Okt 042008
 

15072008001.jpg In loser Folge berichten wir ab heute über die Kandidaten, die die verschiedenen Parteien in unserem Wahlkreis aufstellen. Beginnen wir mit Christian Ströbele. Vorausgeschickt sei, dass ich diesem einzigen direkt gewählten Bundestagsabgeordneten der Grünen immer wieder über den Weg laufe und radle, dass er in diesem Blog schon mit Foto vertreten ist und dass ich vor wenigen Wochen beim Graefekiezfest ein kleines Gespräch mit ihm führen konnte.  Er hat sich in der Welt vom 29.09.2008  mit folgenden Äußerungen wieder als Direktkandidat zurückgemeldet:

Die Grünen beklagen, dass die nachfolgende Generation „Kann-grad-nicht“ zu wenig in politische Ämter strebt. Hätten sie nicht auch sagen können, nach einem erfüllten politischen Leben mache ich den Weg frei?

Ströbele:

Ein solches Direktmandat für einen Grünen kann man nicht einfach weitergeben wie einen Listenplatz. Es ist sehr stark auf die konkrete Person bezogen. Es muss jedes Mal völlig neu erkämpft werden, schon weil ein starker Bevölkerungsaustausch stattgefunden hat. Es wäre völlig offen, welcher Kandidat welcher Partei den Wahlkreis gewinnt, wenn ich nicht mehr antrete.

Wie bewertet Blogger Johannes Hampel diese Äußerung?

Ein starkes Ich-Bewusstsein spricht sich hier aus. Da Ströbele wieder antritt, so lernen wir von ihm, ist der Wahlausgang nicht völlig offen. Sondern er ist „gesetzt“. Diese Einschätzung halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt für richtig. Zugleich offenbart aber dieses ständige „Ich will es noch einmal wissen“ auch eine Schwäche der Grünen: Sie haben es offenbar nicht vermocht, im Schatten des Prominenten rechtzeitig Alternativen aufzubauen. Sie, die in unserem Bezirk als „Alternative Liste“ begannen, setzen nunmehr offenkundig auf den Faktor Prominenz. Eine Personalalternative können sie nicht anbieten. Lesen wir weiter im Interview:

Fürchten Sie den kommenden Wahlkampf mit ihren Mitbewerbern?

Ströbele:

Wahlkämpfe machen mir Spaß. Jedenfalls bis zur Ermüdung. Ich treffe viele Leute und diskutiere mit denen politisch, mit denen ich sonst nie Kontakt hätte. Diese Gelegenheit der direkten Auseinandersetzung gibt es sonst selten. Die Diskussion um meine Mitbewerber in den anderen Parteien verfolge ich mit wachsendem Interesse.

Eine gute Aussage! Sie zeigt: Ströbele hat weiterhin Lust auf die Auseinandersetzung, er lebt für die Politik. Genau diese Haltung brauchen wir: Offenheit, Auseinandersetzung, Dialog.

Was er zu Afghanistan sagt – „Beendigung des Krieges in verantwortbarer Weise“ – klingt ebenfalls vernünftig. Er gibt hier sicherlich die Mehrheitsstimmung in unserem Wahlkreis wider.

„Die offensive Kriegsführung muss wegen der vielen zivilen Opfer sofort gestoppt und über Waffenstillstand verhandelt werden. Und zwar mit allen am Krieg Beteiligten sowie mit den Nachbarstaaten, Pakistan und Iran, um einigermaßen Sicherheit herzustellen.“

Und er leugnet nicht, dass er nicht mehr für den Hauptstrom der Grünen steht, sondern nur „zuweilen“ die Mehrheitsmeinung der Partei hinter sich weiß:

„Was die Partei angeht, wird meine Politik nicht nur im Basiskreisverband getragen, sondern es gibt zuweilen durchaus Mehrheiten dafür in der Gesamtpartei. Ich fühle mich bei den Grünen durchaus zu Hause.“

Meine vorläufige Einschätzung: Ströbele trifft weiterhin den richtigen Ton bei der bürgerlichen Mitte der über 30-Jährigen in unserem Wahlkreis. Er gibt sich eigentlich keine Blöße in diesem Interview. Der entscheidende Schwachpunkt ist eher, dass seine Partei ihm offenbar kein überzeugendes Team an die Seite stellen kann. Der hochgeachtete Mann entscheidet allein. Und die Partei sagt: „Ja, er will!“

Ströbele ist kein Mannschaftsspieler. Das muss nicht unbedingt zu seinem Nachteil gereichen. Aber es macht ihn angreifbar. Denn in der heutigen Politik kommt es stark auf Teamqualitäten an. Mehr als früher.

Unser Foto zeigt heute Fahrräder in meinem Hof, darunter mein Raleigh-Tandem, das sicherlich älter als Ströbeles berühmtes Aluminium-Rad ist.

 Posted by at 19:21

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