üblicherweise der Vater ist.

Die Bestätigung liefert in aller Deutlichkeit Walter Kohl in seinem neuen Buch:

Altkanzler: Der Kampf um Helmut Kohl – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten – Politik
Jeder Junge wünscht sich einen Vater, mit dem er gemeinsam die Welt erkunden kann, der mit ihm zelten geht oder Fußball spielen. Jeder Junge wünscht sich einen Vater, der auch für ihn da ist.“

 Posted by at 20:19

Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft

 Sozialstaat, Vater Unser  Kommentare deaktiviert für Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft
Jan 242011
 

Die vaterlose Gesellschaft ist in gewisser Weise die „überaus mütterliche Gesellschaft“, also die Gesellschaft, die sich ganz auf die Versorgungsleistungen herum gruppiert. Das Bundesland Berlin ist – wie ich meine – unter allen 16 Bundesländern das „vaterloseste“, das „mütterlichste“ Bundesland.

Nirgendwo werden so sehr wie hier alle Probleme des einzelnen sofort auf staatliche Hilfsangebote hin umgedeutet.

Was die Berliner SPD-Fraktion jetzt wieder auf ihrer Dresdener Klausur zur Familienpolitik hervorgezaubert hat, bestätigt meine Analyse in schonungsloser Offenheit! Von mehr, von beser ausgebauten Hilfsangeboten ist die Rede. Mehr Essen vom Staat, mehr Hilfe vom Staat, mehr Betreuung vom Staat, mehr Beratung vom Staat! Berlin ist Spitze darin und soll es laut SPD auch bleiben, mögen Mappus‘ böse Buben aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen noch so poltern und toben ob der knapp 3 Milliarden Euro, die sie aus dem Länderfinanzausgleich berappen!

Herrlich ist das Bild in der taz, welches Wowereit – den Bürgermeister und symbolischen „Vater“ der Stadt – geradezu erdrückt von weiblich-wolkigen Glücksversprechungen in Gestalt der sozialen Engel-Frauen zeigt. DAS ist eine Welt, DAS ist die wolkig-duftig-lockere Welt des fürsorglichen Übermutterstaates, genannt Bundesland Berlin! Die Hauptstadt der Verwöhnung!

Lest jetzt die hellsichtig-prophetische Psycho-Analyse des heutigen taz-Bildes aus der Feder von Alexander Mitscherlich (verfasst 1963):

Alexander Mitscherlich – Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft
»In der unübersichtlichen Massengesellschaft«, schrieb Mitscherlich 1963, »hat diese autoritäre Form der Eingewöhnung in das soziale Feld aber eine unerwartete Antwort gefunden, nämlich eine Stärkung der Abhängigkeitsbestrebungen und eine Bejahung der Unmündigkeit. Das faktische Gegenbild zu den für unsere Zeitläufte charakteristischen Helden der Massen sind die ‚initiativarmen“ Frühpensionäre, die in ihren Wohlfahrtsstaaten nie flügge werden wollen.«

 Posted by at 14:41