Jun 132017
 

Hanne spricht:

Wo de Hosen Husn haaßn
un de Hasen Hosn haaßn
do sei mer drham.

Wo sind die daheim, die so etwas von sich geben? Ein lustiges Rätsel, gar manchem Deutschen unlösbar, und doch ist dies Rätsel ein Kinderspiel im Vergleich zu den Schwierigkeiten, denen sich einer jener Hunderttausenden syrischer, ägyptischer oder eritreischer Migranten gegenübersieht, wenn er im Erwachsenenalter ohne jegliche Vorkenntnisse in einer europäischen Sprache mit dem Lernen des Deutschen als Fremdsprache (DaF)  beginnt!

Hannes erzählt:

Wir recht du hast, Hanne! Gar manche, ja viele Geflüchtete in meinem Bekanntenkreis besuchen seit 10 oder noch mehr Wochen den deutschen Sprachkurs und können immer noch nicht die so wichtigen Konsonanten p/t/k bzw. b/d/g oder die Vokale o (kurz-lang) und u bzw. e und ä unterscheiden oder nachbilden! Sie kennen und können sie nicht. Sie werden stattdessen offenkundig im Sprachunterricht bombardiert und vollgestopft mit geschriebenen Texten und Formeln, mit abstraktem Regelwissen, mit zu vielen Einzelwörtern, aber sie können und kennen die Laute nicht. Ein Unding!

Hanne erwidert:

Ganz meine Rede, das erfahre ich ebenso in meinen Kursen! Da sind wir auf einer Wellenlänge: Es ist wirklich wichtig ein ö vom u und vom i zu unterscheiden! Nimm können, kennen, Kissen, küssen… Die isolierten Laute und die einfachen zweisilbigen Wörter wie etwa Mama, Papa, Hase, Hose, zuhause, daheim, spielen, schlafen, essen, küssen, kennen sind das geeignete Ausgangsmaterial. Sie treten zusammen zu einfachsten Ausrufen und Sätzen, zu einfachsten Reimen und Liedern, die nach und nach den Mutterboden bilden, in den sich behutsam zarte Würzlein des grammatischen Regelwissens einsenken können.

Hannes bekräftigt:

Ich stimme dir zu!  Die Schulung von Ohr und Stimme ist das A und O beim Anfängerunterricht für Migranten im Erwachsenenalter; sie ist das unerschütterliche Fundament, ohne das jeder Sprachunterricht auf Sand gebaut ist. Ich habe das damals in meiner Zeit als DaF-Dozent wie auch heute immer wieder bemerkt, zum Beispiel auch bei den erwachsenen Zuwanderern hier.

Hanne:

Besonders wichtig für die muttersprachliche Lehrerin ist es, sich ein deutliches Bild von den Lauten der deutschen Sprache zu machen. Ich als Lehrerin muss vorbildlich klar, eindeutig und wahrnehmbar artikulieren, damit sich die einzelnen Laute dem Ohr der Lernenden einprägen.

Hannes fragt:

Was rätst du uns nun? Wie kann sich der künftige Lehrer für Deutsch als Fremdsprache in die Klippen und Fallstricke  der deutschen Lautgebung einarbeiten?

Hanne antwortet:

Vor allem muss sich die Deutsch-Lehrkraft selber der leiblichen und organischen Vorgänge beim Sprechen durchaus bewusst werden. Ohne bewusstes, vorbildliches  Sprechen findet kein sinnvoller Unterricht für Lernende im Erwachsenenalter statt! Mir hat es damals bei der Selbstausbildung meiner Sprechwerkzeuge und bei der Vorbereitung für den DaF-Unterricht geholfen, die folgenden Bücher zu Rate zu ziehen:

Klaus Heizmann: So spreche ich richtig aus. Eine Hilfe für Redner, Chorleiter und Sänger. Verlag Schott, Mainz
Egon Aderhold / Edith Wolf: Sprecherzieherisches Übungsbuch. Henschel Verlag, Berlin
Der kleine Hey. Die Kunst des Sprechens. Nach dem Urtext von Julius Hey. Neu bearbeitet und ergänzt von Fritz Reusch. Verlag Schott, Mainz

Hannes drängt ungeduldig:

Komm doch nun endlich zur Lösung des Rätsels, das dem Buch „So spreche ich richtig aus“ entnommen ist:

Wo de Hosen Husn haaßn
un de Hasen Hosn haaßn
do sei mer drham.

Woher stammen diese Menschen?

Hanne nennt die Lösung:
Aus dem Erzgebirge.

Beleg:
Klaus Heizmann: So spreche ich richtig aus. Eine Hilfe für Redner, Chorleiter und Sänger. Verlag Schott, Mainz, 2. Auflage 2011, S. 21

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