Mai 072010
 

Woher kommt die Apathie, die Achtlosigkeit, die Schlurfigkeit, das Sich-Hängenlassen, die Faulheit, die Schlafmützigkeit?

Diese Frage lege ich nimmer wieder Sozialarbeitern, Erziehern,  Ärztinnen, Beratern und Lehrern vor.

Oft bekomme ich von diesen Fachkräften die Antwort: Es ist die Sozialhilfe, die das Engagement für das eigene Fortkommen, aber auch das gesellschaftliche Engagement  tötet. Der Staat hält die Menschen aus und es gibt keinen Anreiz, mindestens den Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Es ist ein Übermaß an Sicherheit. Die soziale Sicherheit führt zu einer maßlos übersteigerten Anspruchshaltung bereits von Kindesbeinen an.

Jeder kennt bei uns im Kiez Dutzende Beispiele  dafür.

Nur laut sagen darf man es nicht.

Ich meine: Sozialhilfe in der heutigen Form lähmt und tötet das Engagement. Sie macht häufig krank. Unsere berühmten Sozialkieze in Berlin sind ein Monument für die Richtigkeit dieser Aussage.

 Posted by at 14:07

  4 Responses to “Tötet Bürokratie das Engagement?”

  1. Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, die die soziale Stütze für die Eltern sehr wohl als eine wesentliche Ursache von Verwahrlosung und Selbstaufgabe der Kinder sehen.

    Wenn von Anfang an das Gebot herrscht: Du musst für dich selber sorgen, werden die Menschen weniger verwahrlosen, das ist in der Tat meine Meinung.

    Die bedingungslos über lange Zeiträume gezahlte Sozialhilfe in der heutigen Form lädt zu Staatsausbeutung und Verwahrlosung ein. Das sehe ich und viel andere so.

  2. Kein Kind, das richtig erzogen wird, wird ein Jugendlicher bzw. Erwachsener, der „Hartzler“ werden und sich passiv durchs staatlich beaufsichtigte Leben gleiten lassen will.

    Wenn die Familie nicht die richtige Erziehung für ihren Nachwuchs zustande bringt, muss es die öffentliche Hand tun: in entsprechend verpflichtenden und ausgestatteten und professionell geführten Kindertagsstätten und Schulen.

    Soziale Stütze ist nicht die URSACHE für das Verwahrlosen, Resignieren, Schmarotzen — sie ist ein das Herunterkommen begleitendes Phänomen, rausgeschmissenes Geld oft (in solchen Fällen ganz sicher), soziale Illusion. Aber eben nicht URSACHE.

    Wenn wir das Problem erfolgreich angehen wollen, müssen wir die URSACHE erkennen und an der URSACHE ansetzen.

    Glauben Sie im Ernst, die jetzigen Herumhänger werden fleißig werden, die jetzt Energielosen werden energisch werden — wenn wir ihnen die Stütze nehmen?

    Ich hab ja nix dagegen, dass man ihnen die Stütze nimmt: Es ist schließlich rausgeschmissenes Geld, das man besser für was anderes (eben zum Beispiel für meine radikale Version der Kindertagesstätten) ausgibt. Aber ich will eine Lösung haben, nicht eine politische Show, garniert mit publikumswirksamer Häme und unchristlichem Moralismus.

  3. An Ihren Bemerkungen mag allgemein etwas Wahres dran sein. Hier in Berlin sieht es aber anders aus: Hier haben Sie riesige Gruppen von Jugendlichen, die jede eigene Anstrengung einstellen: „Ich werd mal Hartzler.“ Von einer Gauss’schen Kurve kann hier in Berlin keine Rede mehr sein, da alle gemeinsam absacken.
    Da sind sicher nicht die Umstände schuld, sondern das System bietet einen Freifahrtschein zum Missbrauch und zum Nichtstun.

  4. Ich vermute, der Zusammenhang ist eher so:

    (1) Ein Teil der Bevölkerung kann nicht richtig mithalten – unsere Schulen und unsere Arbeitswelt sind ja darauf ausgerichtet, die jeweils Schwächsten auszusortierern und zu Versagern zu stempeln.

    (2) Wem das passiert, der ist dann eben entsprechend frustriert, apathisch, faul, er lässt sich hängen …

    (3) … und kriegt dann Sozialhilfe.

    (4) Die hilft ihm natürlich auch nicht aus der Misere heraus, sie hilft ihm nur, nicht ganz unterzugehen.

    (5) Und nun kommen die Beobachter, die mit bösem Blick feststellen, dass es ausgerechnet die Sozialhilfe ist, die zu (2) führt — nicht ein gnadenloses Auslesesystem, das eben systematisch „Versager“ erzeugt.

    Herr Hampel, unsere Verhältnisse erzeugen bewusst und gezielt Versager. Schauen Sie sich unsere Schulen an, mit ihrer Benotung nach der Gaußschen Verteilungskurve. Ein Teil der Klasse MUSS versagen, damit die andern hinreichend „motiviert“ werden, sich ordentlich anzustrengen. In der Arbeitswelt ist es ähnlich – für die erzieht die Schule ja.

    Die Letzten beißen die Hunde.

    Was sagt Jesus, wenn er einer solchen Situation begegnet? – Die Letzten werden die Ersten sein …

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